Intervalle

  • Lasst uns über Intervalle reden.
    Hier im Forum - z.B. im Thread Welche Töne spucken deine Toms!? - ist öfters schon mal die Rede von Intervallen (Tonhöhenabständen), z.B., wenn es darum geht, das Drumset bzw. die Toms zu stimmen. Man liest dann von Terzen, Quarten und Quinten, Telekom, Ding-Dong und Zarathustra, aber kann sich vielleicht gar nicht so recht etwas darunter vorstellen.
    Unabhängig davon, dass es beim Drumset eher keine festen Regeln gibt, wie jede(r) so stimmen sollte, sollte man sich einmal theoretisch mit den Intervallen befasst haben, bevor man Sachen erzählt.


    Ich versuche jetzt, diatonische Intervalle besonders einfach vorzustellen, damit wir über das selbe reden. Bitte korrigiert mich, sollte ich oder Wikipedia irgendwo falsch liegen.


    "Diatonik" bezeichnet einen siebenstufigen (heptatonischen) Tonvorrat. Man stelle sich eine Tonleiter vor:

    Anhören
    Im Hörbeispiel wird die C-Dur-Tonleiter einmal rauf und dann wieder runter gespielt.
    Diese Tonleiter besteht zwar aus 8 Noten, aber es fällt auch auf, dass die erste und die letzte beide C heißen, es sich vereinfacht also um 7 verschiedene Tonwerte handelt -> 7 Stufen-Sprünge -> heptatonisch. Beim hohen C geht die selbe Tonleiter, nur eine Oktave (s.u.) höher, sozusagen wieder von vorn los.
    Das erste (tiefe) und das zweite (hohe) C bringen uns aber auch schon zum ersten Intervall, der


    Oktave:
    Die Oktave umspannt also alle 8 Tonstufen unserer Tonleiter. Der achte Ton der Tonleiter hört sich ja fast genau so an wie der erste (beim Anhören wird klar, was gemeint ist), wir finden das auf Anhieb sehr harmonisch.
    Wir greifen uns aus der Tonleiter sozusagen den ersten und den achten Ton heraus [C und C']:

    Anhören
    Es handelt sich hier um eine "reine" Oktave. Es gibt auch eine "verminderte" (einen Halbton näher zusammen) und eine "übermäßige" (einen Halbton weiter auseinander), die uns in unserer C-Dur-Übersicht hier jetzt überfordern würden.
    Die (reine) Oktave ist innerhalb unserer Tonleiter also der größte Intervall. Es gibt natürlich auch noch größere Intervalle, die umfassen dann aber mehr als nur eine Tonleiter.


    Der kleinste Intervall ist theoretisch also der Abstand zwischen zwei Noten mit demselben Wert (Prime). Da dann der Abstand aber 0 Stufen wäre (z.B. Ton 1 bis Ton 1 in unserer Tonleiter), es also gar keinen hörbaren Abstand gibt, ist die Einordnung der Prime als Intervall eher problematisch und hier jetzt mal unwichtig. ;)


    Sekunde:
    Die Sekunde umspannt 2 Tonstufen (z.B. Ton 1 und 2 in unserer C-Dur Tonleiter, C und D):

    Anhören
    Es handelt sich übrigens um eine "große" Sekunde. Mit der "kleinen" Sekunde (einen Halbton näher zusammen) kann man sich (wie mit allen anderen "kleinen, verminderten, übermäßigen oder sonst irgendwie "unreinen" Intervallen) auseinandersetzen, wenn man die "große" aus unserer Dur-Tonleiter erst mal verinnerlicht hat. Hört sich an wie "Fuchs, du".


    Terz:
    Die Terz umspannt 3 Tonstufen (z.B. Ton 1 und 3 in unserer Tonleiter, C und E):

    Anhören
    Ich kann mir die große Terz gut merken, indem ich mir den Telekom-Sound (3. und 4. der 5 "[da-da-]da-di[-da]"-Töne) vorstelle. Oder eben "Fuchs, [...] hast".
    Ein Terzintervall auf 2 Toms würde ca. so klingen:


    Quarte:
    Die Quarte umspannt 4 Tonstufen (z.B. Ton 1 und 4 in unserer Tonleiter, C und F):

    Anhören
    Eine Quarte klingt also wie ein Tusch im Karneval ("tä-tää"). Oder abwärts wie die Pauken bei "Also sprach Zarathustra", die wir uns für das Stimmen von Toms vielleicht merken möchten. Oder "Fuchs, [...] die".
    Ein Quartenintervall auf 2 Toms würde ca. so klingen:


    Am Rande: Die "übermäßige" Quarte heißt "Tritonus" (anhören) und ist so böse, dass sie geradezu nach einer Auflösung in eine Quinte schreit (man hört sie bei den ersten beiden Tönen des "The Simpsons"-Themas ("The Sim" [...]) mit Auflösung ([... "psons"]). Da ist sie schon, die


    Quinte:
    Sie umspannt 5 Tonsufen (z.B. Ton 1 und 5 in unserer Tonleiter, C und G):

    Anhören
    "The [...] psons" oder "Fuchs, [...] Gans" eben.
    Ein Quintenintervall auf 2 Toms würde ca. so klingen:


    Die Sexte (anhören) und die Septime (anhören) folgen dem gleichen logischen Schema (Töne 1 und 6 bzw. 1 und 7 unserer Tonleiter); die Oktave (noch mal anhören) hatten wir ja schon, und die größeren (Nonen, Dezimen, usw.) und die "chromatischen" kann man sich ja bei Interesse einmal woanders ansehen.


