Gewerblicher Rechtsschutz - Patente - Selbstschutz, Kampfansage oder sonstwas?

  • Leider passt dieses Thema in keine bestehende Kategorie.
    Es ist aber im Rahmen der Beteiligung verschiedener Hersteller im Drummerforum nicht ganz bedeutungslos. Wenn es zu off-topic wird, kann es ja woanders hin. Einzelne Firmen-New-Threads sind jedenfalls der falsche Ort.


    Z.B. hier wurde ein "sympatischer" Umgang mit Patenten angesprochen.
    Aktuell tauchte zwischen gewerblich tätigen Mitgliedern die Frage auf, was Patentanmeldungen im Innen- und Außenverhältnis bewirken. Bevor hier aber ohne Anlass Animositäten auftauchen, können wir vielleicht ganz allgemein zusammen überlegen, was es mit dem gewerblichen Rechtsschutz auf sich hat, anstatt uns öffentlich an Einzelfällen zu reiben.


    Wozu lässt man sich einen Markennamen schützen? Zu welchem Zweck meldet man Patente oder Gebrauchsmuster an?
    Unsere Internet-orientierte Zeit bringt es mit sich, dass gewerblicher Rechtsschutz und Urheberbelange ordentlich in Verruf geraten sind. Teilweise wird gemutmaßt, dass Namen, Erfindungen und Werke allein zu dem Zweck geschützt werden, Verbraucher abzumahnen oder Wettbewerber zu verdrängen, was im Widerspruch zum populären Bedürfnis freien Zugangs zu allem möglichen steht.


    Markenrecht:
    Besonders zu Anfang der 2000er wurden Website-Betreiber angegangen, die gegen Markenrechte verstießen, indem sie gleich- oder ähnlich lautende Domain-Namen benutzten, sich den Namen damit "zu eigen machten". Besonders ein bestimmter Rechtsanwalt hat sich in Deutschland ein einträgliches Geschäftsfeld daraus gebastelt, dass im "neuen" Internet jeder "publizieren" konnte und zugleich ein Verständnis für Markenrechte nicht besonders verbreitet war.
    Andererseits würde es uns aber ganz konkret doch ziemlich ärgern, wenn - vorsichtig ausgedrückt - z.B. der abgelaufene Markenschutz von 'SIMMONS' dazu missbraucht würde, OEM-Billig-E-Drums unter diesem Namen und dem bekannten Logo zu vertreiben.
    Der tatsächliche Sinn und Zweck des Markenschutzes ist an diesem Beispiel leicht erkennbar.


    Urheberrechte:
    Ein paar Jahre später kam es zu heftigen Meinungs-Auseinandersetzungen zu Urheberrechten, die bis heute andauern. Im Internet ist es technisch ein leichtes, sich Werke anderer "zu eigen zu machen", indem man sie verbreitet, als würden sie einem selbst gehören. Das Vorgehen dagegen hat ebenfalls einen ganz neuen Geschäftszweig hervorgebracht, nämlich technisch Verstöße kleiner Mädchen beweisbar zu machen, die sich irgendwelche Bravo-Hits saugen, ohne dafür bezahlen zu wollen. Verschiedene Anwaltskanzleien sind auf diesen Zug aufgesprungen, im Gegenzug buhlen politische Parteien nicht ganz uneigennützig um Sympatie mit dieser Problematik, die, wie wir wissen, nicht nur kleine Mädchen betrifft, sondern eine allgemeine juristische Unbedarftheit großer Teile der Gesellschaft zu Tage gebracht hat.
    Andererseits ist es wohl in unseren Kreisen hier selbstverständlich, dass ich den Song eines Forum-Mitglieds, den ich mir vor ein paar Tagen auf dem von ihm bestimmten Vertriebsweg legal besorgt habe, nicht über einen von ihm nicht gewählten Vertriebsweg weiter-anbiete.


