Wie an private Schüler kommen?

  • Da du das ja direkt auf mich beziehst: nein, mir nicht egal. Ganz und gar nicht. Es ist noch kein Elternteil eines Schülers zu mir gekommen und hat gesagt, dass der Fortschritt zurück bleibt. Im Gegenteil - ich habe (leider) zum Großteil Schüler, die was zum Abgreagieren brauchen und ich daher eher darauf angesprochen werde, dass es häufiger vorkommen kann, dass Sohn XY nicht üben konnte und ich bitte verstehen sollte, dass ...


    Sicher gibt es Menschen, die einfach keinen Bock haben und nur hinter der Kohle her sind. Aber es gibt auch Ausnahmen. Ich bin in der Erzieherausbildung und bewege mich auch nicht mehr im Anfängerstatus, deshalb sehe ich mich als jemand, der es schafft halbwegs vernünftigen Unterricht zu geben. Und das ist vielleicht beim Threadstarter ähnlich ... wenn ich mich erstmal durch 5 zweifelnde (und zum Teil nicht mal freundlich formulierte) Fragen kämpfen müsste, dann würde ich mir auch die nötigen Infos nehmen und gehen.


    Es gibt Leute, die Unterrichten 10 mal länger als ich, und machen mehr "falsch" und 100% auch umgekehrt. Was mir evtl. fehlt ist die Erfahrung. Aber ohne Unterrichten kann ich die auch dafür nicht sammeln. Alles irgendwie relativ.


    Also, dass eine junge Person nicht auch gute Unterricht geben kann habe ich ja nicht bestritten. Ich kenne auch welche und mit deinem Hintergrund sind ja auch die Voraussetzungen da wie es scheint und du hast dir, das war der Punkt den ich angesprochen haben, Gedanken zu deinen Grundsätzen gemacht.


    Mit nicht egal meinte ich, dass es mir nicht egal ist jemanden der dafür nicht geeignet ist zu bekräftigen/unterstützen. Der Threadersteller hat nämlich, wie sich durch kurze Recherche seiner anderen Threads im DF zeigt, wohl weder grosse Ahnung vom Instrument, Technik noch von Übungsmethodik.. und so kann man definitiv keinen sinnvollen Unterricht geben...

  • kurze Recherche seiner anderen Threads im DF zeigt, wohl weder grosse Ahnung vom Instrument, Technik noch von Übungsmethodik.. und so kann man definitiv keinen sinnvollen Unterricht geben...



    Wie recht du hast!!
    Hab mir grad auch noch mal die Freiheit erlaubt die älteren Beiträge durch zu lesen.
    Das hatte ja schon fast parodistische Ausmaße.
    Vor allem diese konsequente Sturheit und Penetranz spinnt sich wie ein roter Faden durch diese Beitragssuppe.
    Wenn man Schlagzeug unterrichten will, sollte man doch wenigstens wissen wie sich das Resonanzfell einer Tom lösen lässt, und das Fame nicht mit Paiste vergleichbar ist.
    naja...

  • die reaktionen auf mein geschreibsel waren ja zum teil recht heftig, aber auch verständnis wurde gezeigt. ich danke beiden seiten.


    hier sind auszüge aus der PN an Xian, die ich soeben verfuss:



    hi xian,
    meine drei zeilen haben ja ziemlich wind gemacht. ich möchte dir schreiben, was mich dazu bewegt hat.


    schlagzeuguntzerricht ist wichtig und richtig. ich hatte selber bei drei leuten unterricht. zwei von denen waren in der städtischen musikschule, und einer war privat unterwegs.
    die beiden von der musikschule hatten ein eigenes konzept, der private hatte bücher, aus denen er vortrug.
    das ist meine erfahrung, die aber nicht repräsentativ ist.
    es geht mir aber um was ganz anderes.


    die ausbildungsmöglichkeiten als schlagzeuger sind heute besser denn je. wenn ein bischen kohle im rücken ist, kann man sich diese ausbildung auf einen konservatorium oder wie sich das auch immer nennt, erkaufen, sobald man den aufnahmetest bestanden hat. ist beides der fall, gehört man quasi zu beginn zum teil der trommelelite und bekommt unterricht in allen bereichen, ist den ganzen tag beschäftigt mit seinem traum von der trommlerkarriere, spielt abends gigs, bekommt tolle fraun und alles läuft super.
    irgendwann hat man dann seine urkunde in der hand und ist trommler mit abschluss. dann kanns also richtig losgehn. nur, wohin?


