Drummer, die polarisieren

  • Hi BuddyRoach,

    Die Frage, die für mich aber immer noch offen ist: Warum polarisiert Jojo Mayer so wenig?
    Er besitzt zweifellos Persönlichkeit.

    absolut! Aber er besitzt eben nicht die polarisierende Persönlichkeit. Klingt jetzt ein bisschen wie eine Tautologie (man sucht Streit, weil man streiten will), ist es aber nicht. Noch hab ich's nicht ganz klar, aber mal soweit:


    Die polarisierende Persönlichkeit kommt stets mit Absolutheitsanspruch daher. Nur so können die Jünger sich dahinter (oder dagegen) versammeln. Und sie hat etwas nach Außen sichtbar radikales (ich denke an das Beckengedresche von Barker, die Pedalerie (und Pedanterie) von Lang, die diversen Poser). Dagegen Mayer: Ruhig*, immer mit einem Argument und viel Spielraum: Beispiel Matched vs. Traditional Grip. Mayer beschreibt auf seiner DVD den Trad. Grip nicht als letzte Wahrheit sondern als seine höchst persönliche Wahl. Das macht's schwer glühend dafür/dagegen zu sein. Ebenso hat sein Spiel Finesse und auch Radikalität, aber seine Gestik während er spielt? Beispiel Thommy Igoe: Der Typ kann spielen! Und er hat absolut Charakter, aber er zwingt mich nicht zu einem dafür oder dagegen. Weder für/wider ihn noch für/wider seine Technik.


    Also: Nicht jeder Musiker mit Charakter polarisiert, sondern solche mit einem Charakter, der etwas Absolut setzt (den Musiker selbst, seine favorisierte Technik, sein favorisiertes Werkzeug, ...)


    Grüße
    Hajo K


    * Nicht musikalisch, sondern charakterlich gemeint ...

  • Ich wage einfach mal folgende Theorie: die Polarisierung ist eine eindeutige individuelle und sehr persönliche Reaktion mit drei Schwerpunkten:


    BeiTechnikmonstern wie Thomas Lang ist es die Angst vor der Selbstüberforderung, bzw. die Messlatte liegt zu hoch - das macht Angst. Je nachdem, wie man mit Angst umgehen kann, fällt die Reaktionentsprechend aus.


    Bei Drummern, die sich durch ihre Musikalität hervortun, ist es eher eine Geschmacksfrage - gefällt, gefällt nicht.


    Bei sehr charismatischen Drummern ist es eine Konfrontation mit der starken Persönlichkeit des Menschen, die einem über sein Spiel quasi "aufgezwungen" wird - liebt es oder eben nicht.


    Bei AllenKritikenüberDrummer jedwelcher Art, die ich hier und anderswo gelesen habe, fällt mit immer einer dieser drei Aspekte auf.

    “If you end up with a boring miserable life because you listened to your mom, your dad, your teacher, your priest, or some guy on television telling you how to do your shit, then you deserve it.”
    Frank Zappa (1940-1993)

  • Reed: Aber der breiten Masse der Trommler wohl schon, von da her geht das Konzept hier im DF so nicht wirklich auf. Vorallem das Ego bestimmen wohl den Grad der Polarisation. Das ist bei Lars Ulrich so, bei Buddy Rich sicherlich auch, Portnoy, Moon, Bonham... um nur mal ein paar zu nennen, alle mit 'nem Ego mehr oder weniger groß wie ein Fußballfeld. Mayer ist dagegen eher bescheiden, obwohl auch der aufdrehen kann. Der relativiert sich dann aber gerne selber. Von da her würde ich den Guten am ehesten als den "Mönch" unter den Trommlern sehen: der Weg ist das Ziel, nicht die eigene Autogrammkarte.


    Thomas Lang. Schönes Beispiel, der kann einiges, nur sollte er m.M. nach nicht im Metal rumt(r)ollen, da gibt es andere die vielleicht nicht so viel Technik draufhaben, ihr Können aber viel interessanter einsetzen. Da finde ich z.B. Herrn Adler viel besser, nicht weil der der Techniker vorm Herrn ist (das behauptet er auch gar nicht), der hat einfach einen recht eingenen Stil drauf, auch oder gerade kompositorisch.