    Patente/Gebrauchsmuster:
    Besonders vor dem Hintergrund verschiedener Ansichten verschiedener Nationen über die Patentierbarkeit von IT-"Erfindungen" kommt es dazu, dass kostspielige Patentanmeldungen allgemein einen Geruch mitbringen, dass wirtschaftlich Leistungsfähige einen bestimmten Markt für sich allein beanspruchen, "zu eigen machen" wollen, obwohl die Erfindung/das Muster/das Design nicht unbedingt dem eigenen Denkprozess entstammt.
    Dies aber allgemein zu unterstellen, dürfte genauso unangebracht sein wie eine Verteufelung der vorher benannten Schutzrechte.
    Beispiel: Man will mit einer Patentanmeldung nicht andere blockieren, sondern verhindern, dass marktführende Konzerne sich genau den kleinen Unterschied des Produkts, der bisher nicht anderweitig patentiert ist, mit ihrer Kaffeekasse unter den Nagel reißen und für sich beanspruchen - also faktisch das Gegenteil erreichen.
    Anderes Beispiel: Ein Investor glaubt an ein bestimmtes Produkt und erklärt sich bereit, dem herstellenden Unternehmen eine funktionierende Existenzgründung zu ermöglichen, allerdings mit der Auflage, dass eine Patentanmeldung zumindest versucht wird. Man entscheidet sich trotz des Bewusstseins, dass eine spätere Durchsetzung dieses Rechts sich schwierig gestalten könnte, der Auflage des Investors nachzukommen.
    Diese Beispiele sind ausdrücklich frei erfunden - aber nicht abwegig, sondern genauso denkbar wie alle anderen Konstellationen.
    Bei den Beweggründen zur individuellen Entscheidung, warum man etwas zum Patent anmeldet, handelt es sich jedenfalls um Interna, die nicht schon aufgrund einer Missbrauchsmöglichkeit mit dem daraus resultierenden Recht vorwurfsvoll hinterfragt werden müssen.


    Gerade Patentrecht ist eine so schwierige und umfassende Materie, dass Spezialisten, die sich damit auskennen, schwer zu finden sind. Auch daraus resultieren die hohen Kosten, die großen Unternehmen leider eine Machtposition verschaffen, die ihnen im Einzelfall nicht zusteht.
    Wer kennt sich denn hier im Forum mit Patenten aus und kann vielleicht von seinen eigenen Erfahrungen damit berichten?

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    Sehr gute Idee !!!
    (...auch wenn die Entstehung dieses Threads eher etwas "holprig" begründet ist.) :S


    Z.B. hier wurde ein "sympatischer" Umgang mit Patenten angesprochen.
    Aktuell tauchte zwischen gewerblich tätigen Mitgliedern die Frage auf, was Patentanmeldungen im Innen- und Außenverhältnis bewirken. Bevor hier aber ohne Anlass Animositäten auftauchen, können wir vielleicht ganz allgemein zusammen überlegen, was es mit dem gewerblichen Rechtsschutz auf sich hat, anstatt uns öffentlich an Einzelfällen zu reiben.


    ...auf mich wirken die genannten Oberbegriffe wie "Markenrecht", "Urheberrecht", "Patent" und "Gebrauchsmusterschutz" auf Anhieb immer ziemlich "unsympatisch". Das ist aber sicher zu einem großen Teil meiner Unwissenheit oder meines "gefährlichen Halbwissens" geschuldet.
    Der o.a. Link zum "sympatischen" Umgang mit Patenten hat mich angeregt, dies mal ein wenig zu recherchieren und so bin ich relativ schnell bei dem Begriff "Defensivpublikation" gelandet. Auch wenn der Begriff erstmal negativ klingt, so ist es doch genau dieses "public record" welches in o.a. Video erwähnt wird....


    ...und ganz aktuell auch hier im Forum, speziell in diesem Thread Beachtung finden sollte.


    Gruss
    Andreas

    Mein Gerümpel.....[url='http://www.drummerforum.de/forum/76015-blutiger-anfänger-stellt-sich-vor-ahu-und-sein-gerümpel/thread2.html#post1208696']klick !!!

  • Das mit dem "holprig begründet" verstehe ich nicht.


    Die Sperrveröffentlichung ist ein Werkzeug zur Verhinderung der Patentierbarkeit einer eigenen, neuen Erfindung. Die "Neuheit" ist dabei genau so Voraussetzung wie beim Patent, nur wird sie nicht offiziell geprüft.
    Was Guru Drums macht, ist der Versuch einer Sperrveröffentlichung (Defensivpublikation), die mit Lizenzvorschriften verbunden wird (man soll bei Benutzung Guru Drums nennen, ähnlich der "Attribution"/Namensnennung bei CC-Lizenzen), was neben der Verhinderung der Patentierbarkeit weitergehend gerade auf die Verhinderung der freien Benutzung abzielt. Dabei wird der Unterschied zur formalen Patenterteilung deutlich: Bei einer Sperrveröffentlichung bleibt es bei der Behauptung, dass es sich um eine neue Erfindung handelt, beim Patent wird eine solche Behauptung festgestellt.