    ...



    das für mich grösste problem besteht darin, das junge menschen in einem berufsfeld gefördert werden, das für viele, statt in der erfüllung ihres traumes, in der sackgasse endet.
    dieser ganze ausbildungswahn geht an der realität des marktes vorbei und bringt menschen zur verzweiflung. sie haben doch etwas "ordentliches" gelernt!
    bei dieser hervorragenden ausbildung , bei kaum einer perspektive am markt, bleibt es bei der vermittlung seines erlenten, und das bedeutet: selber unterricht zu geben um seinen arsch am kacken halten zu können.
    dabei überträgt man das problem auf die nachfolgende generation.



    nicht der unterricht an hobbymusikern sei hier kritisiert, sondern das systematische treiben in die arbeitslosigkeit derer, die weder das talent des "sich vekaufens", noch das glück am ende "zur rechten zeit am rechten ort" gewesen zu sein, haben. egal wie stark ihr wille ist, ihr gewünschtes ziel erreichen zu wollen.




    ...

    Satellite of Love

    Einmal editiert, zuletzt von seppel ()

  • Zum Beitrag von seppel:


    Ja das mag so sein, daß am Markt vorbei ausgebildet wird. Doch offensichtlich besthet ja Bedarf an der Ausbildung. Die professionellen Ausbildungsstätten - öffentliche wie private - haben sich in den letzten 20 jahren vervielfacht. Es gibt offensichtlich auch viele Lernwirllige, die das machen wollen. soll man denen sagen: "Nein, das darfst Du nicht!". Ab einem gewissen Alter muß man Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen und ein Diplotrommler läuft Gefahr, daß er als Taxifahrer seinen Unterhalt verdienen muß. Das weiß jeder, der sich ernsthaft mit der Materie beschäftigt und wer's nicht tut wird's erfahren. Daß es mehr Absolventen als Arbeitsplätze gibt, ist kein exklusives Problem der Trommler. Was glaubst Du machen die ganzen Studenten der Kunstgeschickte, Philosophie und weiterer Brotloser Künste? Das ist geselslchaftlich gesehen auch gar nicht schlecht, wenn es ein paar Menschen mehr gibt, die sich nicht nur mit den stromlinienförmigen Inhalten des Geldverdienes beschäftigen. Es tut gut ab & an jemanden zu treffen, der anders drauf ist und einen anderen Horizont hat. Und jnicht jeder gescheiterte Philosophie-Absolvent muß einen schlechtbezahlten Job bekommen.


    Das führt jetzt zu weit
    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Ich denke, sowohl seppels als auch fwdrumsens Beiträge sind richtig. Häufig bin ich erstaunt, wieviele Schulen es gibt, die mittlerweile professionelle Drummer ausbilden und zu welchen Missverständnissen schon dieses Angebot führt. Das zeigen Anfragen hier im DF von Drummern, die seit 4 Jahren spielen, dann Schlagzeug studieren wollen und glauben, das Ganze sei mit einer regulären Berufsausbildung gleichzusetzen.


    Allerdings ist es auch unbestreitbar, dass heutzutage wesentlich mehr Eltern ihre Kinder Schlagzeug spielen lassen als zu der Zeit, in der ich selbst angefangen habe. Von den erwachsenen Schülern mal ganz abgesehen. Somit vergrößert sich zwar nicht der Markt für "Spieler", wohl aber derjenige für "Lehrer". Gleichzeitig beobachte ich in den letzten Jahren, wie sich das Schlagzeugspiel allein technisch enorm weiterentwickelt. Koordination, Technik, Timing. Dazu einige sehr hilfreiche DVDs, die wirklich auch etwas vermitteln wollen und genau deswegen gekauft werden. Das passt alles zusammen und Sorgen, dass die allgemeine Unterrichts- und Trommelqualität allgemein nachlassen, halte ich für völlig unbegründet. Die Agenda wird von den besten gesetzt und andere versuchen sich daran zu orientieren.


    Wer nichts drauf hat im Unterricht, wird nicht erfolgreich sein. Schüler werden abspringen und keine Empfehlungen aussprechen. Und eines kann ich den Lehrwilligen als goldene Regel mit auf den Weg geben: wer das Drummen als eine Art schulische Disziplin vermittelt und krampfhaft versucht, seine Sache durchzuziehen, beleidigt ist, wenn Schüler mal die Hausaufgaben nicht machen konnten und wochenlang am Pad trommeln lässt, wird irgendwann einsam.


