Die Snare. Ein Beitrag zur Ferienzeit!

  • Hallo Leute!


    Nachdem ich immer wieder Fragen nach bestimmten Snaresounds, Nachgeraschel, merkwürdigen Obertönen usw. lese, habe ich mir mal überlegt, dazu ein paar grundlegende Dinge aufzuschreiben, die offenbar selten berücksichtigt werden.



    Der "gute" Snaresound


    Was ist überhaupt ein guter Snaresound? Da geht es nämlich schon los. Ich erinnere mich noch genau an meine Anfangszeit des Trommelns, ich las meine ersten Ausgaben Fachzeitschriften und fragte mich bei den Testberichten immer, was die meinen mit: "differenzierte Obertöne mit tollen Präsenzen vermischen sich mit fundierten Bässen und seidigen Mitten zu einem einem wunderbar ins Spiel integrierbaren Gesamtsound usw..." Wenn ich auf meine 40 Mark Stahlsnare schlug, ertönte ein harscher Knall, untermalt von endlosem Geraschel, gefolgt von nervigem Gepfeife. Seidig, harmonisch, druckvoll oder sonstige, von Fachleuten gern verwendete Begrifflichkeiten wollten mir damals selbst nach äußerster Anstrengung dazu nicht einfallen. Das Gute daran: ich konnte dieses zweifelhafte Klangerlebnis auf die erwiesenermaßen schlechte Trommel schieben.


    Nach drei Jahren Spielen schenkten mir meine Eltern dann was ganz besonderes: eine Tama Artwood Piccolo für damals unfassbare 600 Mark. Von Roadstar! Kennt die noch jemand? ;)


    Nach dem Auspacken folgte die Ernüchterung: nix mit knackig-fettem Piccolo-Snaresound, wie ich ihn auf dem Dave Weckl VHS-Video "Back to Basics" immer gehört hatte. Ich klebte dann wie üblich was drauf, zog die Stimmschrauben bis kurz vor dem Kollaps an, dasselbe mit dem Snareteppich. Wenn schon nicht der Traumsound, dann doch bitte so wenig wie möglich Generve.



    Was war da los?


    Mein erstes Aha-Erlebnis passierte, als ich erstmals mit meiner Band im gerade wiedereröffneten Dröönläänd in Achim b. Bremen probte. Das war ein schon ganz ansehnlicher Spielort, an dem ich mich fortan musikalisch und Booker-technisch entfaltete. Ich baute mein Schlagzeug dort auf der Bühne auf, fing an zu spielen und...traute meinen Ohren nicht: was war mit dem Schlagzeug los? Ein fetter, seidiger Sound, mit präzise ortbaren Obertö...OK, kleiner Scherz, aber so ähnlich wars!



    Der Raum macht die Musik!


    Der Raum ist ein extrem wichtiger Faktor bei der Schallentwicklung. Wer, wie viele Anfänger und auch Fortgeschrittene, im elterlichen Haus oder auch in einem kleinen Proberaum spielt, sollte sich von Sounds, wie sie auf großen Produktionen zu hören sind, direkt verabschieden! Sie zu erreichen, ist so schlicht nicht möglich, auch nicht mit einer Brady- oder Lunar oder Lars Ulrich Glockenbronzesnare. Das einzusehen dauert eine Weile. Wenn man dann allerdings seinen ersten, PA-verstärkten Liveauftritt hat, bekommt man eine weitere Ahnung, was akustisch abgeht. Spätestens nach Abnahme der Snare beim Soundcheck wird klar, dass die eigene, bis dahin belächelte Snare in der Lage ist, ein ziemlich fettes Basismaterial für einen knackig-rockigen Livesound abzugeben. Mit Hilfe von Mischpult und Effekten natürlich.



    Was folgt daraus?


    Daraus folgt, dass Trommeln als laute, natürliche Instrumente klanglich sehr stark von ihrer Umgebung abhängen und man sich dementsprechend darauf konzentrieren sollte, ihnen dort, wo sie zumeist stehen, den Klang zu entlocken, den man haben möchte.



    Die Spielweise macht den Sound!


    Ich möchte hier keinen Stimmworkshop anbieten (das gibts hier wohl auch schon), aber doch einige allgemeine Tipps geben.


    Ein fetter, kräftiger Sound entsteht immer dann, wenn der Klangkörper so wenig wie möglich gedämpft wird. Wer also das Schlagfell und den Teppich bis kurz vorm Platzen anzieht, tut alles dafür, um die mögliche Power einer Snare zu begrenzen. Das Problem für noch nicht so versierte Spieler ist aber häufig, dass eine offen und gut gestimmte Snare (gilt auch für Toms) nicht sehr gut klingt, weil die Schlagtechnik noch nicht so augereift ist und die Kontrolle fehlt. Das Gesamtspiel klingt dann eher unharmonisch und von "Nebengeräuschen" überlagert, die störend wirken. Von der auf CDs zu hörenden Präzision ist das Klangerlebnis meilenweit entfernt.