    Anschaulich ist ja immer das sprichwörtliche Beispiel mit dem Rad. Würde ich das Rad zum Patent anmelden, würde mir eine Abfuhr erteilt werden, das Rad ist keine neue Erfindung. Würde ich in einer Sperrveröffentlichung das Rad als meine neue Erfindung präsentieren, bliebe diese Darstellung erst einmal unwidersprochen.
    Dabei wird auch ein weiteres denkbares, legitimes Motiv zur Patentanmeldung deutlich, nämlich das Überprüfen-lassen der Neuheit der Erfindung. Im Zweifel ist die Folge die Nicht-Erteilung, durch die man aber zumindest eine relative Gewissheit erlangt.
    Gleichzeitig wird ein weiterer Grund erkennbar, warum Patentanmeldungen mit erheblichen Kosten verbunden sind. Würde man jederzeit eine Erfindung, bei der man sich nicht sicher ist, ob es sie schon gibt, kostenlos zum Patent anmelden können, um den erheblichen Rechercheaufwand auf andere zu delegieren, läge die Gefahr einer Stillegung des Patentwesens wegen Überlastung nahe.


    Eine Defensivpublikation kann eine Patentierung durch Dritte verhindern, berechtigt aber nicht automatisch zu Lizenzauflagen und bietet auch ohne weiteres keine Grundlage für die Annahme der Neuheit der Erfindung.
    Eine bloße Anmeldung sagt noch nichts über die dahinterstehenden Beweggründe aus. Wie der Erfinder (oder der, der sich als Erfinder wähnt) konkret vorgeht, muss ihm überlassen sein.

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    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

    2 Mal editiert, zuletzt von pbu ()

  • Das mit dem "holprig begründet" verstehe ich nicht.


    ...damit meinte ich den ursprünglich falsch gewählten "Austragungsort" für diese Thematik in den Firmen-News !!!


    Eine Defensivpublikation kann eine Patentierung durch Dritte verhindern, berechtigt aber nicht automatisch zu Lizenzauflagen und bietet auch ohne weiteres keine Grundlage für die Annahme der Neuheit der Erfindung.
    Eine bloße Anmeldung sagt noch nichts über die dahinterstehenden Beweggründe aus. Wie der Erfinder (oder der, der sich als Erfinder wähnt) konkret vorgeht, muss ihm überlassen sein.


    Ganz genau !!!
    ...es verhindert, oder erschwert zumindest die Patentierung durch Dritte. Man kann also mit einem relativ "simplen" Mittel einen gewissen "Stand der Technik" beschreiben. Völlig losgelöst von irgendwelchen geschäftlichen, finanziellen oder lizenztechnischen Interessen.

    Mein Gerümpel.....[url='http://www.drummerforum.de/forum/76015-blutiger-anfänger-stellt-sich-vor-ahu-und-sein-gerümpel/thread2.html#post1208696']klick !!!

  • ...damit meinte ich den ursprünglich falsch gewählten "Austragungsort" für diese Thematik in den Firmen-News

    Verstehe ich immer noch nicht, ist aber glaub ich nicht so wichtig.


    !!!

    Warum schreist du immer so? ;)


    Ganz genau !!!
    ...es verhindert, oder erschwert zumindest die Patentierung durch Dritte. Man kann also mit einem relativ "simplen" Mittel einen gewissen "Stand der Technik" beschreiben. Völlig losgelöst von irgendwelchen geschäftlichen, finanziellen oder lizenztechnischen Interessen.

    So ist es.

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    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • so eine Sperrveröffentlichung ist doch dann völlig sinnfrei wenn sie nur vor der Patentierbarkeit durch dritte schützt, nicht aber vor der Vermarktung durch dritte!?