    Trommeln ist für die meisten nicht das Wichtigste im Leben. Und nur ganz wenige leben später davon oder werden gar in der Szene bekannt. Aber es geht im Privatunterricht auch gar nicht darum. Es geht darum, zu erkennen, was gut sein könnte für den Schüler. Zu diesem Zweck muss man offen sein und Alternativen anbieten können. Ich selbst habe gemerkt, dass der Unterricht dann auch viel lockerer und weniger anstrengend wird, außerdem sind viel größere Erfolge zu beobachten. Man braucht dafür natürlich ein bisschen Erfahrung und muss die Sache ernst nehmen.


    lg
    max

  • Hi Folks,


    nachdem Seppel mir so ausführlich geschrieben hat, möchte ich natürlich niemandem meine
    Antwort vorenthalten....


    Hallo Dirk,


    vielen Dank für Deine ausführliche PN, über die ich überrascht war,
    über die ich mich aber auch sehr gefreut habe.


    Bevor ich meine Gedanken dazu nun zum besten gebe gestatte mir aber bitte eine Frage:
    Warum postest Du nicht gleich so differenziert und verständlich?
    Das würde es (zumindest mir) viel leichter machen...
    Trotzdem schätze ich Dich und deine Statements im DF sehr, auch wenn
    sie mir wie in diesem Fall nicht unbedingt in den Kram passen. :D


    Du hast zum einen natürlich recht mit Deiner Kritik an dem Ausbildungssystem.
    Es gab noch nie so viel Information über das Trommeln mit solch schneller und
    leichter Verfügbarkeit wie heute. Und doch scheint das der musikalischen Innovation nicht wirklich
    gut zu tun.


    Das aber das "System" am Markt vorbei ausbildet und Leute in Verzweiflung stürzt halte ich so nicht für richtig.
    Ich habe auch den Eindruck, das Du hier den "Markt" zu eng definierst. Aber eins nach dem anderen....


    Zuerst einmal muß ich aus meiner bisherigen Erfahrung sagen, das die Frage ob ein Schüler später auf dem Markt bestehen kann
    sich höchstens bei 1 - 2 % der Schüler überhaupt stellt. Für den allergrößten Teil der Leute geht es um ganz andere Dinge.


    Bei vielen Kids geht es z.B. darum zu lernen pünktlich zu erscheinen, es geht darum, zu lernen das man manche Dinge und Probleme nur mit
    Ausdauer und Beharrlichkeit lösen kann, das es bereichernd ist etwas "gut können" zu wollen, nicht um des Lehrers oder Eltern willen sondern für sich selbst.
    Drumdidis Posts sind hier sehr gut.
    Wieder andere möchten einfach nur ein wenig trommeln, um sich zu entspannen. Und der Unterricht ist da
    oft dann auch der Moment wo Sie Ihren alltag etwas hinter sich lassen und genau das dan tun.
    Wieder andere möchten einfach mit Freunden musizieren und dafür ein klein wenig Handwerkszeug mitbekommen,
    ohne sich groß stressen zu müssen oder gleich "etwas leisten" zu müssen.


    Viele meiner Schüler wollen noch nichtmal in einer Band spielen, das is denen viel zu viel Stress.
    Die wollen einfach für sich ein wenig daddeln....


    Hier könnte man noch endlos viele Beispiele anführen.
    Jedenfalls sind das alles Leute die nicht am Markt vorbei ausgebildet werden.
    Auch finde ich nicht, das die Musik dieser Menschen quasi überflüssig ist,
    sondern sie bedeutet für die Ausübenden und auch oft für die Zuhörer
    wenn auch nur im kleinen Kreis einen nicht unerheblichen Teil Ihrer Lebensqualität.


    Irgendwann landet man dann bei den 2% die beruflich Musik machen möchten und hier
    beginnt meiner Ansicht nach Dein Denkfehler.
    Ich habe den Eindruck, das Du den Begriff des "Marktes" bzw. des "Berufsmusikers"
    schlicht viel zu eng definierst. Du scheinst ihn mir, mal platt ausgedrückt auf den Begriff "Rockstar" zu
    reduzieren. Diese Zielsetzung haben aber auch die meisten Schüler nicht. Manchmal ist das Ziel nur ganz vaage vorhanden ("Irgendwie davon leben können")
    bei manchen aber auch sehr konkret ("Ich möchte irgendwann in Roth eine Musikschule eröffnen").


