Restaurierung einer 60's Meazzi Jolly Bassdrum

  • Ein guter Freund und ehemaliger Lehrer hat mich, nachdem er mitbekommen hat was ich so alles mit Trommeln anstelle, gefragt ob ich seine Bassdrum Aufarbeiten könnte. Habe natürlich zugesagt ohne das Ding vorher gesehen zu haben. Also, ich kannte die Trommeln von den zahllosen Auftritten auf denen er sie gespielt hatte, dass sich das Teil allerdings, wie sich nach dem Erhalt und der ersten Begutachtung heraus stellte, in einem so erbärmlichen Zustand befand war mir nicht bewusst.


    Die Bassdrum war ein Kellerfund. Er hat vor Jahren mit seiner Musikschule Räume in der ehemaligen Reesekaserne bezogen und beim Aufräumen diese Bassdrum im Keller gefunden, Felle aufgezogen und, da Sie ihm klanglich sehr gefiel, seit dem gespielt.


    Erstmal der grobe Überblick:
    - Spannreifen total zerfressen
    - Klauen ziemlich verbogen und teilweise gerissen, genau so wie die T-Rods
    - Folie total zerkratzt, matt und an den Überlappungen lose
    - Chromteile angelaufen, mäßiger Rost, teilweise Ablösungen vom Chrom
    - Teile der innere Holzlage aufgequollen und stellenweise schon notdürftig mit Spachtelmasse repariert


    Leider habe ich die Fotos des "Vorher"-Zustandes, bis auf Eines, irgendwo versemmelt, daher nur ein Vorherfoto.





    Erstmal habe ich das Teil komplett zerlegt und mich über die Chromteile hergemacht. Alles poliert und die Klauen und T-Rods zurechtgebogen. Dabei ist mir leider eine Spannklaue gerissen. Glücklicherweise konnte ich aber eine Originale günstig in der Bucht kaufen.


    Die Spannreifen waren nicht mehr zu retten. Total abgefressen und an einigen Stellen gerissen bzw. an einer Stelle komplett durchgerissen. Also habe ich passende, rohe Keller Spannreifen mit Inlaycut bei STDrums gekauft und schwarz lackiert. Das Abziehen der alten Inlays war aufgrund des Zustandes kein Problem. Ich habe die Stücke nach meiner herkömmlichen Methode aufpoliert. Das Ergebnis war schon mal sehr zufriedenstellend.





    Der nächste Schritt war dann schon etwas aufwändiger. Ein Stück der inneren Lage war auf ca. 40 cm Länge und 5 cm Breite aufgequollen, gerissen und schon mal repariert. Ich habe diese stelle vorsichtig mit dem Messer aufgeschnitten, angehoben und den bei der Vorreparatur lieblos verwendeten Kleber ausgekratzt. Nach diesem Arbeitsschritt habe ich auch gleich die Losen Überlappungen großzügig gelöst und die Innenseiten gesäubert.












    Das gelöste Holz bzw. die Folienüberlappungen wurden dann entsprechend mit Holzleim bzw. Scotch Weld geklebt und gepresst.







    Das Ergebnis meiner Holzlagenklebeaktion war m.E. zwar funktionell ok, aber nicht sehr schön. Deswegen und um eine saubere, ebene Fläche zu erhalten habe ich das ganze noch verspachtelt.







    Zusätzlich habe ich, um dem Ganzen noch etwas mehr Stabilität zu verleihen, ein Stück 3 mm starkes Birkensperrholz zurechtgeschnitten und zur Verstärkung über die betroffene Stelle geklebt. In den folgenden Bilder sieht man die Stelle. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch schon die Gratungen nachgefräst, den Kessel ausgeschliffen und mit Wachs versiegelt.







    Hier noch ein Foto von der geklebten Folienüberlappung nach der Folienpolitur und die neue Gratung.






    Dem Spannreifen habe ich abschließend noch etwas Griptape zur sicheren Befestigung des Pedals spendiert.





    So sieht das Teil nach dem "Hebbe-Service" aus.











    Obwohl ich bei diesem ersten Auftragsprojekt teilweise ziemlich ins Schwitzen gekommen bin (ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die Trommel nicht mir gehört) hat es wieder sehr viel Spaß gemacht und mich freut es tierisch, dass das Teil doch wieder so unerwartet gut aussieht :)

  • :thumbup:
    Mal wieder klasse Arbeit.
    Gruß
    Bruzzi
    Weizenbier zur Folienreinigung....wenns funktioniert :whistling:

    Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir dadurch werden.

  • Getränke neben der Computertastatur, nun gut.
    Kein Problem.
    Aber Geträmke beim Restaurieren?! 8|

    Du kannst den armen Kerl doch nicht verdursten lassen ;)

    SUCHE:

    - Sonor Designer Toms in Birdseye Maple/Birdseye Amber

    - Zildjian K Sweet 19" Crash


    "Wenn man das Knie sieht, ist die Bassdrum zu klein!", Ballroom Schmitz (RIP)

  • Supergut, finde ich.