    Edit: Die von Nils unten favorisierte "Kleine-Terz-große-Terz-Stimmung würde sich dann auf 3 Toms wohl ca. so anhören: (Oder?)


    In welchen Intervallen sich jetzt ein Schlagzeug in der Praxis stimmen lässt, wie es sich gut anhört oder mit dem Rest harmoniert, ist aber eine Frage des Einzelfalls und des Geschmacks und hat mit meinem Theorie-Mist hier nicht unbedingt viel zu tun. Wer will (und kann!), macht einen auf Bozzio, der hat alle wichtigen Intervalle drin:


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  • Also,


    wie hier einigen möglicherweise bekannt ist, propagiere ich bei drei und mehr Toms eine Stimmung in ungefähren Terz-Stufen bezogen auf den dominanten Ton der Trommel**.


    Meine Devise:
    Große Terz (4 Halbtöne) und kleine Terz (3 Halbtöne) abwechselnd.


    Begründung:
    Das Intervall einer Trommel zur Übernächsten ist so immer eine Quinte. Gemeinsam gespielt klingen diese zwei besonders fett. Das liegt an der Enstehung von Differenztönen, wie sie in jedem Zweiklang vorkommen.
    Nun ist der Differenzton einer Quinte wegen des Frequenzverhältnisses von 2:3 immer genau eine Oktave unter dem tieferen der beiden Töne des Zweiklangs. Man bekommt also einen harmonisch passenden tiefen Ton dazu geschenkt => FETT!
    (Gitarristen kennen sowas als Powerchord.)


    Nils


    P.S.: Darüber, wie sinnvoll eine zylindrische Trommel im harmonischen Kontext verwedet werden kann mag es unterschiedliche Ansichten geben. Fest steht, dass die Obertonreihe dieser Trommeln nicht harmonisch ist, was in dem einen oder anderen Fred hier schon ausführlich behandelt wurde.




    **: wie in anderen Freds schon korrekt erwähnt gibt es das Problem, dass eine Trommel mit unterschiedlich gestimmten Fellen mindestens einen Zweiklang produziert und ausserdem die unterschiedlich gestimmten Felle miteinder gekoppelte Schwingungen ausführen und.........das führt hier einfach zu weit.

  • Ich hab mich mal daran versucht, oben auch ein paar Tom-Intervalle als Hörbeispiele einzubauen.
    Schon am Rechner zeigt sich, dass Toms nicht ganz einfach definierbar zu stimmen sind.


    Zitat

    Die von Nils unten favorisierte "Kleine-Terz-große-Terz-Stimmung würde sich dann auf 3 Toms wohl ca. so anhören: (Oder?)

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  • Mmmh, ich versuche gerade, Terzen im Tuning zu vermeiden, da sie mir viel zu akkordisch innerhalb der Band klingen und im Falle des Falles massiv mit der Harmonik eines Songs kollidieren können.
    Einen Dur oder Molldreiklang möchte ich nicht hören, wenn ich meine 3 Toms hintereinander spiele.
    Die Erklärung bzgl. des Zusammenklangs innerhalb des Sets mag zwar richtig sein, aber wäre für mich nur bei Solo Performance von belang. Mich interessiert eher, wie das Set innerhalb der Band klingt und da sind eben Dreiklänge tabu.

  • Da ja, ich beziehe mich jetzt auf Nils' Buch, das Obertonspektrum von Trommeln nicht harmonisch ist, aber trotzdem eine gewisse "Regelmäßigkeit" hat, ergibt sich bei zwei Toms mehr oder weniger deutlich ein Intervall. Die damit verbundenen Effekte die nun mal in der westlichen Musikkultur tief verwurzelt sind, kann man sich zu nutze machen.


    Mir zum Beispiel missfällt es zu tiefst, wenn ich einen Lauf über meine Toms spiele, und das Intervall zwischen 12-14 ist wesentlich größer/kleiner als zwischen 10-12.
    Um das rauszufinden muss man die oben genannten Sachverhalte nicht kennen. Es kann einen aber dabei sehr nützlich sein.