    Beispiel: Ich erfinde den Flaschenöffner, publiziere ein Bild mit dem Hinweis" Material Stahlblech, Funktion siehe Bild". Damit lässt sich zu 100% die Funktionsweise und die Herstellung erschliessen.
    Ein Unternehmer beginnt dann mit der Massenproduktion und Vermarktung, meldet jedoch kein Patent an. Dann guck ich doch in die Röhre?


    noch ein Bespiel: Ich behaupte einen Verbrennungsmotor entwickelt zu haben der mit 1Liter Treibstoff 100km fährt. Publiziere das und bin damit geschützt das jemand der dann tatsächlich so einen Motor baut diesen nicht patentieren kann?

    don´t panic

  • Sinnfrei nicht, man kann ja auch einen Sinn darin sehen, dass etwas durch andere vermarktet wird, aber eben nicht exklusiv nur durch einen einzigen (Patentanmelder).
    Wenn du die technischen Einzelheiten des erfundenen Motors als erster publizierst, kann sich ein Patent nicht auf diese Einzelheiten beziehen, ja.

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • "Große Firma mit Kriegskasse und sehr gut bezahlten Anwälten" gegen Klein-Egon GmbH:
    Wenn Klein-Egon eine tolle Erfindung macht, aber nicht durch ein Patent oder eine Sperrveröffentlichung vor der Patentierbarkeit durch eine andere Firma schützt, dann lässt sich die große Firma auf die Erfindung ein Patent geben und Klein-Egon GmbH darf lustig Lizensgebühren bezahlen oder nichts produzieren und verkaufen solange, bis sie evtl. vor Gericht Recht bekommt und nicht vorher pleite geht.

  • Klein-Egon GmbH darf lustig Lizensgebühren bezahlen oder nichts produzieren und verkaufen solange, bis sie evtl. vor Gericht Recht bekommt und nicht vorher pleite geht.


    TuneBot ./. iDrumTech ist genau diesbezüglich einschlägig, bzw. wäre es gewesen, wenn es überhaupt ausgefochten worden wäre. Aber auch interessant, wie im PDF die Sympatien verteilt sind ... die eine Seite scheint eine Klageschrift für ein neutrales Verfahrensprotokoll zu halten, die andere Seite zu meinen, auf Patente darf man sich nicht berufen, wenn ein anderes Produkt billiger ist ^^


    Edit:
    Klein-Egon sollte der großen Firma seine Erfindung aber auch nicht so mir nix dir nix verraten, Honk.

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

    Einmal editiert, zuletzt von pbu ()

  • Klein-Egon sollte der großen Firma seine Erfindung aber auch nicht so mir nix dir nix verraten, Honk.


    Yep, das sollte Klein-Egon natürlich unterlassen und all seine Naivität schön im Hintergrund lassen. In der Wirtschaft wird mit sehr harten Bandagen gekämpft. Aber zur Lösung dieses Problems gibt es ja noch die gute alte Wirtschaftsspionage. :thumbup: ;)

  • ...Aber zur Lösung dieses Problems gibt es ja noch die gute alte Wirtschaftsspionage...


    Das ist aber dann schon die fortgeschrittene Art...


    ...die alltägliche Variante sieht eher so aus, weil Spionage nicht sooo kostengünstig ist.
    Ich kenne einige Fälle, in denen einfach Maschinen/Geräte der Konkurenz gekauft wurden, wenn möglich von mehreren Konkurenten - diese ausgiebig analysiert und die Ergebnisse den eigenen fähigen Köpfen vorgelegt. Nur in ganz seltenen Fällen ließ sich keine Möglichkeit finden zum gleichen Ergebnis zu kommen OHNE die Patente zu verletzen, gerade im Maschinenbau lassen sich die Patente nicht allumfassend formulieren ohne wiederum schon andere bestehende Patente zu verletzen.



    Große Ahnung vom Patentrecht habe ich nicht, habe aber in den 80igern einiges zugearbeitet für Patentanwälte - verstanden hab ich das nicht immer, so ganz logisch und geradlinig sind die Wege nicht. Damals hats oft Sinn gemacht, nicht eine große Anlage zu patentieren, sondern viele kleine Details - je kleiner der Komplex, desto genauer läßt er sich abgrenzen und schützen.



    ...irgendwas ist jetzt schiefgelaufen, mein Text sollte nicht im Zitat vom Honk stehen..???!!