    Somit nützt es nichts, noch nicht so erfahrene Drummer mit Tuningtipps zu versorgen, die möglicherweise ihrer Spielweise noch gar nicht entgegenkommen. Und wer noch nicht die Technik hat, darf auch dämpfen. Allerdings rate ich von Taschentücherbergen ab! Denn bevor man zu solchen Mitteln greift, sollte man sich vergewissern, dass die Snare OK ist.



    Technische Grundlage eines guten Snaresounds für den Hausgebrauch


    Die technische Grundlage ist erstmal eine funktionfähige Snare, also eine Trommel, die technisch in Ordnung ist. Hier fallen Billigstmodelle für 50 Euro häufig (nicht immer!) schon raus. Warum? Die häufig auftretenden Mängel verhindern einfach einen annähernd brauchbaren Akustiksound: schlechte Felle, schlechter Teppich, schlechte Abhebung, kaputte Gratung, unrunde Kessel- oder Spannreifen bedeuten für sich genommen bereits großen Soundfrust, zusammen ist selbst für den absoluten Spezialisten nichts mehr zu retten.


    So eine Trommel ist zwar spielbar, wer jedoch anfängt, sich über Klang Gedanken zu machen, und bestimmte Vorstellungen umsetzen will, wird schnell frustriert aufgeben.



    Pflicht ist daher:


    Anständiges Schlag- UND Resonanzfell (meine Favoriten für alle Stimmlagen und Einsatzgebiete: einlage, rauhe Felle für Schlag- dünne Snareresofelle für die Resonanzseite)!! Ein durchgespielter Lappen ist schlicht nicht mehr stimmbar, weil die Struktur der Plastikfolie in Auflösung begriffen ist!


    Ein guter Snareteppich: von vielen Trommlern völlig unterschätzt, trägt der Snareteppich extrem zur Gesamtperformance der Snare bei! Kleines Beispiel: sind zwei Spiralen lose, muss man den Teppich wesentlich straffer anziehen, damit es nicht zu arg mitraschelt. Dies würgt jedoch den Ton und die Fülle der Snare vollkommen ab! ich habe auf meinen Snares die relativ teuren Puresound-Teppiche, es gibt aber auch andere gute Markenteppiche, die billiger sind (zB von Pearl oder auch Wahan). Die Investition lohnt sich extrem.


    Ein wichtiger Merksatz ist jedoch: ein fetter, resonanter Sound einerseits und keine Übersprechungen andererseits schließen sich aus. Ebenso wird es nicht möglich sein, das Mitrascheln eines Snareteppichs ganz zu verhindern. So klingt halt ein Schlagzeug! Nicht umsonst kopieren teure E-Drums diesen Effekt sogar.


    Ich möchte an dieser Stelle aufhören, denn Stimmvideos usw. gibt es genug. Vielleicht hat ja aber der ein oder andere seine Probleme wiedererkannt.


    Vielleicht hat paiste ja noch ein paar Videolinks zum Thema Snarestimmen parat ;), ich möchte nämlich keine Arbeit machen, die andere schon gut erledigt haben.


    lieber Gruß
    max

  • Zitat

    Original von Luddie
    ich habe auf meinen Snares die relativ teuren Puresound-Teppiche, es gibt aber auch andere gute Markenteppiche, die billiger sind (zB von Pearl oder auch Wahan). Die Investition lohnt sich extrem.


    Grosse Zustimmung, ergänzen sollte man noch die Ersatzteile von Sonor: günstiger als Purecussion und genau so gut.

    “If you end up with a boring miserable life because you listened to your mom, your dad, your teacher, your priest, or some guy on television telling you how to do your shit, then you deserve it.”
    Frank Zappa (1940-1993)

  • Super Luddi. Schade, das der POM nicht mehr vergeben wird. Der Beitrag hätte ihn verdient.

    Grüße,


    De' Maddin Set
    ________________________________


    Dängdäng-Dängdäng-Dängdäng
    Bababababaaa-baba - Brack........Meet you all the way....dadadab...usw.

  • Zitat

    Grosse Zustimmung, ergänzen sollte man noch die Ersatzteile von Sonor: günstiger als Purecussion und genau so gut.