    Ich versuche, wenn sich bei einem Schüler dieser Wunsch herausbildet zuerst seine Motivation zu ergründen,
    und auch zu erfahren wie denn sein Bild vom Beruf des Schlagzeugers aussieht.
    Und die Motivation "reich und berühmt" zu werden halte ich, im Gegensatz zu Luddie, für die schlechteste von
    allen, da sie fast schon zum automatisch zum scheitern führt. In diesem Sinne ist der Markt nämlich wirklich sehr klein,
    das Ziel nicht konkret genug und ein solcher wenn möglich noch internationaler
    Erfolg hat wie wir hier alle wissen fast nichts mit Planung und purem Können zu tun.


    Wenn ich dann die Motivation und Vorstellungen des Schülers kenne beginnt spätestens hier meine Verantwortung als
    Lehrer, den Schüler mit den verschiedenen "Wirklichkeiten" und Möglichkeiten dieses Berufs zu konfrontieren.
    Das bedeutet das ich ihn dann auch auf mögliche Hindernisse auf diesem Weg hinweise oder das ich ihm seine Schwächen vor
    Augen halte, an denen unbedingt gearbeitet werden muß, sowohl schlagzeugtechnisch als auch in Bereichen der Sozialkompetenz und all den
    anderen Bereichen die in unserem (und in so manch anderem) Beruf relevant sind.
    Und er muß natürlich auch klären ob er mit bestimmten Dingen nicht nur leben könnte,
    sondern glücklich wäre, wie z.B. auch Unterricht geben, auf Firmenfeiern spielen, Stile bedienen die man eigentlich nicht so mag,
    keine geregelten Arbeitszeiten haben, auch mal 2 Monate ohne freien Tag sein, allem und jedem hinterher telefonieren,
    unzuverlässige Kollegen ertragen, und und und...


    Und hier bietet das heutige System meiner Ansicht nach zum ersten mal den großen Vorteil, daß es eben kein
    Glückspiel mehr ist, von und mit Musik zu leben. Noch nie vorher konnte man soviel Information bekommen
    um einfach seine berufliche Existenz auf solide Füße zu stellen. Wenn ich nun mich, oder auch die anderen Leute
    vom DI mal so ansehe, dann profitiere ich einfach von der Umfassenden stilistischen Bandbreite die ich
    dort mitbekommen habe und natürlich von dem Handwerkszeug.
    Dadurch spiele ich Tanzorchester, Theater, Country, Salsa, Jazz, Progrock, Cover, Top40... immer auch mal als
    gern gesehene Aushilfe weil ich einfach komplette Programme notfalls vom Blatt spiele oder auch mal in zwei Tagen raushören
    und notieren kann, und ich kann eben die unterschiedlichsten Schüler bedienen. Oder auch ein Onlineportal aufmachen.... :D


    Und gerade hier legt das DI bzw. Jan Rohlfing auch großen Wert darauf, das die Leute zum einen die große Bandbreite der
    Beruflichen Möglichkeiten kennen, als auch lernen kurz- und langfristige Ziele zu definieren um dann zu überlegen
    wie sie diese Ziele erreichen können.


    Insofern ist das in keinster Weise "am Markt vorbei".
    Ich finde auch nicht, daß hier ein "Problem an die nächste Generation" weitergegeben wird.
    Ich finde aber auch nicht, das jemand, der nicht "reich und berühmt" ist automatisch in diesem
    Beruf gescheitert ist. Ich finde es geht darum, das jemand eine seinem Können und seiner Presönlichkeit
    und seinen Zielsetzungen angemessene Position in diesem Berufsfeld findet und damit seinen Lebensunterhalt
    bestreiten kann, wenn er das denn will.


    Und diese Zielsetzungen und Ergebnisse können so vielfältig sein, das es
    im Normalfall die Vorstellungskraft des Lehrers und auch des Schüler übersteigt.
    Ich persönlich weiß z.B. nicht ob ich 4 Monate im Jahr international touren möchte.
    Das würde bedeuten, das ich auch 4 Monate meine Frau nicht sehe, oder später mal mein Kind,
    wenn ich denn eins haben sollte. Insofern sehe ich mich da nicht als gescheitert an, sondern es ist gut so wie es ist.
    Und so ist es mit vielen meiner professionellen Kollegen. Die möchten einfach unbedingt
    neben Ihrer Frau einschlafen und im eigenen Bett wieder aufwachen. Und somit spielen die nur Jobs
    wo Sie abend wieder anch hause können. Darum sind es aber trotzdem sehr gute Musiker die genug Geld verdienen
    und die dem Publikum einen tollen Abend bescheren können.