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    LG Moderator
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  • "Große Firma mit Kriegskasse und sehr gut bezahlten Anwälten" gegen Klein-Egon GmbH:
    Wenn Klein-Egon eine tolle Erfindung macht, aber nicht durch ein Patent oder eine Sperrveröffentlichung vor der Patentierbarkeit durch eine andere Firma schützt, dann lässt sich die große Firma auf die Erfindung ein Patent geben und Klein-Egon GmbH darf lustig Lizensgebühren bezahlen oder nichts produzieren und verkaufen solange, bis sie evtl. vor Gericht Recht bekommt und nicht vorher pleite geht.



    Oft hilft es Klein-Egon aber auch nicht, wenn er eine entscheidende Erfindung patentiert. Denn die grosse Firma mit der grossen Kriegskasse ignoriert im Zweifelsfall einfach, dass Patentschutz besteht. Klagt Klein-Egon kann dann gegen die grosse Firma mit der Kriegskasse und den gut bezahlten Anwälten, wird der Prozess so lange hingezogen, bis Klein-Egon durch die laufenden Prozesskosten pleite ist und aufgeben muss.

  • "Oft" ...


    Es ist nicht bestreitbar, dass es solche Szenarien gibt, aber schwierig, ohne konkrete, nachvollziehbare Beispiele damit etwas anzufangen.
    Keine Ahnung, ob man den wackeren Daniel Düsentriebs, die sich informieren möchten, mit so abstrakten Aussagen das düstere Bild eines allgemein korrupten Unrechtssystems vermitteln sollte.


    Allgemein bekannt ist ja, dass es bei jeder streitig zu entscheidenden Rechtssache einen Gewinner und einen Verlierer gibt. Daraus resultiert automatisch eine Unzufriedenheitsquote von 50%, weil ja in der menschlichen Natur verankert ist, dass man sich subjektiv im Recht fühlt. "Ich muss einsehen, falsch gelegen zu haben" berichten Unterliegende deutlich seltener als "Ich bin im Recht, aber ein Opfer der Justiz, die immer das mächtigere Unternehmen (immer die geschiedene Ehefrau/immer den Arbeitnehmer/immer den Mercedesfahrer) gewinnen lässt". Fühlt sich auch besser an so, das ist verständlich.
    Aber kann es sein, dass diese gefühlte Chancenlosigkeit auch derartigen Schilderungen entspringt?


    Nach wie vor fände ich persönliche Erfahrungen mit Patenten/Gebrauchsmustern interessant.

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • Ich kenne einen konkreten Fall, bei dem es um Teile für Plattenspieler geht. Der Patentinhaber lebt als Einmannbetrieb gut von der Prodution der Teile, hat einen festen Kundenkreis und einen weltweit herausragenden Ruf. Eine grosse Firma, deren Namen ich nicht nenne, hat irgendwann angefangen, Teile nach dem gleichen Prinzip herzustellen und zu vermarkten, dies in vollem Bewusstsein der Rechte des Patentinhabers. Dieser hat einen Anwalt bemüht, und im Rahmen dessen Tätigkeit habe ich Gutachten für den Patentinhaber geschrieben. Insgesamt wurde im Laufe der Kommunikation mit den Anwälten der Firma klar, dass auf einen langen Prozess hinauslaufen würde, würde der Patentinhaber sich ernsthaft wehren. Jetzt toleriert er zähneknirschend die Nutzung seines Prinzips durch die grosse Firma. Die Zahlung von Lizenzgebühren wurde ausgeschlossen.

  • Mit welchen Argumenten die freiwillige Unterwerfung abgelehnt wird, wäre noch interessant, aber das geht sicher zu sehr in die Tiefe. Es gibt die Fälle, und selten scheinen sie auch nicht zu sein - die Entscheidung zur unternehmerischen Tätigkeit birgt solche Gefahren abstrakt - wie auch die Entscheidung zur Ehe, zur Teilnahme am Straßenverkehr, etc.


    Im Zusammenhang mit Verfahrenskosten erwähnenswert ist, dass es jedenfalls theoretisch Versicherungsschutz in dem Bereich gibt.
    Wie verheerend der sich wiederum unmittelbar auf die Zahlungsfähigkeit auswirkt, kann ich aus eigenem Wissen nicht beurteilen.

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    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • Allgemein bekannt ist ja, dass es bei jeder streitig zu entscheidenden Rechtssache einen Gewinner und einen Verlierer gibt.


