Zitat
Sogut wie jeder gute Drummer da draußen hatte in seinem Leben Unterricht.
Ich möchte behaupten, dass ein beträchtlicher Teil sehr einflussreicher Top-Musiker noch nie im Leben Unterricht hatte.
Das lässt sich schlecht verallgemeinern, denke ich. Weil die Aussage, ob jemand Unterricht genossen hat, sehr dehnbar ist. Das kann von Jahrzehnte-langer Begleitung von Kindesbeinen an durch top Lehrer und Dozenten, die von den Eltern entsprechend gut bezahlt werden, bis hin zu gelegentlicher oder einmaliger Inanspruchnahme von ein paar Unterrichtsstunden gehen.
Ich kenne Profis, z.B. Gitarren- und Schlagzeuglehrer, die großteils Autodidakten sind und nur ganz gezielt Unterricht genommen hatten. Es gibt einfach Leute, die autodidaktisch besser zurechtkommen (oft Eigenbrötler) und andere, die besser unter Anleitung zurechtkommen. Fakt ist aber, dass auch die Autodidakten Input und Vorbilder (am besten auch auf persönlicher Ebene) brauchen, um sich zu entwickeln.
Das Elternhaus, Umfeld und die persönliche Entwicklung spielen dabei auch 'ne Rolle. Ich kann die Ängste des TEs nämlich ein Stück weit nachvollziehen.
Nicht alle Lehrer machen ihre Sache gut. Besonders auch an vereinzelten Musikschulen, die schlecht bezahlen und allgemein schlechte Bedingungen haben (kommt durchaus vor). Manche benutzen u.U. die Brechstange und gehen gar nicht auf die individuellen Bedürfnisse des Schülers ein.
Es geht beim Spielen eines Instruments und allen künstlerischen Aktivitäten ja im besten Fall auch um persönlichen Ausdruck und beim Erlernen um die persönliche Entfaltung. Funktioniert im Elternhaus oder auch in der Interaktion von Eltern und Kind was nicht richtig, projeziert das Kind dann diesen Eindruck bzw. ein Misstrauen möglicherweise auch auf potenzielle Lehrer.
Ich persönlich bin auch fast gänzlich Autodidakt und habe eine durchwachsene Geschichte. Allerdings war mein Umfeld schon mehr oder weniger musikalisch und ich hatte am Anfang meiner zweiten Spielphase als Teenager regelmäßigen Kontakt zu einem Thüringenweit viel beschäftigten Schlagzeuger aus meiner Stadt. Er war kein Lehrer für mich, aber definitiv ein Vorbild und Mentor.
Was Unterricht betrifft bin ich durch meine erste Spielphase während meiner Kindheit schon vorbelastet. Es fing damit an, dass meine Eltern sich damals schon nicht einig waren, was meine Erziehung betrifft. Im Verlauf meiner Zeit an der örtlichen privaten Musikschule hatte ich fünf verschiedene Lehrer (hab mit 7 angefangen, von 8-9 1-2 Jahre Unterricht, dann mit 10 wieder aufgehört). Das hing aber auch mit Personalchaos an der Musikschule zusammen. Ich hatte bei zwei Zeugnisausgaben ein Schlagzeugolo (mit 8 und 9) vorgespielt. Das hatte ich mir daheim selbst erarbeitet. Der Chef der Musikschule rühmte sich bei der Ansage aber damit, dass ich das mit meinem damaligen Lehrer erarbeitet hätte.
Das waren für mich auch so Sachen, die mir das alles etwas madig gemacht hatten. Wesentlich später (vor ein paar Jahren) hatte ich ein paar Unterrichtsstunden genommen, um mich auf eine Aufnahmeprüfung an einer BfSM vorzubereiten. Es ging zum Schluss aber auch nur noch darum, wie ich meinen eigenen Unterricht gestalten kann.
Nun gebe ich selbst Unterricht und ich merke auch, dass mir das liegt. Mir liegt auch viel daran, dass ich meinen Schülern meine persönlichen autodidaktischen Umwege und Misserfolge erspare. Andererseits weiß ich aber auch, dass man mit "trial & error" teilweise besser und nachhaltiger lernt, als wenn man alles vorgekaut bekommt.
Ein Musikstudium hab ich für mich persönlich mittlerweile abgehakt. Ich bilde mich stattdessen eher noch mal für den "normalen Arbeitsmarkt" weiter, um ein zweites Standbein zu haben, mit dem ich gut klarkomme. Wenn's dann mit der Musik mal zeitweise besser läuft - gut. Ansonsten auf dem Teppich bleiben.