    Natürlich gibt es immer Schüler und Kollegen mit, sagen wir mal "seltsamer" Selbstwahrnehmung, die dann scheitern
    und auch nicht wissen wieso. Aber gegen die ist jedes Ausbildungssystem machtlos....


    Das das natürlich nicht immer zu künstlerischen Innovationen führt ist auch klar. Das ist aber
    ebenfalls nicht immer das Ziel der Schüler und auch nur bedingt Aufgabe des Ausbildungssystems.
    Nichtmal von einem großen Teil des Publikums werden solche Innovationen gewünscht... die meisten
    möchten einfach etwas Vertrautes hören. Aber auch hier empfinde ich dann die jeweiligen ausübenden Musiker nicht als "gescheitert",
    sondern sie üben schlicht einen Beruf aus. Und es können auch alle Beteiligten in diesem System glücklich damit sein.


    Innovatoren funktionieren meistens unabhängig von Ausbildungsystemen, oder gerade weil sie nicht "konditioniert"
    wurden. Man kann natürlich beklagen das zur Zeit wenig wirklich bahnbrechend neues kommt, aber das liegt sicherlich nicht nur
    am vorhandenen Ausbildungsystem sondern ist auch ein Symptom unserer "utopielosen" Zeit. Und diese Diskussion bräuchte mindestens
    einen neuen Thread... :D


    In diesem Sinne liebe Grüße
    Christian

  • Ich möchte mich den Ausführungen von XIan zu 99% anschliessen!
    Das eine fehlende Prozent ist für mich schon eine kritische Position zum Thema Ausbildungsangebote, wo ich durchaus der Meinung bin, das es mittlerweile zu viele gibt und das es wenig hilfreich ist, das man durch Zahlung von Geld eine Berufsausbildung machen und sich vermeintlich damit eine Berechtigung zum Musikerdasein erwerben kann.
    Ich hatte da letztes Jahr auch eine längere Diskussion mit dem Studiengangleiter Jazz der Folkwanghochschule, das es meiner Meinung nach mittlerweile zu viele Studienangebote und Absolventen gibt.
    Ich zitierte da u.a. die Statements diverser Lehrkräfte an Hochschulen,mit denen ich gesprochen habe, die immer öfters beklagen, das das Durchschnittsniveau an den Hochschulen sinkt, da es immer mehr Studienangebote gibt und die Hochschulen mittlerweile Leute aufnehmen müssen, um ihre Studienplätze zu füllen, die sie vor 15 Jahren nicht aufgenommen hätten...


    Warum ich das so kritisch sehe, ist vor allem deshalb, weil der Erwerb einer Ausbildung, der Erhalt eines Scheins (sei es Diplom oder Zertifikat oder was auch immer), überhaupt nichts damit zu tun hat, ob man als Musiker existieren kann oder nicht.
    Und ich meine damit absolut nicht die Verengung des Begriffs Musikers auf konzertierender Musiker. Das Berufsbild des Profi-Musikers ist viel breiter als nur der auf den Bühnen der Welt spielende Instrumentalist. Dazu gehört gleichwertig der lehrende, der komponierende, der produzierende Musiker, was i.d.R. heue die meisten professionell tätigen Musiker in einer Person vereinigen. Es gibt wegen der Marktsituation kaum noch Musiker, die nur eine Sparte der möglichen Tätigkeitsfelder als Musiker bedienen.
    Im Übrigen ist dieser Mix im Leben eines Musikers ständiger Verschiebung unterwofen. Ich hatte Zeiten, da hab ich viel mehr gespielt und wenig unterrichtet, dann hab ich viel produziert, viel unterrichtet und wenig gespielt usw. Das ist ständig im Fluß, wobei die Lehrtätigkeit mit fortschreitenden Alter eher zunimmt, u.a. aus Erfahrungen, die sich mit Dingen deckt, die Xian zum Thema Touren und Beziehung geschrieben hat. Aus dem Nähkästchen kann ich jedenfalls sagen, das rege Tourtätigkeit und Beziehung in meinem Leben absolut nicht gut funktioniert hat...
    Heute musst du jedenfalls alles bedienen können, wenn du nachhaltig über das gesamte Berufsleben existieren können willst.
    Die Zeit der Rockstars bzw. der Leute, die von einem Plattendeal und Charterfolgen leben können, ist eigentlich vorbei. Heutzutage verdienst du nicht mehr viel mit einer Chartplatzierung in den Top 100, höchstens noch wenn du lange ganz oben stehst und zu der kleinen Gruppe der von den Kinderkanälen MTV & Co und geneigten Majors gepuschten elitären Oberschicht gehörst.
    Eine Existenz auf Grundlage einer Bandmusikerkarriere mit DEM Erfolgsact, die über 40 Jahre Berufstätigkeit trägt, kann man getrost vergessen.
    Dafür ist das Musikbusiness heute viel zu schnelllebig und im Zeitalter des Downloads auch viel zu unergiebig für den Künstler geworden.


