Einfluss des Winkels der Overheads zu den Becken

  • Hier mal ein zusammengefasstes Experiment aus der Rubrik "Jugend forscht", dass schon länger auf meiner Festplatte schlummerte und das ich hier jetzt gerne mit euch teile - es geht um den Einfluss des Winkels eines Mikrofons zum Becken auf den Klang desselben.

    Als Testkandidat hatte hier mein 20er Modern Essentials Crash hergehalten - die Mikrofone waren zwei Neumann KM184 in ORTF Konfiguration. Es gab drei (vier) Testanordnungen:


    1. Mikrofone 15° von oben zur Beckenebene - 50 cm Abstand zum Rand
    2. Mikrofone 45° von oben zur Beckenebene - 50 cm Abstand zum Rand
    3. Mikrofone 90° von oben zur Beckenebene - 50 cm Abstand zum Becken etwa am äußeren Rand der Glocke
    4. Wie zuvor, aber von unten abgenommen

    Von den reinen Crash-Schlägen habe ich die ausgewählt, die von der Schlagintensität am ähnlichsten waren und diese auf den gleichen Peak normalisiert. Beim Spiel mit den Tips auf dem Becken habe ich es einfach so gelassen, wie es war - das ist auch mehr dazu, um das Bild komplett zu machen. Natürlich ist dieser Test unter Laborbedingungen und isoliert auf ein Becken entstanden und daher nur bedingt auf die Situation am Set übertragbar - ich fand die Klangunterschiede trotzdem interessant und bemerkenswert groß. Ich werde einen ähnlichen Test bei Gelegenheit nochmal am echten Set vornehmen.


    Hier die Beispiele:


    Crash 15° von oben:

    Crash 15-Grad 50cm.mp3


    Crash 45° von oben:

    Crash 45-Grad 50cm.mp3


    Crash 90° von oben:

    Crash 90-Grad 50cm.mp3


    Crash 90° von unten:

    Crash 90-Grad_von-unten_ 50cm.mp3



    Sticktips - 15° von oben:

    Crash_Sticktips 15-Grad 50cm.mp3


    Sticktips - 45° von oben:

    Crash_Sticktips 45-Grad 50cm.mp3


    Sticktips - 90° von oben:

    Crash_Sticktips 90-Grad 50cm.mp3


    Sticktips - 90° von unten:

    Crash_Sticktips 90-Grad_von-unten_ 50cm.mp3


    Bei Interesse kann ich die Files auch als Wavefiles in 44,1 kHz und 24 Bit bereitstellen.


    Ich habe dies unter PA&Recording eingestellt, weil es primär nicht um das Becken und dessen eigenen Klang geht, sondern um die Unterschiede durch die Aufstellung der Mikros relativ zu den Becken.

  • Danke Oliver, interessant.

    Muss ich mir später mal auf der Abhöre anhören.

    Für die meisten meiner Produktionen wohl nicht zu verwerten, da vom schönen Beckenklang nicht viel übrig bleibt.
    So wenig, das es fast egal ist welche Becken ich aufnehme :)

    Fokus liegt hier immer auf möglichst alles an Blech gut einzufangen.

    Experte in Dingen, von denen ich keine Ahnung habe.

  • Kurze Frage: "Zielst" du mit der "ORTF-Ebene" immer auf die gleich Stelle? Anders gefragt, hängen die Mikros bei 15° dann nicht sehr niedrig?

    Eine ORTF-Anordnung sieht so aus:



    Sie besteht aus zwei Mikrofonen mit Nierencharakteristik, deren Kapseln 17 cm voneinander entfernt sind und zueinander einen Winkel von 110° haben.

    Wenn man die Mikrofone z.B. auf einer Stereoschiene so anordnet, dann kann man die Anordnung als ganzes wie ein einzelnes Mikrofon betrachten mit einer virtuellen Mittelachse:



    Diese virtuelle Mittelachse zeigte bei mir so wie in der Zeichnung unten die Einzelmikros auf den "Zielbereich" des Beckens.

