Umgang mit Extremisten

  • Guten Morgen,


    eine Frage, die mir schon lange Bauchschmerzen macht.
    Wenn man unterwegs ist, bekommt man Kontakte, bei manchen entdeckt man dann merkwürdige Vorlieben.


    Natürlich ist alles irgendwie relativ, aber irgendwo hört die Toleranz auf, nur wo?


    Konkret:
    was mache ich mit Leuten, die komische Musik hören?
    Was mache ich mit Leuten, die komische Parteien oder Vereinigungen gut finden?


    Und wo ist die Grenze?
    Erst dann, wenn es eindeutig kriminell wird oder auch schon dann, wenn eigentlich jedem klar sein müsste, dass der Verein/die Gruppierung
    nicht auf dem Boden der Verfassung steht?


    Kann ich mit jemandem "befreundet" sein, der zwar im persönlichen Umgang als tadellos erschien, jedoch beispielsweise auf Facebook seine "Likes" bei einem Motorradclub, dessen Untervereinigungen hierzuorts verboten sind, der eine Kapelle bewirbt, die man als "berüchtigte rechtsradikale" bezeichnen darf?


    Bin ich einfach überempfindlich oder hat meine konservative Marketing-Abteilung einen scharfen Riecher?
    Wie geht Ihr damit und mit Ähnlichem (Radikal-Religionen, praktizierende Steinewerfer, Drogen und Auto etc. pp.) um?


    Grüße
    Jürgen


    PS
    Ach ja: ich bin an einer sachlichen Diskussion interessiert, daher bitte ich darum, die Emotionen in einen konstruktiven Vortrag zu kleiden.

  • Hi Jürgen,


    diese Frage habe ich mir auch schon gestellt und ich
    bin für mich zu folgender "Lösung" gekommen:


    Ich muß nicht alles gut finden, was meine Freunde
    oder Bekannte machen oder mögen. Aber es gibt eine
    Grenze, die, wenn sie überschritten wird, zu
    Diskussionen führt. In Abhängigkeit des Ausgangs
    können sich die Wege auch mal trennen, egal wie
    nett die Person sonst ist. Diese Diskussionen können
    sehr fruchtbar für mich selbst sein, denn sie fordern
    bei ernsthaftem Herangehen auch eine Überprüfung
    des eigenen Standpunktes. Und sie regen mich an
    über meine Toleranzbegriff nachzudenken. Das ist
    bisweilen recht hilfreich und erhellend.


    Frank

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Wenn du mit einem Individuum befreundet bist, musst du nicht unbedingt alles gutheissen, was er gut heisst. Bei einem guten Kontakt
    könnte man vielleicht sogar darüber reden? Wenn es fragwürdig radikale Themen sind, gibt es vielleicht eine Geschichte dahinter?
    (zb dass einer Faschist ist, weil er Angst vorm Schmusen hat :D ). Aber im Ernst - es stecken ja eigentlich immer menschliche Geschichten
    und Schicksale hinter allem.
    Wenn du hinter etwas nicht stehen kannst, oder es sogar illegal ist, kannst und sollst du dich sicherlich klar davon distanzieren.


    Bei "harmlosen" Radikalismen: Finde ich gehört auch ein gewisser Respekt vor der entsprechenden Geradlinigkeit und Hingabe des
    Betreffenden an die Sache dazu, denn das ist ja vermutlich für ihn auch nicht unbedingt der leichteste Weg.


    Dann gibt es auch noch den Geschmack jedes Menschen - schon bei der Schlagzeugwahl und dem Musikgeschmack wird ja klar, dass
    wir uns gegenseitig manchmal überhaupt nicht verstehen und nachvollziehen können. Und so ist das halt auch in andern Bereichen
    des Lebens.

  • [...]es gibt eine
    Grenze, die, wenn sie überschritten wird, zu Diskussionen führt. In Abhängigkeit des Ausgangs
    können sich die Wege auch mal trennen, egal wie nett die Person sonst ist.


    Da finde ich mich total wieder.