    Und wenn ich mal zu mir persönlich was zum Thema "übertragen auf die kommende Generation" sagen darf:


    Ich gebe schon seeehr lange Unterricht, aber aus meinem Unterricht sind bislang nur 2 Leute hervorgegangen, die beruflich etwas mit Musik zu tun haben.
    Einer ist Musikpädagoge geworden, der andere Profimusiker.
    Und ich kann mit grosser Sicherheit sagen, das es deshalb nur 2 sind, weil ich meinen Schülern, die den Gedanken äussern, Musik zum Beruf zu machen ganz klar vor Augen führe, was das


    a) bedeutet und
    b) was sie dafür leisten müssen und
    c) welche Opfer sie dafür bringen müssen.


    Das hat in den meisten Fällen dazu geführt, das es beim Hobby Musik machen geblieben ist!


    Meine Schüler hören von mir ständig, das Musik machen das tollste ist, was ich kenne, aber das Musik zum Beruf machen nochmals was völlig anderes ist und von einem Menschen, der dies machen will, ganz andere Sachen verlangt als "nur" Musik machen toll zu finden.
    Deshalb bin ich persönlich gar nicht gegen harte Aufnahmeprüfungen und tendenziell eher gegen Schulen, wo man gegen Zahlung von Geld eine "Ausbildung" erlangen kann.
    In der Hinsicht bin ich ein wenig bei Seppel, wobei das meiner Meinung nach aber wieder absolut nichts mit der Situation des gemeinen Instrumentallehrers an Musikschulen oder privat zu tun hat.
    Ich kann da Xians Ausführunge absolut bestätigen, das in dieser Klientel nur allerhöchstens 1-2% der Schüler in Betracht ziehen, Musik zum Beruf zu machen.
    Der Löwenanteil der Schüler will nur eine gute Zeit haben und macht Musik aus Spass an der Freude und betrachtet es als pures Hobby ohne Ambitionen.
    Da ist die Aufgabe des Instrumentallehrer eine ganz andere als die des Oberschlagzeug-Gurus, der aus jedem Schüler versucht einen neuen Vinnie Colaiuta zu formen.
    Viele Schüler wollen gar nicht die 26 Rudiments lernen oder auschecken, wie ein 5er Verschieber über 16tel Triolen klingt.
    Denen reicht absolut das hier so oft geschmähte Erlernen von ein paar Rhythmen und die wollen eine schöne Stunde mit nem netten Lehrer haben, dem sie vielleicht sogar auch mal ihr Herz ausschütten oder nur über ihrer Lieblingsplatten reden...


    Übrigens bin ich auch ziemlich deutlich zu Leuten, die vor einer Aufnahmeprüfung zu mir kommen und ein Feedback wollen, ob sie die Aufnahmeprüfung packen können.
    Ich frag die Leute immerim Vorgespräch, was sie schon gemacht haben und was für Vorstellungen sie von dem Job haben und meist weiß ich schon dann, was für einen Rat ich ihnen geben werde.
    Selbst da hören eher 9 von 10 von mir, das sie besser was anders machen sollen, wofür sich im Nachhinein auch so mancher schon bedankt hat.


    Ich weiß aus Gesprächen mit Kollegen, die mit beiden Beinen im musikerjob stehen, das die das sher ähnlich handhaben und deshalb bin ich der festen Überzeugung, das nicht "wir" nicht die kommende Generation heranziehen. Ich für meinen Teil kann das jedenfalls nachdrücklich verneinen ;)