    Das ist vllt. das was Herrn Lang dann vielleicht dort fehlt? Beim DT-Auditorium hat er auch nicht schlecht getrommelt, war aber vom Original zu weit weg. Und ob der mittlerweile noch weiß wie man sich mit 3 Leuten hinsetzt und ein Stück spielt wenn der die letzten Jahre fast ausschließlich aus Solopfaden unterwegs war? In einer Band zu spielen muß man auch üben.


    Ansonsten steht für mich immer die Musik im Vordergrund, und die ergibt sich nicht nur durch einen Trommler sondern durch die ganze Band. Und da kann eben auch nicht jeder mit jedem (und es klingt). Beispiel: Motörhead. Ich finde Phil Taylors Spiel viel interessanter als das von Mikkey Dee. Mikkey ist technich sicherlich top, manchmal ist mir sein Getrommel aber einfach zu glatt, zu klinisch, während Taylors Spiel eher aus dem Bauch heraus kommt, roh, energiegeladen.


    Wie siehts denn mit Charlie Watts aus?

    Wehret den Anfängen: keine Macht dem Jazz!

  • So ...


    fünf Seiten und was ich für mich zusammengefasst habe: Bestimmte Drummer polarisieren


    - weil die Kritiker neidisch sind
    - weil sie technisch schlechter sind als das Gros der Profis, aber größeren Erfolg haben (als die Kritiker ihnen zubilligen wollen)
    - weil sie doofe Fratzen beim Spielen ziehen
    - weil sie Persönlichkeit haben

    ...oder eben einfach weil es heißt:"Bild Dir Deine Meinung" . Eine Meinung zu haben ist wichtig. Klar,kernig und kompromisslos - Konjunktiv is Kacke. Und das posaunt Mann (gibts da eigentlich Untersuchungen bezgl. des Verhaltens der xx-Chromosomler?) dann in die sich danach sehnende Ewigkeit des Ineternets. Immerhin...eine Meinung, Vorhang und Applaus.

    Das klingt generell anstrengend. Ich bin froh, offensichtlich mit ein paar Kellen mehr an Toleranz ausgestattet zu sein und erspare mir somit tagtäglich eine Menge negativer Emotionen.
    Für mich haben die von Dir aufgeführten Trommler (und all die anderen, üblichen Verdächtigen) zuallererst einmal meinen Respekt. Und dann suche ich mir eventuell Dinge bei jedem heraus, die ich für mich gebrauchen kann.

    Zitat

    Liegt das an seinem
    Spiel? Nö, ich schau mir diesen Menschen an und finde ihn augenblicklich
    extrem unsympathisch. Das ist nix Besonderes und geschieht jedem von
    uns Tag für Tag. Simple subjektive Voreingenommnheit.


    Wäre das wirklich bei "jedem von uns" so, wäre die Welt noch schlimmer - aber sie ist schon so schlimm genug, genau aus diesem Grund.



    Sich ob seiner weisen Worte im Weihrauch wälzend
    dr von um köln


    PS: ob Jungfrau oder nicht, hauptsache sie wissen, was sie zu sagen haben:
    http://www.youtube.com/watch?v=69mermWNac8

  • Hi Reed,

    Er ist dem geneigten Fachpublikum natürlich bekannt, aber der breiten Masse? Ich weiß nicht, ich weiß nicht...

    ich interpretiere mal: Du meinst mit Fachpublikum "interessierte Drummer" und mit breite Masse den "durchschnittlichen Musikhörer"?


    Dann ist es genau richtig, der breiten Masse ist Mayer absolut sicher nicht bekannt. Aber der Gadd auch nicht. Und der Porcaro. Und der Lang. Und der Greb. Und ...
    Nebenbei ... welcher Trommler bitte hat ernsthaft mediale Präsenz? Außer vielleicht der selige Curt Cress, der tauchte nämlich mal in einem Tchibo-Werbespot auf.
    (Himmel! Wie gern hätt ich den Spot auf DVD oder MPEG. Erst Curti im Studio bei der Arbeit und dann bei Tchibo zur Kaffeepause. Cool.)


    Die Ausgangsfrage war aber auch anders gestellt:

    Warum gehen einige Threads über Drummer immer gleich ab wie Schmidts Katze? Und immer dann, wenn
    folgende Namen auftauchen: Travis Barker, Hermann Rarebell, Thomas Lang, Lars Ulrich und weitere.

    Es geht also ums geneigte Fachpublikum und dessen Reaktion. :)



    Grüße
    Hajo K

  • Hi drumrumköln,

    Das klingt generell anstrengend.

    ach was. Antipathie gehört zum Leben wie Sympathie. Beide sind gleich "anstrengend". Ich hab's nur reichlich drastisch ausgedrückt.

