Drum-editing - üblich?

  • Du schreibst, dass du 7 Tage 6-7 Stunden um Studio warst um ein paar Songs aufzunehmen. Also ist das Ergebnis so wie so unehrlich. Da kommt es auf ein paar kleine Korrekturen auch nicht mehr an.


    Deswegen muss man aber kein schlechtes Gewissen haben. Das machen so ziemlich alle, seit es die Möglichkeit der Musikaufzeichnung gibt.

  • Guter Hinweis von yoyogun auf die myspacesite. Also mal abgesehen von der aktuellen Drummersuche ;) - wenn es sich wirklich um diese Band handelt und die Aufnahmen nicht komplett uralt sind, würde ich sagen, dass vor einer letztendlichen Quantisierung erst einmal am Gesamtzusammenspiel der Band gearbeitet werden sollte, das driftet teilweise doch etwas auseinander.


    PD

  • Bearbeite es und gut ist.
    Ist für alle Nicht-Studiodrummer vollkommen legitim und normal in meinen Augen! (Bei eben jenen auch aber die habens ja nicht nötig ;) )

  • Meine Aufnahmen von 2004 und 2006 wurden im Studio mehr oder weniger stark nachbearbeitet. Da sieht der Mischer seine Kurven grafisch dargestellt für jede Spur, und wenn da was neben dem Taktstrich liegt, dann schiebt der das wie gewohnt richtig hin ohne nachzudenken und ohne dass man vorher dieses kleine Zufrüh oder Zuspät gehört hätte. Das passiert automatisch, wenn man solche Dinge vorher nicht konkret anspricht, und m.E. auch komplett unabhängig vom Musikstil (Jazz vielleicht mal ausgenommen). Und es kann auch ausarten, wenn der Mischer sich in eine Art Flow arbeitet, dann sitzt der Stunden ain einem Stück und schiebt und korrigiert und editiert, dass es eine Freude ist. Ich weiß nicht, wie viel da bei mir gemacht wurde, weil ich nicht dabei war. Ich bin eigentlich schon dagegen, z. B. in Tomspuren alle Luft wegzuschneiden, so dass kein "Müll", wie unsere Tonfreunde das gerne nennen, von anderen Trommeln und Becken "überspricht". Nun ja, das kann man so und so sehen. Jedesmal, wenn ich die beiden Alben höre, freue ich mich über unser Produkt und den guten Sound, aber meist denke ich, jetzt würde ich doch einiges anders machen.


    Meine letzten Aufnahmen von vor 2 Monaten liefen, weil ich es eben nunmal SO sehe, komplett anders. Ich komplett alleine mit meinem Micro BR Recorder im Proberaum, Set mit zwei Kondensator-Mics und sonst nix aufgenommen (natürlich gut gestimmt und schon zwei Stunden mit Positionen experimentiert - hier im Forum gibt's zwei drei gute Threads dazu!), keine siebzehn Takes und hinterher das beste nehmen, sondern einen Song komplett von vorn bis hinten eingespielt bzw. bei Tempowechseln halt die einzelnen Teile extra. Also wie gesagt, komplette Anti-Studio-Situation. (Ich sehe grad, dass ich in meinem SonorLITE-Thread auf S. 9 darüber schon berichtet habe - wie fügt man jetzt Links ein, geht grad nicht?)


    Die Mixe letzterer Aufnahmen sind fertig (noch nicht gemastert allerdings). Irgendwann im Herbst wird das so veröffentlicht und selbst in der Doomszene, wo soundmäßig mitunter eigene Gesetze gelten, dürfte eine Zweispuraufnahme der Drums die absolute Ausnahme sein. Ihr dürft dreimal raten, mit welchen Aufnahmen ich für mich glücklicher bin, sowohl was den Sound angeht als auch die Natürlichkeit des Spiels inkl. eventueller Hänger und kleiner Patzer...


    Wenn ihr das in Eigenregie macht, hast du's in der Hand, das ist ein Vorteil!


    Kurz gesagt: Ich würde die paar Stellen, die sich krumm anhören, editieren, wenn es für dich besser klingt. Wenn nicht, lass es. Einigt euch als Band darüber und tut das, womit ihr am Ende zufrieden seid. Viel Spass! Aufnahmen gehören zu den Höhepunkten beim Musikmachen, finde ich. Das ist was fürs Leben und daran denkt man immer wieder gern zurück.

  • ok die angesprochene myspace-seite ist meine ehemalige band und die dort hörbaren aufnahmen nenne ich mal jugendsünde.
    es geht um eine komplett andere Band und vor allem komplett andere Musik :P


    josef: danke für den ausfühlichen post. ich werd mir das mal zu herzen nehmen

    2 Mal editiert, zuletzt von avo ()

  • Ob es üblich ist, die Drums (und andere Instrumenet) tu editieren hängt sehr stark davon ab, um welchem Stil es geht.
    Moderne Nu-Metal Produktionen z.B. werden stark bearbeitet. Sowohl was das Timing als auch was den Sound und die Dynamik anbelangt.