    Desweiteren möchte ich mich sehr den Ausführungen Xians zum Thema "seinen Platz finden" anschliessen.
    Nicht jeder will ein gefeierter Rockstar werden und trotzdem in diesem Bereich arbeiten.
    Ich habe im Laufe meines Musikerdaseins meine Ziele auch umdefiniert und aus Erfahrungen Dinge für mich als Option ausgeschlossen und andere Sachen mehr in den Mittelpunkt meiner Tätigkeit gerückt. Dadurch ergebibt sich dann zwangsläufig eine Einstufung in das "System", in welcher "Etage" man sich bewegt.
    Ich für meinen Teil hab z.b. ein sehr gutes Lebensgefühl mit dem was ich tue, u.a. weil ich bestimmte Dinge für mich ausgeschlossen habe, weil mir der Preis dafür in anderen Lebensbereichen zu hoch war.
    Folglich werde ich jetzt kein Star und auch nicht reich, aber das war mir dann doch nicht wichtig genug :D
    Am Ende des Tages ist mir nämlich wichtig, das es meiner Seele gut geht 8)

    3 Mal editiert, zuletzt von drumdidi ()

  • Genau das ist u.a. das, was für mich einen guten Lehrer ausmacht! Sau Stark! Das "Berufs-Musiker-Leben" ist kein Ponyhof!
    Zur Info, ich bin kein Berufsmusiker oder Lehrer, mein Mann aber seit über 25 Jahren und ich sehe jeden Tag was das bedeutet:
    Es ist sau harte Arbeit
    , eigentlich ohne Feierabend. Ich habe sehr großen Respekt vor allen, die von Ihrer "Passion" leben
    und versuchen Ihre Erfahrungen und Vision/en weiter zu geben und verwirklichen, egal wie.

  • der markt hat sich übrigens sehr stark verändert, es gibt heute unterrichtsangebote, die gab es vor 10 jahren einfach noch gar nicht. und irgendjemand muss diese angebote auch mit inhalt füllen. stichwort: ganztag, jeki, momo, vertretungsleher, quereinsteiger etc. pp. weiter weg vom rockstar geht eigentlich nicht mehr.

  • Die Posts von Xian und drumdidi sind wieder einmal bombig und decken sich mit meiner Meinung.


    In Bezug auf die 1-2 % der Schüler, die Berufsmusiker werden wollen:


    Worüber ich nachdenke geht immer wieder in die Richtung: Kann man den Beruf des Musikers wirklich und wahrhaftig in einer Lehranstalt erlernen (im Sinne einer Berufsausbildung) oder wird man nicht nur im besten Fall gründlich vorbereitet und muss sich dann selber darum kümmern?


    Ich tendiere eindeutig zu letzterem. Kein noch so toller Lehrer/ Professor kann die Persönlichkeit seiner Schüler auf Erfolg umstricken, das können sie nur selber. Nach wie vor gehört zu einem erfolgreichen Musikerdasein (also nur vom Musizieren leben können) auch das berühmte Quentchen Glück gepaart mit harter Arbeit! Und das ist natürlich rar gesät.


    Heute leben viele den Traum, als Musiker ein "sorgenfreies" Leben führen zu können. Jedem, der sich mit mir über das Thema unterhält, führe ich auch ganz klar die Nachteile auf und frage immer, ob es ihm das wert ist. Wenn er sich trotzdem dafür entscheiden will, soll er es machen. Es muss ihm aber klar sein, dass er eventuell dann später eher Instrumentalpädagoge ist und weniger ein Star auf der Bühne- da scheidet sich dann die Spreu vom Weizen.


    Seppel hat insofern recht, das es genügend Beispiele gibt von frustrierten Kollegen, die es als Musiker eben nicht "geschafft" haben und die dann mehr oder weniger motiviert Unterricht geben, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Das darunter im Endeffekt auch die Schüler leiden, ist ganz klar und durch die Marktsituation leider nicht zu umgehen. Da können die Schüler dann nur selber ihre Konsequenzen ziehen und das werden sie auch über kurz oder lang.


    Andererseits kommen auf diesem Weg aber vielleicht auch Leute ans Unterrichten, die früher mit diesem Gedanken nie gespielt haben und dann merken, dass ihre eigentliche Begabung genau auf diesem Sektor liegt, nämlich Kindern/ Jugendlichen / Erwachsenen den Spass am Schlagzeugspielen und Musizieren zu vermitteln und sie darin zu bestärken. Da bin ich mit Luddie konform, ein Grossteil meiner Schüler möchte nur aus Spass an der Freude Schlagzeug spielen und lernen, denen sind professionelle Tendenzen und Zielsetzungen so was von Latte, die möchten Spass haben. Und den kann nicht nur ein ausgebildeter Lehrer von Institut XYZ vermitteln, sondern vielleicht sogar der Themenstarter, wer weiss das schon?