  • Beim Nils-Beispiel war ein falsches Soundfile reingerutscht. C - Dis - G -Stimmung erneuert:


    Zitat

    Die von Nils unten favorisierte "Kleine-Terz-große-Terz-Stimmung würde sich dann auf 3 Toms wohl ca. so anhören: (Oder?)


    Für meinen Laien-Geschmack auf den ersten Blick auch etwas sehr melodisch, aber ich werde es mal probieren.

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  • Beim Nils-Beispiel war ein falsches Soundfile reingerutscht. C - Dis - G -Stimmung erneuert:



    Für meinen Laien-Geschmack auf den ersten Blick auch etwas sehr melodisch, aber ich werde es mal probieren.


    Geht mir, wie gesagt, genauso.
    Einen Dreiklang (ob Moll oder Dur) auf den Toms zuhören, jedes mal, wenn ich ein Fill In spiele, würde mich wahnsinnig machen. Ich höre halt auch harmonisch, da ich auch Klavier spiele, selbst komponiere etc.
    Zu viel Dreiklang im Drumtuning tut weh, ist meine Meinung.
    Ironischerweise habe ich gerade gestern in meinem Unterricht einem Schüler zum Thema Tuning gesagt: stimme deine Toms bloss nicht in Terzen...
    Wie gesagt, wir reden hier um musikalische Ansichten. Das ein solches Tuning unter rein Drumsound Aspekten gut klingt, mag sein.
    Aber ich spiele eigentlich zu 99% der Zeit innerhalb einer Band und da will ich nicht bei jedem Fill-In Aua denken müssen.
    Im Studio habe ich tatsächlich bei Aufnahmen auch schon solche Ansagen von Mitmusikern gehört, ob ich das eine oder andere Tom in diesem Song nicht umstimmen könnte.

  • terzen vermeidet man mit zwischengrössen.
    10 12 13 16 ist da nich so gefährdet wie 8 10 12 14


    mit dem 1" und dem 3" schritt umgeht man die unerwünschte terzbildung, ohne das der klang der trommel darunter leidet und somit ein harmonischer gesamtklang gegeben bleibt.

    Satellite of Love

  • Zitat von seppel

    10 12 13 16 ist da nich so gefährdet wie 8 10 12 14


    Jo, bei 2" Abständen ist das "natürliche" Intervall im Bereich der Terz bis zur Quarte.


    Im Studio habe ich tatsächlich bei Aufnahmen auch schon solche Ansagen von Mitmusikern gehört, ob ich das eine oder andere Tom in diesem Song nicht umstimmen könnte.


    Ja, das kann vorkommen - übrigens völlig unabhängig von den verwendeten Intervallen. Ich finde manchmal, dass mein Ride nicht zur gerade aktuellen Harmonie passt, dann ist die Hihat dran.
    Ansonsten spiele ich auch selten Fills, die in einer geraden Reihe über die Toms gehen.


    Ein Dreiklang ist es aber immer, wenn man die drei Trommeln kurz hintereinander anspielt, weil drei unterschiedliche Töne beteiligt sind - nur nicht mehr klar Dur oder Moll, wenn es keine Terzen sind.


    Nils

  • deswegen spiel ich nur zwei toms. gestimmt als oktave und das kleine in dur und das grosse in moll und die snare flat.
    becken nur von unterschiedlichen herstellern in kombi um das frequenzspektrum ohne überlagerungen voll ausleuchten zu können.
    diese differenzierte herangehensweise ist enorm wichtig, um auch bei leisen lautstärken die volle durchschlagskraft innerhalb der transparenz erzielen zu können.

    Satellite of Love

  • Ein Dreiklang ist es aber immer, wenn man die drei Trommeln kurz hintereinander anspielt, weil drei unterschiedliche Töne beteiligt sind - nur nicht mehr klar Dur oder Moll, wenn es keine Terzen sind.


    Ich benutze den Begriff Dreiklang im eigentlichen Sinne der Definition, wie er auch in der Harmonielehre benutzt wird. Siehe auch hier
    Eine Struktur Grundton, Sekunde, Quarte, würde man eigentlich nicht als Dreiklang bezeichnen. ;)
    Diese Struktur, die ich z.b. gerade genannt habe, ist harmonisch viel neutraler, da sie weder dur noch moll ist.
    Ich stimme bei meinem 3-piece Set meist FT Grundton, Mid Tom Quarte zum Grundton, Kleines Tom Quinte zur FT

    Einmal editiert, zuletzt von drumdidi ()

  • das ist doch ne riesenfummelei bei gigs.
    du kommst in nen laden und die hütte klingt scheisse und dann fummelst du da ne halbe stunde rum?


    bedenke: das lesen junge drummer hier und die machen sich noch zusätzlich nen kopp, ohne jemals, ohne den ganzen scheiss, jemals überhaupt eine art klang aus ihrem neuen superstar geholt zu haben.


    junge menschen sollten nicht so verwirrt werden. alte übrigens auch nicht. ;)

    Satellite of Love

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