    Du meinst Puresound. Mit Sonorteppichen habe ich momentan so meine Probleme. Sie sind mir etwas zu breit, reagieren aufgrund der recht weichen Legierung gerade für unerfahrene Drummer etwas zickig. Dazu kommt, dass drei SonorTeppiche, die ich in letzter Zeit in der Hand/unter der Snare hatte, ab Werk einen Verarbeitungsfehler hatten.


    lieber Gruß
    max

  • Oh - ist mir noch nie passiert, und die gibts doch auch in verschiedenen Grössen?!

    “If you end up with a boring miserable life because you listened to your mom, your dad, your teacher, your priest, or some guy on television telling you how to do your shit, then you deserve it.”
    Frank Zappa (1940-1993)

  • Zitat

    Original von Luddie
    Nach drei Jahren Spielen schenkten mir meine Eltern dann was ganz besonderes: eine Tama Artwood Piccolo für damals unfassbare 600 Mark. Von Roadstar! Kennt die noch jemand? ;)
    max


    Jop den Schuppen kenn ich !! Da hab ich damals meine erste Stromgitarre gekauft :D aber bitte nicht frage wieso ...weis ich selbst nimmer !


    Ansonsten unterzeichne ich Deinen Beitrag !!
    absolut Richtig !!

  • Hallo,


    das mit dem Raum ist wirklich eine Sache, die einerseits über tiefe Glückseligkeit oder Depression entscheidet.
    Wenn das Set nicht klingt: einfach mal woanders hingestellt und jemanden drauf hauen lassen, der es besser kann, schon merkt man, was man eigentlich für eine geile Kiste hat.


    Und wenn dämpfen hilft, dann macht man es eben.
    Bevor man drei Jahre Stimmtechnik studiert, bevor man einmal aufs Trömmelchen gehauen hat, kann man ja erst mal das Taschentuch drauflegen und freudig klopfen, statt frustriert schrauben und ins gleiche Tuch schnäuzen.
    Ich habe heute meine Toms und sogar die Bass Drum ungedämpft (na, ja, letztere hat so Felle mit so einem extra Streifen, "Kraftstreich" oder so ähnlich ...), aber früher war Endorser für Tempo. Sowohl früher als auch heute hat mich das Draufhauen glücklich gemacht. Also ist es doch egal, ob da Tonnen von Dämmung drauf sind oder ob das Fell unbefleckt bar jeglicher Auflage und klinisch rein dank Meister Proper ist.


    Im Übrigen kann man ja bei einem Auftritt nicht unbedingt eben mal den akustisch miserablen Raum dämpfen. Dann werden eben mal die Felle beklebt und alle sind froh.


    Als ich anfing, hatte ich einen Blecheimer von Tromsa, seit einiger Zeit so ein Gerät aus Westfalen. Ich verwette meinen Hintern, dass die Hälfte der hier angemeldeten bei einer Aufnahme den Unterschied erst bemerken würden, wenn man es ihnen sagte.
    Bei mir im Proberaum merken die Mitspieler in der Regel noch nicht einmal, wenn ich in einem Lied an einer Stelle eine 10"x2" mit Schellen und Irgendein-Holz-Kessel oder eine 14"x8" aus Stahl verwende. Ehrlich gesagt, höre ich es selbst auf der Aufnahme nur deshalb, weil ich darauf achte und es - hüstel - weiß.
    Wenn man überlegt, wieviel Geld man da sparen könnte ...


    Grüße,
    Jürgen,
    der eigentlich was hätte arbeiten sollen, aber es ist so heiß ...

  • Stimmt genau!


    Ich habe diese Sache eben geschrieben, weil ich finde (und damals schon fand), dass man zwar einen Haufen hochspezialisierten Fachwissens angeboten bekommt, dieses aber häufig entweder aus dem Kontext gerissen ist, auf Marketing basiert, oder schlicht zu wenig praxisbezogen ist. Der Profi kann da unterscheiden und filtern, alle anderen aber nicht (manche Profis übrigens auch nicht ;))


    Denn, wie gesagt, das Wichtigste ist der Spaß beim Spielen, meine Tipps gelten daher immer nur für die Unzufriedenen. Wer sich die Trommeln mit Taschentüchern ausstopft und Wahnsinnsspaß hat, soll es so belassen.


    lieber gruß
    max

  • Ja, Roadstar daran erinnere ich mich noch... immer die netten Einleitungsworte auf deren Katalogseite... Rockin´ Rolf und Partnerin Friedel... ich frage mich seit Jahren was aus denen geworden ist. Riesig expandiert in der Schlußphase - und Wochen später plötzlich das "AUS"... seltsam.


    Zitat

    Der Raum macht die Musik!
    Der Raum ist ein extrem wichtiger Faktor bei der Schallentwicklung.


    1000 fache Zustimmung und immer wieder auch von mir seit 2002/2003 hier gepostet.

    Insgesamt ein toller Beitrag, der belegt, dass große Hitze einem engagierten Bildungsauftrag nicht entgegensteht.