    Ihr solltet Euch also fragen, was für einen Sound ihr bekommen möchtet und welche musikalische aussage ihr mit der CD treffen wollt.


    Soll es klingen wie alles, was derzeit produziert wird? Dann müsst ihr quantisieren und komprimieren, was das Zeug hält.
    Wollt ihr eher klingen, wie in den 70ern? Dann solltet ihr genau das nicht tun.


    "Perfekt" ist übrigens auch ein sehr schwammiges Wort in diesem Zusammenhang. Der eine mag darunter verstehen, dass eine Aufnahme "radiotauglich" klingt. Der andere versteht darunter eine so natürliche Aufnahme, wie möglich.


    Wie soll man also auf deine Frage antworten können, ohne zu wissen, was für Musik ihr spielt und wo ihr damit (produktionstechnisch) hin wollt?


    Gruß
    Sven

    "If you don't feel it, don't play it." James Jamerson

  • hm soundmäßig solls schon klar und natürlich werden. deswegen hatte ich ja die skrupel mit dem schieben. wenn ich jetzt metal spielen würde hätte ich kein problem zu schieben zu trixen was das zeug hält.
    ich würd unsere musik jetzt mal gaaaaanz grob als atmosphärischen rock bezeichnen, damit klar ist wovon hier eigentlich die rede ist :Q

    Zitat

    "Perfekt" ist übrigens auch ein sehr schwammiges Wort in diesem Zusammenhang. Der eine mag darunter verstehen, dass eine Aufnahme "radiotauglich" klingt.

    ja das ist gemeint

  • Hi Patrick,


    na, das ist ja genau mein Thema.


    Ich wills mal so sagen: wenn eine Band aus absolut professionell spielenden Musikern besteht, kann man in der Tat sämtliche Aufnahmen so durchführen, wie man es noch in der analog-Ära gemacht hat. D.h. der Drummer (bzw. die ganze Band) spielt die Songs so oft ein, bis ein quasi perfekter Take zustande gekommen ist. Editiert und gerückt wird gar nichts, lediglich der Sound wird durch adäquate Mittel aufgeblasen. Danach spielen alle anderen Musiker an jeder Stelle die anderen Instrumente fehlerfrei neu drüber, kopieren und verschieben findet in keinster Weise statt. Diese Arbeitsweise setzt lediglich genügend Zeit und fähige Musiker voraus. Dauert dann auch im Schnitt 4-5 Wochen, eine komplette Albumproduktion. Meine 24-Spur 2-Zoll analog-Maschine steht übrigens seit etwa 2004 nur noch in der Ecke herum, weil trotz hervorragendem Sound niemand mehr die Bandkosten für eine Albumproduktion bezahlen möchte. Alle Welt will nur noch digital aufnehmen "denn das geht ja schneller und ist billiger".


    Der "digitale Fluch" (also die digitale Mehrspur-Aufnahmetechnik) hat heute aber dahin geführt, daß sämtliche kleineren Bands ihr Album in vielleicht nur 2 Wochen fertig bekommen wollen. Ohne kopieren und duplizieren von so viel Material wie möglich (z.B. den Bass für den Chorus 1x einspielen und dann in jeden anderen einsetzen) ist das natürlich nicht mehr zu schaffen, wenn es sich dabei auch noch um eine Amateurband handelt. Und trotzdem wollen alle so klingen, als ob sie top-professionell spielen würden, weil sie scheinbar Angst haben vor der MuPo (Musikerpolizei), die Ihnen ansonsten hinterher erklärt, wo sie auf dem Album überall untight oder schlampig gespielt haben. Und auch die Studiokosten möchte man ungern für eine unzureichende Performance in den Sand setzen. Also gehen die meisten lieber auf Nummer sicher.


    Gerade bei schnell durchzuführenden Produktionen wird deshalb gerückt und editiert, was die Workstation hergibt. Mal angenommen, man hat mit dem Drummer 3 Stunden gebraucht, um einen Song zusammenzubasteln (wobei die Endversion dann aus dutzenden von Einzeltakes besteht), dann müssen diese einzelnen Schnipselchen sowieso alle aneinander angepasst werden, damit man nicht andauernd Timingprobleme an den Übergängen von einem zum nächsten Take hört. Da ja ausserdem alle weiteren Instrumentenspuren später ebenfalls kopiert werden sollen, und trotzdem alles an jeder Stelle des Songs perfekt passen muss, kommt man also nicht darum herum, die kompletten Drumspuren ans Raster anzupassen. Das bedeutet jedoch NICHT rastergenaues quantisieren, denn dadurch würde jegliches Feeling (soweit vorhanden) natürlich völlig verloren gehen. Im Schnitt dauert das editieren der Drumspuren einer 4 Minuten Nummer bei mir zwischen 2-3 Stunden. Am Ende sollte dabei etwas herauskommen, was zwar an jeder Stelle zum Click passt, aber trotzdem noch genügend Feeling hat, um nicht maschinell zu klingen. Übrigens ist es dabei unerlässlich, sämtliche Drumspuren (Kicks, Snares, Toms, Overheads, Räume etc.) synchron zu scheiden, danach zu rücken, und allen Übergängen knackfrei zu crossfaden. Es erfordert idealerweise einen Drummer der das Ganze editiert, und ebenfalls viel Erfahrung, damit es nicht zu lange dauert.