    Du hast recht - bei 15° zur Beckenebene kommen die Mikros mal so gerade eben über die Schulter von der Höhe - das ist zur Abnahme eines Sets nicht immer einfach zu stellen, mit einem ORTF-Array sowieso nicht (das müsste man dann auf dem Kopf tragen). Mit einer AB-Anordnung kann man das machen (und macht es z.B. Steve Albini auch - er ergänzt es aber vor dem Set mit einem Stereomikrofon in der Mitte ebenfalls auf Kopfhöhe).


    Fotos der jeweiligen Positionierungen wären der Punkt zum "i"

    Mit Fotos kann ich nicht dienen, aber mit einer Skizze:


    Das sollte die Positionen der Mikros in meinem Test halbwegs klar machen. Am Set sieht es dann wieder anders aus, denn dort hängen mehrere Becken und schon ist man wieder bei Kompromissen.

    Für die meisten meiner Produktionen wohl nicht zu verwerten, da vom schönen Beckenklang nicht viel übrig bleibt.
    So wenig, das es fast egal ist welche Becken ich aufnehme :)

    Fokus liegt hier immer auf möglichst alles an Blech gut einzufangen.

    Mein Versuch hier war ja wirklich nur ein "Labortest", um die grundsätzliche Auswirkung des Winkels zu beleuchten. Am Set ist wieder alles anders (weil viele Becken und unterschiedliche Abstände und Winkel) und in einer Mischung geht's dann nochmal rund um allem einen Raum zu geben. Trotzdem kann man ja versuchen, den Klang so einzufangen, wie man ihn am liebsten mag oder wie man denkt, dass er am besten in eine Produktion passt.

  • sodele, gerade mal auf der Abhöre durchgehört.

    Je facher desto weniger Tiefmitten, kannst du das so bestätigen?
    Bei den 90 Grad Versionen höre ich erwartungsgemäß keinen Unterschied.

    Trotzdem kann man ja versuchen, den Klang so einzufangen, wie man ihn am liebsten mag oder wie man denkt, dass er am besten in eine Produktion passt.

    ja, das habe ich bisher noch nicht hinbekommen, bzw. das bleibt eine ewige Experimentiererei, auch mit unterschiedlichen Mikrofonen.
    Einzelabnahme der Becken ist mir aber dann im Mix zu aufwändig. Nicht nur weil mir da auch die Mikros ausgehen.

    Experte in Dingen, von denen ich keine Ahnung habe.

  • Je facher desto weniger Tiefmitten, kannst du das so bestätigen?

    ja, ich hätte jetzt gesagt bei 15° mehr brilliante Höhen - ist aber im Prinzip das gleiche. Ich finde auch, dass bei der 15° Variante der Anschlag völlig verloren geht im Vergleich zu 45° und 90°. Außerdem gibt es einen wesentlichen Unterschied bei den Stickgeräuschen, die bei 90° sehr schön holzig daherkommen, bei 15° eher garnicht bzw. im Wash untergehen.

    Bei den 90 Grad Versionen höre ich erwartungsgemäß keinen Unterschied.

    Bei den reinen Crash-Schlägen bin ich dabei, die Stickgeräusche unterscheiden sich aber deutlich und gefallen mir von oben viel besser - sie klingen da so perlig wie es mir oft schon bei den Videos vom Memphis Drum Shop aufgefallen ist. Die müssen die Mikros auch direkt von oben auf die Testkandidaten richten.

    Einzelabnahme der Becken ist mir aber dann im Mix zu aufwändig. Nicht nur weil mir da auch die Mikros ausgehen.

    Ich habe das noch nie ausprobiert (nur mal Stütze für das Ride) - stelle es mir aber eher sperrig vor im Mix.

  • Ja, danke für den Vergleich!


    Ich finde, dass alle Aufnahmen gut klingen. Und das liegt hier ganz sicher auch am Equipment, weil das Becken und die KM184 einfach sehr gut klingen und über jeden Zweifel erhaben sind. Das wäre mit einem schrillen Becken und günstigen Mikros sicher 'ne ganz andere Sache.