    Meine eigenen Erfahrungen hatte ich in meiner Jugendzeit, als mir zwei Freunde wegen Drogen quasi unter den Händen verblödet sind.
    Deren extremes Verhalten hat mir aber immerhin vor Augen geführt, dass ich diesen Weg niemals gehen würde.


    Der Umgang mit politisch oder religiös extremistischen Mitmenschen ist abhängig von der persönlichen Betroffenheit.
    Meine Tendenz geht da aber in die Richtung bewusste Abgrenzung, was aber bitte nicht mit "wegschauen" zu verwechseln ist.
    Ich meine damit, dem Betreffenden klare Ansagen zu machen, dass eine engere Bindung wie Freundschaft nicht drin ist.


    .

    Schöne Grüße - Rainer K. aus B. an der W.

    Einmal editiert, zuletzt von HOHK ()

  • Ich habe meinen Freundeskreis diesbezüglich "aufgeräumt".
    Alle aus meinem Bekanntenkreis die früher rechtsradikale oder ausländerfeindliche Meinungen haben, sind mittlerweile nicht mehr meine Bekannte.


    Problematisch ist das natürlich, wenn man sich mit Leuten sehr gut versteht. Aber ich kann mit niemandem ein inniges Verhältnis haben, der solche Meinungen vertritt. Früher oder später hat sich das bei mir in Zurückhaltung und zum Abbruch der Beziehung geführt.


    Die Grenze ziehe ich da, wo ich mich selber nicht mehr wohl fühle.
    Zudem schreibe ich Bekannte auch an, die z. B. bei Facebook sehr grenzwertige Bands oder Organisationen mögen. In der Diskussion darüber kann man sich ein besseres Bild machen. (Oft ist es ihnen ja nicht einmal bewusst, siehe Frei.Wild oder komische "Todesstrafe für Kinderschänder"-Gruppen).

    Lies die FAQ und benutze die Suchfunktion!

  • komische Musik ... komische Parteien oder Vereinigungen ... tadellos ... Untervereinigungen verboten ... "berüchtigte rechtsradikale"

    Sobald die Komik der gutgefundenen Musik und Vereinigungen Rechtsradikales betrifft, ist für mich die Tadellosigkeit im persönlichen Umgang erheblich gestört, denn die persönliche, diskussionsmäßige Auseinandersetzung mit dem Gutgefundenen ist bei mir unumgänglich. Je nach Anlass, Nähe zu der betreffenden Person und deren Auffassungsgabe fällt dieses Gespräch lang oder kurz aus. Dabei versuche ich nicht, die Person von meiner gegnerischen Position zu überzeugen, sondern sie zum Hinterfragen der eigenen zu bringen.


    Diese Diskussionen verlaufen oft ähnlich bis gleich. Es fällt immer wieder:
    "Ich bin kein Faschist, aber ..." ... "Ich habe sogar ausländische Freunde, jedoch ..." ... "Politik interessiert mich nicht, ich bin unpolitisch und wähle ja nur aus Protest" ... "Ich mag nur die Musik, die Texte sind mir egal" ... "Ich habe mit dem Dritten Reich nichts zu tun, mich nerven die Gutmenschen, die es nicht vergessen wollen" ... "In anderen Ländern sind die Leute doch genauso drauf" ...


    Vorstehendes wird ja sowohl von 15-, als auch von 50-jährigen Mitmenschen "vertreten". Ich mache dann meine abschließende Distanz verständlich, stelle eine Denkaufgabe und verlasse die Situation. Bis zu ihrer aktiven, deutlichen Distanzierung werde ich mit diesen Menschen nichts Persönliches mehr zu tun haben, bis auf gelegentliche Bemerkungen, die die Chance einer Abwendungs-Verdeutlichung geben á la "Na? Ich wollte mal nach dem Rechten sehen".