    Ob man danach nun hingeht, und auch die Drumsounds (ausser den Overheads und Räumen) durch Samples ersetzt bzw. andickt, ist zum Grossteil eine Stilfrage. Ein Metaldrummer der permanent Doublebass-Attacken spielt, wird ohne Samplekick kaum so klingen wie er es von seinem modern produzierten Lieblingsalbum her kennt. Ausserdem lassen sich so quasi nebenbei sämtliche spielerischen Schwächen auf den Kicks problemlos korrigieren, solange, bis am Ende "der perfekte Take" herauskommt. Auch mit einem rein akustischen Kit lassen sich natürlich hervorragende Aufnahmen machen, aber nur sofern der betreffende Drummer auch wirklich sehr gut spielt - und gerade das ist meiner Erfahrung nach leider nicht sehr häufig. Vielleicht 30% aller Drummer die ich in den letzten 10 Jahren recordet habe, spielten so gut, daß sie quasi perfekte komplette Takes einer Nummer einspielen konnten, die in keinster Weise "beatmet" werden mussten. Und dabei handelt es sich keineswegs nur um Amateure, sondern in der Mehrzahl um Bands, die Deals hatten/haben, und auch ansehnliche Verkaufszahlen ihrer Alben erreichen.


    Ich habe auch schon diverse Songs zum mixen bekommen, bei denen die betreffende Band sämtliche Drums in wochenlanger Arbeit komplett programmiert hat, weil der bandeigene Drummer angeblich zu schlecht war, oder weil man (natürlich) aus Kostengründen davor zurückgeschreckt ist, echte Drums im Studio aufzunehmen. Mittels geeigneter Sampling-Software (DFH, BFD, EZ Drummer etc.) und einem Haufen Zeit lassen sich in der Tat klanglich hervorragende Ergebnisse erzielen. Ich frage mich bei diesen "Extremlösungen" allerdings jedesmal, was das noch mit Musik machen zu tun hat. Speziell wenn eine solche Band dann hinterher natürlich vollkommen verschweigt, wie die Aufnahmen zustande gekommen sind, und natürlich angeblich der Drummer alles eingespielt hat. Und bei kommerziellen Produktionen wird inzwischen sowieso zumeist mit dem Drummer aus der Dose gearbeitet, das setzte ich aber mal als bekannt voraus. Glücklicherweise muss ich derartige Produktionen hier aber nicht durchführen, weil ich ausschliesslich "echte" Bands recorde.


    Mit "Ehrlichkeit" hat das editieren/rücken natürlich herzlich wenig zu tun, aber darum geht es heute den wenigsten. Ausschliesslich die Qualität des Endproduktes zählt. Das machen inzwischen quasi "alle" so. Und der Hörer hört ja bekanntlich nur das Ergebnis und nicht den Weg.


    Viele Grüße Moschus

  • Whoa danke für den umfangreichen post! Sehr interessant was du da schreibst.


    Vielleicht 30% aller Drummer die ich in den letzten 10 Jahren recordet habe, spielten so gut, daß sie quasi perfekte komplette Takes einer Nummer einspielen konnten, die in keinster Weise "beatmet" werden mussten. Und dabei handelt es sich keineswegs nur um Amateure, sondern in der Mehrzahl um Bands, die Deals hatten/haben, und auch ansehnliche Verkaufszahlen ihrer Alben erreichen.

    DAS finde ich nun wirklich interessant. jetzt fühl ich mich schon besser

  • Fatzit: Erst üben, dann aufnehmen!

    "Man muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern."
    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

  • Das hab ich ja auch bereits gesagt. ;)
    Feeling und Fun zu erst!

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    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

  • P.S.: Beim editieren natürlich immer die Overheads mit berücksichtigen, den dort ist ja alles drauf!

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    Wolfgang Neuss

  • naja, ich denke es hat irgendwie etwas damit zu tun wie ergeizig man vielleicht mit sich selber ist....
    Ich spiele auch lieber 20 takes bis ich das geile triolenfill dann clickgenau reingetrommelt hab als es gar nicht mit rein zu nehmen.


    Ich glaube ich würde aber an dem Punkt wo ich merke, dass ich das auf gar keinen Fall tight spielen kann und dass dieses Fill mein Können halt einfach übersteigt und in der Livesituation - wo ja ein kleinerer Timingpatzer u.U. nicht so auffällt wie unter Studiobedingungen, wo alle auf Click spielen - mit großer Sicherheit auch untight oder holperig klingt, mir eine einfacherer Lösung überlegen die mich zufrieden stellt.
    Editieren bzw. schneiden gaukelt ja leuten etwas vor was du so wirklich nicht kannst, und jetzt ganz ehrlich, wenn die Band groovt interessiert es keinen ob du 32el oder tighte 16el spielst, es interessiert aber wohl wenn du dein auf dem demo perfektes 32el fill verhaust.

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