    Und noch ein wichtiger Punkt, der schon mal genannt wurde: Auch Lehren muss man lernen, da ist noch kein Meister vom Himmel gefallen- und das lernt man übrigens auch nicht unbedingt durch eine pädagogische Ausbildung- denn dann gäbe es ja nicht so viele schlechte Lehrer in unseren Schulen. Da finden sich nämlich mitunter auch diejenigen wieder, die es von ihrer Ursprungsvision abweichen mussten, weil sie es nicht geschafft haben (mein ehemaliger Musiklehrer am Gymnasium war so einer).


    LG

  • Mittlerweile ist die Diskussion zwar etwas vom ursprünglichen Thema abgewichen, aber es ist trotzdem wichtig oder?


    Als ich vor 28 Jahren meinem damaligen Lehrer eröffnete, dass ich die Musik zum Beruf machen wolle, antwortete der (bevor er in seinen schrottreifen Saab stieg) mit den Worten: "... das ist ein hartes Brot ..." . Der Mann sollte recht behalten. Mittlerweile übe ich den Beruf seit fast zwanzig Jahren aus. Die ersten zehn davon waren mehr oder weniger von an Not grenzender wirtschaftlicher Armut geprägt. Nicht wenige Kollegen leiden darunter während des größten Teils ihres Berufslebens. Es gibt Künstler, deren Einkünfte in so krassem Missverhältnis zur Qualität Ihrer Arbeit stehen, dass man darüber in Wut geraten könnte. Aber ich will nicht jammern. Wer sein wirtschaftliches Handeln professionalisiert oder (genau wie seine juristischen Angelegenheiten) an kompetente Dritte delegiert, hat heute einige Möglichkeiten von seiner Arbeit leben zu können. Nebenbei gesagt, unterrichte ich schon lange nicht mehr.


    Eins steht fest: es gibt nicht zu viele gute Musiker oder gute Musik in diesem Land. Wer sich berufen fühlt, talentiert und fleißig genug ist, kann etwas daraus machen. Alles andere reguliert der Markt gar nicht so schlecht. Ich habe noch keinen total unfähigen kennen gelernt, der einen Haufen Schüler unterrichtet oder sich sonst irgendwie vor Arbeit nicht retten kann. Da muss keiner Angst vor haben. Wie gesagt, ist es sogar für im genialen Bereich talentierte Kollegen manchmal nicht einfach, die Miete für eine bescheidene Altbauwohnung in der Hauptstadt zusammen zu bekommen. Besonders wenn es Persönlichkeiten sind, die im Bereich Marketing über keinerlei natürliche Begabung verfügen.

  • mh, da muss ich dir "intuitiv" aber etwas entgegensetzen, und zwar den standortvorteil.


    ohne dahingehend recherchiert zu haben, behaupte ich, dass es in laendlichen regionen durchaus lehrer gibt, die stuemperhaften unterricht geben, aber trotzdem einen "ansehnlichen" kundenstamm haben.
    einfach aus ermangelung qualitativer alternativen.


    du hast vollkommen recht mit dem was du sagst, in berlin gibt es haufenweise faehige menschen, die dennoch am rande es abgrundes leben, eben weil es hier (grob gesagt) auf einen lernwilligen menschen 3 musiklehrer mit fachlicher kompetenz gibt, dies ist aber ein generelles problem berlins, bzw eines ballungsraumes, unabhaengig des bezuges.


    das muss bedacht werden.

    Evil Jared's Rock-Drinks.de - Sex, Drinks & Rock n Roll

  • Ich finde der Thread hat sich in äusserst interessante Bahnen gelenkt! Er bestärkt mich in meiner Meinung, dass man im Musikbusiness nichts geschenkt bekommt sondern sich alles sehr hart erarbeiten muss und dann auch zum Teil noch Glück dazu kommen muss. Danke für die schönen Ausführungen zum Berufsmusikerleben!


    Andre

  • mein gott,ich wollt gar nicht,dass jetzt so eine diskussion daraus wird ;)
    hab aber jetzt nochmal ne frage zu dem eigentlichen thread von mir :)
    ein problem gibt es nämlich...ich bin Linkshänder und spiele jetzt auch die 5-6Jahre Links,wieso sollte ich es auch nicht tun?
    Und die naja..Mehrheit ist nunmal rechts. Ich hab damals bei den Schlagzeug-Anfängen auch einen Lehrer gehabt,der mit rechts spielt,aber es hat ja irgendwie trotzdem geklappt.
    Geht das überhaupt gut,wenn Schüler Rechtshänder ist und der Lehrer Linkshänder?


    mfg

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!