Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Klassik ist ungleich Vintage.
Klassik ist wohl das, was ins kollektive Gedächtnis einer Kultur oder eines Teils der Gesellschaft aufgenommen und dann weitergegeben wird und so seine Zeit zumindest etwas überdauert.
Vintage dagegen ist alter Kram, welcher mehr oder weniger Symbolhaft die gute alte Zeit vermitteln soll und daher in der Regel einfach eher wehmütige Nostalgie ist.
Klassik ist zwar aus der Vergangenheit, aber immer noch aktuell. Vintage ist der - zumeist - untaugliche Wiederbelebungsversuch der Vergangenheit. Klassiker bestehen den Test der Zeit, Vintage nicht.
Ob bsp. Dire Straits und hier im speziellen das Drum Intro von Terry Williams in diesem Sinne klassisch sind ?
Das Problem ist, dass Klassiker in diesem Sinne heutzutage ohnehin so gut wie verschwunden sind. Nicht nur dreht sich mittlerweile alles so schnell, dass die Möglichkeit, sich als Essenz in einer Kultur abzulagern, fast ausgeschlossen ist:
Es fehlt auch bereits spätestens seit dem Internet das verbindende Medium, welches das Entstehen eines Kultur-Kanons ermöglicht: früher war's das Radio, dann das Fernsehen, um das sich herum die Gesellschaft wie an einem Lagerfeuer versammelte und sich seine überdauernden Geschichten erzählte. Dieses gemeinsame mediale Lagerfeuer gibt es heute nicht mehr, es wurde abgelöst durch Millionen digitale Lagerfeuer im www, welche paradoxer Weise gleichermaßen verbinden und doch vereinsamen.
Dire Straits scheinen den Weg in den immer mehr verwelkenden Klassik-Olymp aber definitiv wohl noch knapp geschafft zu haben - jedenfalls Mastermind Mark Knopfler - : Seine bezaubernden Zeilen aus "Tunnel of Love", in dem er seine Jugend in der "Spanish City", einem Ausflugsort in seiner Heimatstadt Newcastle, beschwört, haben die dortigen Städteplaner veranlasst, die Zeilen dort in Stein zu meisseln und die Titelmelodie von Knopflers Filmmusik "Local Hero" ist mittlerweile Vereinshymne von Newcastle United.
Und Terry Williams Intro ? Hm, ich weiss nicht. Man kann nun nicht grade behaupten, dass durch ihn Drum-Intros in der Musik populärer geworden wären. Seine stilistische Wirkung ist daher wohl eher begrenzt.
Und sein Schlagzeugspiel insgesamt hat wohl seinerzeit auch eher Nicht-Drummer mehr begeistert als Schlagzeuger, da sein Drumming gegenüber dem luftig-grazilen Thai-Chi-artigen Stil eines Pick Withers doch eher als wüste Kneipenschlägerei daherkam (mit Ausnahme der Alchemy-Live-Aufnahme von Telegraph Road: das fliessende "Rubato"-Timing der einzelnen Teile ist einfach famos).
Das Intro ist daher wohl eher ein singuläres One-of-a-kind-Ereignis, und im Ergebnis wohl eher Fußnote der Musik-Geschichte, denn Klassik.
(Es wurde entgegen landläufigen Gerüchten allerdings auch nicht zufällig aufgenommen, sondern war tatsächlich seinerzeit geplant, als Williams noch die ursprünglichen Takes eingespielt hatte. Man hat das Intro dann auch Omar Hakim vorgespielt, als dieser engagiert wurde. Und der meinte, dass es perfekt sei und nicht geändert werden solle: "its dope".).