    Ich denke das muss nicht unbedingt so sein, denn es gibt ja auch die Möglichkeit eines Vergleichs. Manchmal verlieren beide dabei, manchmal gewinnen beide dabei und manchmal gibt es einen Gewinner und einen Verlierer. Die Graustufen lasse ich mal außen vor. Oder bedeutet "streitig zu entscheidenden Rechtssache" der Ausschluß eines Vergleichs?
    Ich habe mal in einem StartUp-Unternehmen gearbeitet. Wir haben zu einer technischen Besonderheit ein Patent angemeldet und auch zugesprochen bekommen. Da es in diesem Bereich keine wirklich großen global Player gab hat sich das, so denke ich heute, auch gelohnt, denn die vorhandene Konkurrenz hat schon mit sehr harten Bandagen gekämpft. Ich kann mir hier sehr gut vorstellen, dass diese durch das Patent unsere technische Lösung für sich hat fallen lassen müssen.

  • Mit Patentstreitereien, feindlichen Übernahmen, etc. kenne ich einige Fälle - alle so, daß ein "Großer" einen "Kleinen" durch Ausssitzen in die Knie gezwungen hat. Das ist wie beim Poker, irgendwann kann der Kleine nicht mehr mitbieten und MUSS aussteigen...



    Aber ich kenne auch einen ganz anderen Fall (allerdings schwer OT hier), ich erzähl es aber immer wieder gerne, weil dem Burschen meine ganze Sympathie gehört:
    Anforderung war, es mußte eine ganz ordinäre Pumpe so abgedichtet werden, daß die min. 100% dicht ist, das Problem war: die Flüssigkeit war hoch aggressiv und RADIOAKTIV.
    Wegen dem Medium mußten die Pumpen in kurzen Intervallen gewechselt werden, Monatsbedarf ca. 300 Stück


    Viele Firmen haben sich um den Auftrag bemüht, wirklich fertiggebracht hat es ein "Einzelkämpfer" im Elsaß, der das in einer Garage zusamengebastelt hat, bewacht von einem guten Dutzend Rottweilern.
    Der hat KEIN Patent angemeldet, weil dann klar geworden wäre, wie die Dichtung funktioniert und hat die Zeit genutzt, die ihm blieb... und zwar in der Form, daß er monatlich den Preis um 100% erhöht hat, der Kunde hat zähneknirschend bezahlt.
    Der Typ war total cool, hat die Pumpen selber eingebaut und wenn die ausgebaut waren, wollte die keiner mehr untersuchen... :D


    so lief das ganze über fast fünf Jahre, der Kerl hat sich dumm und dämlich verdient, die EU-Behörde hatte nur die Wahl zwischen Pumpen kaufen (zu jedem Preis) oder das Projekt abschalten, selbst durch das Abschalten hätte sich die Pumpmenanzahl nur gedrittelt. Die waren dem ausgeliefert, wie beim Zauberlehrling, wer den Prozeß erstmal in Gang bring, braucht Pumpen, egal was die kosten...


    Irgendwann kam dann ein großer Pumperhersteller auf den Trichter, hat ein Patent angemeldet, hat somit Kokurrenten auf den Plan gerufen - und der Preis war im Keller.

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  • Oder bedeutet "streitig zu entscheidenden Rechtssache" der Ausschluß eines Vergleichs?

    Jo.


    Patente laufen ja auch ab, Lite-MB, und mit 5 Jahren monatlicher Preisverdopplung war er ja dann einer von den Großen ;)

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    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • ...und mit 5 Jahren monatlicher Preisverdopplung war er ja dann einer von den Großen ;)...


    nur beim Abzocken, ansonsten war er der ganz normale bodenständige selbständige Mechaniker geblieben, als ich den persönlich kennengelernt habe, kam der immer noch mit seinem alten Kastenwagen, hat immer noch in seiner Gerage gearbeitet und in einem kleinen bescheidenen Haus gelebt - nachdem der Job durch war, hat er den Riemen komplett runtergemacht, sich ein brauchbares Wohnmobil gekauft und sich in längerfristigen Urlaub begeben.


    Wir haben ein gemainsames Hobby, ich treffe ihn 1-2x im Jahr, er ist ganz der alte geblieben - nur daß er sich keine Gedanken mehr machen muß, wo morgen (und übermorgen) sein Einkommen herkommen wird.

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