    Allen Schülern, oder noch nicht ganz verkalkten Alten und/oder nicht völlig lernresistenten Usern sei obiger Beitrag sehr herzlich in den Picknickkorb des Sommerausflugs gelegt. Da kann man in wenigen Zeilen viele konstruktive Denkanstöße bekommen.


    Schön gemacht, Luddie =)

  • Ja, den Einfluss von des Raums auf den Klang einer Trommel kann man gar nicht oft genug betonen. Das habe ich aber auch erst geglaubt als meine Band in einen anderen Proberaum umgezogen ist.

  • Absolut ein Klassebeitrag, der sicher noch ausbaufähig ist und vielleicht auch so in die FAQ kann. :)


    Kann man die DF-FAQ irgendwie mehr "sichtbar" machen?
    Oder vielleicht einen zusammenfassenden Beitrag mit Links (wie z.B. zu diesem Thread) im Forum in einer Kategorie pinnen?

    Meine Beiträge sind maschinell erstellt und ohne Unterschrift gültig.
    mein Set


    Elu on nagu hernes.

    Einmal editiert, zuletzt von buddler ()

  • Zitat

    Original von Drumstudio1
    Ja, Roadstar daran erinnere ich mich noch... ich frage mich seit Jahren was aus denen geworden ist. Riesig expandiert in der Schlußphase - und Wochen später plötzlich das "AUS"... seltsam.


    http://www.thomann.de/de/compinfo_history.html


    Bin ich kürzlich zufällig drauf gestoßen. Feindliche Übernahme? Ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten?
    Weiss der Geier :)
    Gruß, cameo

    musique: LLLL
    Suche Optimount-Halterungen in verschiedensten Tiefen, einfach alles anbieten

  • Zitat

    Original von cameo
    Ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten?


    Das Angebot ging nicht an RoadStar sondern an die Besitzer des Nachbargrundstückes der Thomann's. RoadStar wurden einfach nur "locker" übernommen um den Kundenkreis mitzunehmen...

    "Muha, online shoppen bis der Zwegat kommt!"

  • Hi Luddie,
    ja, der Beitrag gefällt mir, mit der einen Einschränkung: Der Raum macht den Sound nicht alleine. Man kann durchaus seine Trommeln (nicht nur die SD) so stimmen, daß sie für einen bestimmten Raum perfekt klingen. In einem anderen Raum muß man sie eben wieder umstimmen. Ich kam letzte Woche aus einem großen Raum mit viel Glas zurück, baute mein Set in meinem kleinen Übungsraum mit viel Holz auf, und das Set, das ich in dem anderen Raum umgestimmt hatte, klang wirklich "bescheiden". Konnte mir anschließend gar nicht vorstellen, daß das in dem anderen Raum funktioniert hat, aber da klang es prächtig. Übrigens: Kleben gibt es bei mir nicht, weder Toms noch SD. Stimmen ist angesagt (und das auf den Raum bezogen), alles andere würgt die Dynamik ab.
    Liebe Grüße
    Drummerl

  • Zitat

    Original von Drummerl
    Hi Luddie,
    ja, der Beitrag gefällt mir, mit der einen Einschränkung: Der Raum macht den Sound nicht alleine. Man kann durchaus seine Trommeln (nicht nur die SD) so stimmen, daß sie für einen bestimmten Raum perfekt klingen. In einem anderen Raum muß man sie eben wieder umstimmen. Ich kam letzte Woche aus einem großen Raum mit viel Glas zurück, baute mein Set in meinem kleinen Übungsraum mit viel Holz auf, und das Set, das ich in dem anderen Raum umgestimmt hatte, klang wirklich "bescheiden". Konnte mir anschließend gar nicht vorstellen, daß das in dem anderen Raum funktioniert hat, aber da klang es prächtig. Übrigens: Kleben gibt es bei mir nicht, weder Toms noch SD. Stimmen ist angesagt (und das auf den Raum bezogen), alles andere würgt die Dynamik ab.
    Liebe Grüße
    Drummerl


    Absolut richtig! Vielleicht habe ich das nicht gut genug rübergebracht, aber ich wollte den Post nicht so endlos lang machen durch Stimm-Erklärungen. Du hast natürlich recht, dass sich ein Schlagzeug durch gezieltes Stimmen jedem Raum optimal anpassen lässt. Der gewiefte Stimmer kann so auch räumliche Begebenheiten zum Teil ausgleichen. Dies ist jedoch gerade für den Anfänger nicht ganz einfach und erfordert viel Erfahrung.


    Vielen Dank jedenfalls für zusätzliche Infos und auch den schönen Zuspruch von Euch allen!


    lieber Gruß
    max

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