    Mit einem radikalen politischen Konflikt im Raum möchte ich nach der obigen Verdeutlichung weder gemeinsam anderes thematisieren, noch Nahrung oder Genussmittel aufnehmen, noch musizieren, noch sonstwie umgehen. Mir ist bewusst, dass Leute wandlungsfähig sind, bewundere solche, die sich den Mund fusselig engagieren, fühle mich dazu aber selbst grundsätzlich nicht in der Lage. Es würde mich ähnlich einschränken, wie der Aufwand, jedem Kindergartenkind dieser Welt beizubringen, dass man nicht mit Bauklötzen wirft. Ausnahmen könnte ich mir bei Menschen vorstellen, mit denen ich auf anderer Ebene eng verbunden bin (Familie, Familie von Freunden, etc.).
    Das betrifft Rechtsradikales.


    Ähnlichem (Radikal-Religionen, praktizierende Steinewerfer, Drogen und Auto etc. pp.)

    Wann Religionen (erst) als radikal einzustufen sind, ist ein Thema für sich. Über Religions-, Meinungs-, Rausch- und sonstige allgemeine Handlungs-Freiheit und deren Grenzen gibt es bekanntlich eine Fülle von Abhandlungen, deren verständige Lektüre einige Semester in Anspruch nehmen würde. Aber auch Nicht-Verfassungsrechtler sollten meiner Meinung nach gefühlsmäßig erkennen, ob man sich in seinem Handeln nahe einem vermeidbaren Verbotsirrtum befindet.


    Übersetzt: Jede persönliche Freiheit ist durch gegenläufige Freiheiten anderer begrenzt. Entsprechendes ist bei Auffassungsfähigkeit erlaubendem Geisteszustand im Zweifel leicht zu vermitteln. Beispiele:
    "Du siehst sicher ein, dass ich die körperliche Unversehrtheit anderer höher einschätze, als deine Drogen-und-Auto-Freiheit, daher werden wir dir lieber ein Taxi besorgen."
    "Du bist sicher einverstanden, dass ich mir meine Demonstration nicht durch deinen Stein kaputtmachen lasse, an dessen Wurf ich dich jetzt hindere."
    "Wir sind sicher einer Meinung, dass du dich bei der Nicht-Anerkennung anderer Religionen nicht auf Religionsfreiheit berufen kannst."
    Wenn ich daraufhin Gewalt erlebe, gehe ich mit dem Individuum nicht mehr um, wobei das weniger mit dem Boden der Verfassung zu tun hat, als mit persönlichen ethischen Einstellungen, die sich mit vielen Verfassungen zufällig teilweise decken.


    Das war es dann aber auch schon mit der Vergleichbarkeit bzw. von mir anerkannter "Ähnlichkeit" von Religions- oder Betäubungsmittel-inhärenten Lebensinhalten zu sich in allgemeiner Menschenverachtung ausdrückender Möchtegern-Überlegenheit Rechtsradikaler.
    Ich gestehe jedem die Entscheidung zu, mit oder ohne Drogen auf die eine oder andere Weise zu verblöden, und hoffe wohlwollend auf Gesundung, Überwindung der Gehirnwäsche oder konstruktive Richtungsänderung hilfloser Aggression. Die Entscheidung zum Rechtsradikalismus sehe ich dagegen als unmittelbare Entscheidung gegen mich an, und ich finde um so klarere Worte, diesen Umstand bewusst zu machen. Ich verachte relativierende Äußerungen wie "Das Thema gehört nicht mehr in den Schulunterricht" - zuletzt so oder ähnlich gehört von einem gewissen Oliver Pocher anlässlich einer Buchbesprechung - zutiefst. Auch die ständige Gleichstellung links- und rechtsradikaler Vorgänge Möchtegern-Mittiger ist mir zuwider.


    Sich mit neoliberaler Fun-Verdummung argumentativ herumzuschlagen, ist anstrengend genug. Beharrlichen Nazi-Ideen-Verfechtern versage ich dagegen meinen Umgang restriktiv.

    -
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  • Auch die ständige Gleichstellung links- und rechtsradikaler Vorgänge Möchtegern-Mittiger ist mir zuwider.


    Im Sinne des Versuchs der Relativierung nach dem Motto "die anderen sind doch genauso schlimm" oder generell?