    Ist denn der Freund und ehemalige Lehrer auch nach dem Aufarbeiten mit dem Sound zufrieden? Und sogar noch zufriedener?


    Hintergrund der Frage: Ich frage mich in letzter Zeit wirklich, was den Sound einer Trommel ausmacht. Dein Freund war mit dem Sound des abgerockten Teils zufrieden. Du hast das Holz ausgebessert, die Gratung neu geschliffen und den Kessel innen gewachst. Könnte ja sein, dass der Sound nach der Behandlung anders ist wie vorher und der Freund nicht mehr zufrieden ist. Aber vielleicht ist der Unterschied gar nicht merkbar.


    Du hast ja schon einige Drums restauriert und aufgearbeitet. Was sind deine Erfahrungen? Wie verändert sich der Sound? Was hat Deiner Meinung den größten Einfluss?


    Grüße
    Surfkoala

  • Herzlichen Dank fürs Feedback :thumbup:


    Ohne Stoff läuft der beste Motor nicht

    korrekt!


    Für mich sieht das nach einem normalen Frühstück aus.

    Das war schon am Abend :) was man nicht sieht, ist, dass gleich links daneben schon mein Grill warmgelaufen ist 8o


    Ist denn der Freund und ehemalige Lehrer auch nach dem Aufarbeiten mit dem Sound zufrieden? Und sogar noch zufriedener?

    Ja, sehr. Er hat mir sogar versprochen endlich eine Tasche für die Trommel zu kaufen und v.a. die ranzigen Felle zu tauschen :D


    Du hast ja schon einige Drums restauriert und aufgearbeitet. Was sind deine Erfahrungen? Wie verändert sich der Sound? Was hat Deiner Meinung den größten Einfluss?

    Also das Wachsen der Kessel macht für meine Ohren klanglich keinen Unterschied. Wobei ich von Leuten mit dem "absoluten Gehör" ;) schon gegenteilige Meinungen gehört habe. Am meisten beeinflussen wohl die Gratung und neue Felle den Sound. Ich hatte Trommeln mit buckliger Gratung die einfach unsauber klangen, im Sinne eines schönen Sustains. Mit der neuen Gratung und neuem Fell war das immer behoben. Im Falle der Meazzi Bassdrum war es so, dass bei jedem Schlag irgendetwas mit gescheppert hat. Ob das die lose Folie war, die teilweise lockeren Böckchen, eine verbogene Spannklaue oder die Ablösung der Lage im Kesselinneren, konnte ich nicht lokalisieren. Nach der Reparatur war das auf jeden Fall weg.


    Grundsätzlich dürfte der größte Vorteil von reparierten Gratungen die Stimmbarkeit und Stimmstabilität sein.

  • Ich hatte Trommeln mit buckliger Gratung die einfach unsauber klangen, im Sinne eines schönen Sustains.


    +1
    Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, nur eine saubere Gratung ermöglicht auch eine saubere und gleichmäßige Spannung an den Fellen.



    dass bei jedem Schlag irgendetwas mit gescheppert hat


    +1
    Daher kommt bei mir immer etwas Schaumstoff in die Böckchen, um die Feder, welche die Gewinde-Inserts hält, am Anschlagen an das Böckchen zu hindern.
    Ich hab schon viel Zeit verschwendet das Schnarren/Surren zu lokalisieren, daher lieber gleich die Prophylaxe mit Schaumstoff und gut ist.
    Das kennt man übrigens auch von den alten Sonors, wobei der Schaumstoff meist nur noch aus Staub besteht, der Zahn der Zeit halt :S



    Vorteil von reparierten Gratungen die Stimmbarkeit und Stimmstabilität


    +1
    Auf jeden Fall, und gerade bei alten Sets, welche oft leichtes Übermaß bei dem Kesseldurchmesser haben, kann es einen großen Vorteil haben, die Gratung etwas nach innen zu versetzen, was den Kauf exotischer Übermaßfelle unnötig macht. Das ist bei Restaurationen aber natürlich immer eine Frage der Originalität (sollte man an einem Oldtimer aus den 50ern Sicherheitsgurte nachrüsten?)


    Nochmal Hebbe, Klasse gemacht!! :thumbup:


    Lieben Gruß
    Bruzzi

    Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir dadurch werden.

  • Danke nochmals für die netten Kommentare. Freut mich, dass trotzdem hier im Forum so viele Trommelbau- und Renovierungscracks unterwegs sind, meine Bastelberichte auf solch reges Interesse stossen.


    Das kennt man übrigens auch von den alten Sonors, wobei der Schaumstoff meist nur noch aus Staub besteht,


    Das stimmt, hat den Vorteil, dass die Dinger nur ausgeblasen werden müssen :P


    Danke Hebbe, danke Bruzzi, für die Antworten auf meine Fragen.

    gerne… :thumbup:


    Es lohnt sich immer solche alten Teile aufzumöbeln wenn man das Ergebnis sieht

    und wie :thumbup:


    Und das wichtigste Werkzeug ist und bleibt das Weiz´n

    irgendwie muss man der Dehydration ja vorbeugen ;)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!