    Angeschlagen gefällt mir die 45°-Variante am besten, was mir anhand deiner Skizze auch völlig einleuchtet. Von oben abgenommen klingen Becken meiner Meinung nach immer besser und am Rand (abgesehen von Rides und in Ausnahmefällen auch Hi-Hats) auch. Direkt über der Kuppe z.B. klingt's eher scharf und brizzelig. Ein Toningenieur sagte mir mal vor langer Zeit, dass man direkt über der Kuppe das Schaukeln des Beckens nicht auf der Aufnhame hört. Aber ich hatte damit nie Probleme.


    Mit den Sticktips gefällt mir die 90°-Variante am besten. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen mit der Mikrofonierung von Rides.


    Nachdem ich mal eine Zeit mit EBS experimentiert hatte taugt mir momentan eine "mittelbreite" A/B-ähnliche Aufstellung.


    Die Overhead-Positionierung finde ich nach wie vor am schwierigsten bei der Schlagzeugmikrofonierung. Nicht nur, weil es so viele Möglichkeiten gibt, sondern auch weil so viel Dinge zu beachten sind und man immer Kompromisse machen muss. Soll die Snare z.B. mittig sein, leidet meistens das Stereobild und die Ausgewogenheit der Becken. Will man die Becken ausgewogen einfangen, ist die Snare meistens nicht mehr mittig usw. ... unter Umständen kann man die Overheads dann nicht 100% L/R im Mix pannen oder muss sie in der Lautstärke automatisieren, um die Becken ausgewogener zu kriegen (zu laute Becken leiser machen und/oder zu leise Becken lauter machen).

    Und fehlen dann z.B. Stützmikros an den Toms oder spielt der Raum auf den Overheads noch eine Rolle (z.B., weil man möglichst wenig oder viel Raum auf den OHs haben will), wird's noch mal komplizierter.

  • Danke an den TS :thumbup:

    imho ich finde das deckt sich mit den Wahrnehmungen mit den eigenen Lauschern (ohne Strom) im Set sitzend

    bzw. auch der vergleich aus dem Stand angespielt.

    in den Genuss der 90° Grad Variante kommt man ja sitzend eher seltener, ausser man hängt die Becken fast senkrecht, was man eher seltener sieht.


    imho von Unten kommt gut,

    vielleicht sollte man mal einen Versuch starten und die Becken mit der Wölbung nach unten (Wanne) aufhängen und wie gewohnt Oben abnehmen,

    Mindestens ein Versuch mit einem Flatride. ;)

    ich höre immer du musst, du brauchst.....ist "modern", "out", "in", "trendy" und so....
    ich mach`s wie`s mir passt, schei.. auf die Säue, die laufend sinnbefreit durch
    die Dörfer getrieben werden.



  • vielleicht sollte man mal einen Versuch starten und die Becken mit der Wölbung nach unten (Wanne) aufhängen und wie gewohnt Oben abnehmen,

    Mindestens ein Versuch mit einem Flatride. ;)

    Die Durchführung dieses Tests überlasse ich gerne Dir! :D :D

    Drumstudio1 nimmt seine Crashbecken gerne einzeln von unten ab.

  • Zitat

    Drumstudio1 nimmt seine Crashbecken gerne einzeln von unten ab.

    Sollte ich gemeint sein? ;) Nein. ^^


    ich habe manchmal ein Ride von unten (bzw. je nach Schrägstellung von hinten) abgenommen, ganz dicht! unterhalb der Kuppe, um den Ridesound und/oder Kuppensound des Rides ohne Einstreuung (das Becken wirkt dann etwas abschirmend wie ein Schild) etwas zu den Overheads dazu zu mischen. Oberhalb der Kuppe dicht geht ja nicht, da sich dort der Stick "bewegt". Das fand ich super interessant und teilweise wirklich gut verwendbar durch diese Option der Feindosierung. Wirklich brauchen tut man es aber vermutlich nicht. Die Idee werden sicher auch tausend andere schon gehabt haben.

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