    Persönlich halte ich beide Richtungen für sehr gefährlich. Erlebe just im näheren Umkreis linksradikaler Bewegungen, die mich beunruhigen.
    Ich will gar nicht groß abwägen, wer schlimmer ist. Dieses Wissen bringt mich nicht weiter. Mir reicht, zu wissen, dass ich beides in der Schublade "Schlecht" ablegen kann.

  • Zitat

    Auch die ständige Gleichstellung links- und rechtsradikaler Vorgänge Möchtegern-Mittiger ist mir zuwider.


    Auch wenn es mir das Herz bricht, weil ich Dich PBU in vielerlei Hinsicht bewundere...


    Es ändert nichts ´dran das sich maligne Narzisten beider politischer Extreme gleichwertig bedienten, in diesen aufgingen und faktisch identisch menschenverachtend mit den "anderen" umgingen. Um "nur" mal Hitler und Stalin zu nennen... die Beispiele lassen sich natürlich auch weniger monströs bis in die Gegenwart fortführen.


    Gruß von einem hoffentlich nicht! Möchtgern - sondern realen ;) Mittiger.


    Zum anderen Thema:
    Manches ist für mich auch vom Alter abhängig. Bei jungen Leuten denke ich mitunter: "nicht zu früh aufgeben". Da können nicht selten durch verschiedene Sozialisationspartner noch andere Denkansätze aufgezeigt werden oder durch deren sinngebende Fragen! im Zusammenhang mit mentaler Eigenarbeit des jungen Gegenübers mittelfristig womöglich manche Ideologie zum Einsturz gebracht werden.


    Manchmal kann! es auch besser sein sich nicht zum Oberlehrer aufzuspielen der womöglich gerade durch die altersgemäß bessere historische "Breitbandbildung" den Jüngeren doof und unterlegen aussehen läßt. Das wäre fatal, weil dann dichtgemacht wird bzw. erst recht Reaktanz beim jungen Gegenüber genährt wird (und fatalerweise genau kein! Einlassen auf die andere Sicht). Vielleicht wartet man dann besser strategisch, taktisch, "hormonell" :D auf die passende Gelegenheit beim Gegenüber.


    Auch wichtig;: es gibt (das wissen wir doch von vielen Menschen) nicht immer gradlinige Lebensverläufe. Natürlich kann man auch noch im Erwachsnenalter neue Denkprozesse in Gang bringen. Es ist meist ungleich schwerer.


    Manchmal lasse ich auch etwas unkommentiert. Weil mich vieles zu sehr aufregen würde. Es ist ein kniffliges Abwägen, weil man nicht alle Menschen denen man begegnet konstruktiv, positiv, sinngebend "beeinflussen" kann.

    Aber es gibt Dinge da geht mir Hutschnur hoch. Wenn jemand wirklich üblen Nonsens von sich gibt z.B. Parteiinhalte der Saufköpfe der dt. Folgeorganisation der NSDAP die ihm irgendein Arsch beim Bund? oder vom lokalen Kleingeisterverein? vorgesagt hat, dann folgt eine klare Richtigstellung meinerseits. Das ist aber sehr selten in meiner Erinnerung. Das reichte dann je nach Aufmerksamkeitsstatus des Gegenübers von sehr einfachen Gegen-Phrasen wie "A.H. war einer der größten Verbrecher aller Zeiten" oder noch banaler "A.H. war ein großes Arschloch" bis hin zu etwas elaborierteren ;) , inhaltvolleren Statements die etwas weiter ausholen.


    Aber wenn irgendwelcher anderer ideologisierter Bullshit genährt von Agitatoren aus den anderen Lagern kommt, kann eine ebenso deutliche! Reaktion durch mich erfolgen.


    Und natürlich gibt es Grenzen. Wenn ich irgendwo ein offizielles Faschisten-Logo, Salafisten oder PKK-Aktivisten-Logo bei einem "Facebookfreund" finden sollte, wäre er weg aus meiner Liste. Es gab mal einen Tierschützer. Der postete irgendwann ein übles XXdomie-Bild, er mag in (s)einer abstrusen Weise dabei wirklich den Schutz von Tieren im Sinn gehabt haben... aber der war binnen Sekunden aus meiner Freundes-Liste. Jeder muß eben selbst seine Schmerz- und/oder Toleranzgrenze definieren.