    Ich bin froh, offensichtlich mit ein paar Kellen mehr an Toleranz ausgestattet zu sein und erspare mir somit tagtäglich eine Menge negativer Emotionen.
    Für mich haben die von Dir aufgeführten Trommler (und all die anderen, üblichen Verdächtigen) zuallererst einmal meinen Respekt. Und dann suche ich mir eventuell Dinge bei jedem heraus, die ich für mich gebrauchen kann.

    Erst mal freut's mich natürlich für Dich, dass Du offensichtlich erstmal alle Trommler sympathisch findest. Mit Respekt oder genauer dem Mangel daran - da hast Du mich jedoch völlig missverstanden - hat meine Haltung den genannten Trommlern gegenüber aber rein gar nichts zu tun. Mir ging es um Gefühlsregungen, Respekt läuft über Kognition. Es fällt mir überhaupt nicht schwer Buddy Rich Respekt für sein Spiel zu zollen. Ich kann ohne große Gefühlsaufwallung anerkennen, dass Mike Portnoy ein herausragender Trommler und vor allem Musiker, Songwriter und Bandgründer ist. Die Frage war, warum (u.a.) er so polarisiert. Meine Antwort heißt: Weil seine Persönlichkeit zu einer starken Identifikation, aber gleichzeitig auch starken Ablehnung einlädt. Und die läuft ganz sicher nicht über unseren Verstand.


    Ganz unangestrengte Grüße
    Hajo K


    P.S.: Die ach so böse "Voreingenommenheit" ist eine für den Menschen wichtige Fähigkeit zur Gefahreneinschätzung bzw. -abwehr. Ohne sie würde heute vermutlich niemand trommeln oder darüber diskutieren. Es kommt doch darauf an, wie man mit seinen Vorurteilen umgeht. Ob man sie als solche erkennt. Und ob man bereit ist, sie zu revidieren. Naja ... off topic.

  • Mit breitem Publikum meinte ich in der Tat die trommelnde Bevölkerung!


    Der Name Lang taucht in der Fachpresse sehr viel häufiger auf als der Name Mayer, Joey ist präsenter, Ulle auch.


    Leute fangen an zu trommeln, weil sie die letztgenannten mit ihren Bands gut finden. Wer hat angefangen zu trommeln, weil ihn Jojo Mayer so gekickt hat? Ich wüsste aus dem Stehgreif nicht einen...


    Und auch hier im DF werden genug Mitglieder rumlesen, denen der Name Mayer genauso viel sagt wie der Name "Fleischwurst Henderson"...

  • OK Reed,

    Leute fangen an zu trommeln, weil sie die letztgenannten mit ihren Bands gut finden. Wer hat angefangen zu trommeln, weil ihn Jojo Mayer so gekickt hat? Ich wüsste aus dem Stehgreif nicht einen...

    das ist ein Argument. Man müsste aber mal schauen, warum diese Jungs so bekannt geworden sind. Und da wird Charisma/Persönlichkeit wieder eine Rolle spielen. Oder?

    Und auch hier im DF werden genug Mitglieder rumlesen, denen der Name Mayer genauso viel sagt wie der Name "Fleischwurst Henderson"...

    Mist. Den Mayer kenn' ich, nur den "Fleischwurst Henderson" noch nicht. Ich geh' gleich mal googeln ... :D


    Grüße
    Hajo

  • Hi drumrumköln,

    ach was. Antipathie gehört zum Leben wie Sympathie. Beide sind gleich "anstrengend". Ich hab's nur reichlich drastisch ausgedrückt.

    Die Frage ist eben, wie sehr man in jeder Situation Menschen betreffend die man nicht einmal persönlich kennt, mit Sympathie bzw dem Gegenteil zu bedenken hat. Neutralität ist meiner Einschätzung nach da einmal zuerst angebracht. Und zwischen "auf mich wirkt der nicht besonders sympathisch" und "unmusikalisch und widerlich" mag der aufmerksame Leser dann doch in Nuancen Unterscheidungen treffen.


    Wie gesagt, ich muss für mich keine Entscheidung treffen, ob ich "Trommler" sympathisch finde oder nicht - vor allem in der Aussendarstellung dieser Tatsache ist/wäre mir der Aufwand absolut vermeidbar.