    Jetzt bekomme ich die Kurve. Ich mag persönlich viele "....isten" nicht!
    Wenn es ganz wild wird denke ich blutdrucksenkend und selbstregulativ an Nudisten und muß schmunzeln. Denn gegen die habe ich nichts! Garnichts.

  • Hallo und ``guten Morgen´´ zusammen,


    gestattet mir als Neuling bitte eine kurze Wortmeldung zu diesem wichtigen Alltagsthema.


    Wahrscheinlich liegt hier der Schlüssel

    Zitat:
    Jeder muß eben selbst seine Schmerz- und/oder Toleranzgrenze definieren

    Habe selbst die Erfahrung (Bj.1963) gemacht, daß man extremen Einstellungen mit konkreten Grenzen sehr gut beikommt.
    Die kann man durchaus sehr freundlich setzen, aber eben definiert. Distanz entsteht dann sehr schnell, beiderseitig und konsequent.
    Gute Nacht


  • Es ändert nichts ´dran das sich maligne Narzisten beider politischer Extreme gleichwertig bedienten, in diesen aufgingen und faktisch identisch menschenverachtend mit den "anderen" umgingen. Um "nur" mal Hitler und Stalin zu nennen... die Beispiele lassen sich natürlich auch weniger monströs bis in die Gegenwart fortführen.


    Ah, das bezweifle ich nicht, Gerald, gut, dass du's aufwirfst. Was ich meine: Ich möchte nicht anlässlich jeder kritischen Aufarbeitung von Rechtsextremismus etwas von Linksextremismus hören. Wenn jüngst über "NSU" diskutiert wird, und das dann von den nicht-ganz-so-extrem-volkstümlich-Rechten deutlichst zum Thema "Rechts- UND LINKSextreme" gemacht wird (achte mal drauf), frage ich mich halt immer "Wer soll damit erreicht werden?".


    Und selbstverständlich pflichte ich dir bei, dass das Alter eine große Rolle spielt. Die Frage war nach dem "Umgang", nach dem "Befreundet sein". Davon ausgehend, dass ich grundsätzlich (d.h. mit Ausnahmen) Umgang und Freundschaft mit in etwa Ähnlich-Alterigen oder zumindest in etwa Ähnlich-Reifen pflege, geht mein beschriebener Umgang mehr von einer Situation auf Augenhöhe aus, als von einem pädagogischen Auftrag.


    Dazu kommt, zu welchem Anlass man umgeht. Z.B. hat man bei einer beruflichen Auseinandersetzung mit Betroffenen die Möglichkeit, sehr viel differenzierter auf das Thema einzugehen. Es wurden ja schon die "Hintergründe" angesprochen, die es zweifellos immer gibt. Kein Zweifel, dass die im professionellen Umgang auftragsgemäß deutlicher beleuchtet werden können, als in einer Situation, in der ich z.B. entscheide, ob ich mit demjenigen in einer Band spielen will.


    Wenn beides zusammen kommt, jugendliches Gegenüber und beruflicher Umgang (soll es ja geben), wäre es natürlich fatal, oberlehrerhaft abzublocken.
    In meinem privaten Kreis nach Feierabend habe ich aber weniger Geduld beim Aufarbeiten persönlicher Totalausfälle. Das Aufarbeitungserfordernis an sich will ich damit nicht in Frage stellen, wie gesagt, Hochachtung vor jedem, der sich z.B. in Aussteigerprogrammen engagiert, von denen es viel zu wenige gibt. Aber auch da wird die Frage auftauchen, wie viel "Gutmenschigkeits-Vorwürfe" der Mensch so aushält, und ob er sich ohne kollegiale oder Supervisions-Unterstützung da herantrauen möchte.


    Ich gehe privat auf Augenhöhe damit so um, dass ich klar Stellung beziehe, dass bestimmtes Gedankengut in meinem Umfeld keinen Platz hat, und ich nicht darüber hinwegsehe wie über Geschmacksfragen ect. (hier auch bereits gefallen).