    Ohne es jetzt wissenschaftlich weiter verifizieren zu wollen, wird der Mensch üblicherweise in den verschiedenen Abteilungen wie "Emotion" und "Kognition" nicht so abgetrennt wie Du funktionieren.


    Eine Einladung zum Polarisieren ist in erster Linie eine Frage des diese Einladung Wahrnehmenden.. Ich kenne die hier besprochenen Trommler alle nur vom Hörensagen und aus Videos/CDs - das reicht mir nicht, um da umfassende und AUSSAGEKRÄFTIGE Analysen der Charaktere rauszuhauen und es drängt mich auch kein Stück in diese Richtung.

  • Dass Buddy Rich polarisiert, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Ist wohl aber ein nicht so weit verbreitetes Phänomen.


    Über Leute wie Watts, Starkey, Moon, Ulrich und Rarebell wird sich aufgeregt, weil eine Diskrepanz zwischen ihren instrumentalen Fähigkeiten und ihrem Ruhm besteht, so nach dem Motto: "Kann nix, aber sahnt trotzdem ab." Dazu zählen mit Einschränkungen auch Lang und Barker. Da lautet das Urteil dann: "Kann (oder tut) nicht das, was mir beim Trommeln als wichtig vermittelt wurde, und wird trotzdem bewundert."


    Dem zugrunde liegt eine naive, idealisierte "Kanonisierung" der Eigenschaften, die berechtigt sind, zum Ruhm zu führen. Virtuosität, am besten noch gepaart mit Bescheidenheit, ist gut; einfach nur so zu sein, wie man ist, und damit zur richtigen Zeit einen Hype bedienen, ist schlecht. Dabei wird verkannt, dass Zweiteres im Gegensatz zu Ersterem unabdingbar ist, wenn man berühmt werden will.


    Ist also jemand wie Lars Ulrich berühmt, führt er dem naiven Idealisten dessen falsches Weltbild vor Augen. Lars Ulrich ist also schuld daran, dass der Idealist nicht mehr ungestört irgendeinen Schwachsinn glauben kann - und es gibt keinen besseren Weg, den Hass eines Menschen auf sich zu ziehen.


    .

  • jojo mayer fehlt es einfach an diesem gewissen etwas, wofür man ihn hassen/lieben könnte. er labbert nicht viel mist, hat vll. zu wenig charisma, als das man sich ihm anhängen könnte bzw. hassen müsste und spielt einfach nur verdammt gut schlagzeug!

    Lies die FAQ und benutze die Suchfunktion!

  • Vor allem ist Jojo Mayer nicht berühmt. Wenn er, ohne etwas auch nur einen Deut anders zu machen als jetzt, plötzlich regelmäßig vor zigtausend Leuten spielen und einen von jedem Teenie-Zeitschriftscover angrinsen würde, träten auch umgehend die Hater auf den Plan. Dann wäre Jojo plötzlich scheiße, weil er kein Doppelpedal spielen kann, weil er nicht groovt, weil er mit seltsamem Akzent spricht, weil er total arrogant ist oder weil seine Haare doof sind.


    .

  • Hallo?! Der hat doch voll geile Haare, und geile Sandwiches! (nur um mal zu zeigen wie sinnlos die Diskussion ist)
    Meiner Meinung nach polarisiert keiner von denen. Das sind alles nur Aufreger an denen sich die Trolle, ob nun zu recht oder nicht, die Zähne ausbeissen können.
    Leute wie z.B. JoJo sollten polarisieren weil sie mal was eigenes bzw. anders machen/probieren. Da könnte man drüber diskutieren ob das nun super duper toll oder wirres Zeug ist.
    Gibt's aber leider viel zu wenig von bzw. kenn ich die nicht.
    Aber solche Nasen wie Ulle, Joey und Co. sind einfach nur Schlagzeuger wie du und ich (jahaha) die 'einfach' nur bekannt sind.

  • Daniel Erlandsson ist finde ich wirklich polarisierend. Wenn ich den bei Arch enemy Songs hör, das ist einfach krass. Nicht nur, dass er einfach technisch gut ist und schnelle füsse hat, das Drumming von ihm ist derart präzise, tight und durchdacht, einfach jedesmal wieder ein Genuss.


    Manchmal sogar so genial das ich mich gar nicht auf die Gitarren konzentrieren kann! Es klingt wirklich, als würde er immer ganz vorn auf der Bühne stehen und da abgehen.



    mfg

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!