    -
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  • Ich bin in vielen Dingen ein sehr liberaler Typ (das bezieht sich nicht notwendigerweise auf meine politische Einstellung), und grundsätzlich bin ich ein großer Freund davon, dass jeder sein Leben so leben können soll, wie es ihm passt. Ich nehme mir allerdings die Freiheit, manche Vorgehensweisen in meinem Umfeld mit Nulltoleranz zu behandeln, vorzugsweise, wenn jemand mit seinen Einstellungen und Verhaltensweisen andere (nicht mal unbedingt mich selber) entweder drangsaliert, missioniert oder auf irgendeine Weise körperlich, seelisch oder wie auch immer zu schädigen versucht. Da bin ich ziemlich pingelig, Leute mit solchen Verhaltensweisen verbanne ich in der Regel schnell und konsequent aus meinem Funkkreis oder lasse sie erst gar nicht rein. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, teile ich den betreffenden Personen auch mit, warum ich das mache. Diese Toleranzschwellen hat ja jeder, sie sind bei jedem unterschiedlich ausgeprägt (ich bin zum Beispiel überhaupt nicht lärmempfindlich, was andere wiederum wahnsinnig macht).


    Gar nix anfangen kann ich mit religiösem Extremismus und Fanatismus in jedweder Form, da habe ich ein konfessionsübergreifendes Akzeptanzproblem. Ich habe da auch keinen Bock, mich für mein Andersdenken zu rechtfertigen oder die Hintergründe für deren Denkweise kennezulernen, um Leute, die so ticken, mache ich einfach einen Bogen. Jeder kann glauben, an was oder wen er will, aber er soll das mit sich ausmachen.


    Das gleiche gilt für das Gesocks, das aus politischen, rassistischen oder sonstwie gearteten Motivationen bestimmte Menschen und Menschengruppen argwöhnisch beäugt und ihnen das Existenzrecht in diesem unseren Lande oder generell auf der Erde abspricht. Ich werde mit solchen Zipfelgesichtern keine Musik machen, in keiner Mannschaft spielen und will die auch sonst nicht um mich haben. Ich will auch nicht mit denen über ihre kruden Ansichten diskutieren, deswegen finden die für mich nicht statt.


    Aber auch Leute, die sich bestimmte Verhaltensmuster angewöhnt haben und nun meinen, jeden von diesem Muster überzeugen zu müssen oder einem ständig nicht gewünschte Ratschläge zu erteilen, halte ich aus meinem Umfeld recht konsequent fern. Militante Nichtraucher, die früher 50 Kippen am Tag geplotzt haben und sich jetzt ereifern, wenn ich mir unter freiem Himmel in ihrer Nähe meinen Impel anzünde, können mich mal! Genauso Leute, die mir auf Partys mitteilen müssen, dass sie den Eindruck hätten, dass ich schon ganz schön einen in der Fichte hätte. Na und? Solange ich damit niemanden nachhaltig schädige oder untolerierbar beeinträchtige, erwarte ich, dass man mich mein Ding machen läßt. Wer das nicht kann oder will, mit dem muß ich nix zu tun haben.


    Jede(r), der in dieses einfache Raster passt, ist jemand, mit dem ich potenziell was zu tun haben können wollte. Da spielen musikalische oder sexuelle Präferenzen genausowenig eine Rolle wie Herkunft, Hautfarbe oder Aussehen.

    667 - The Neighbour Of The Beast!!

  • Die lieben Freundschaften des Fratzenbuchs
    Eben die Problematik des Jürgen K. lässt mich, was "Freundenschaften" anbelangt, vorsichtig sein. Klar, so eine "Freundschaft" kann auch wieder gelöscht werden, zum Glück. Das würde ich ohne Zögern machen, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind. Toleranz ist eine Sache, aber warum soll ich tolerant gegen nachweisliche Intoleranz sein?
    Ich finde es gut, dass hier noch ein paar Kollegen unterwegs sind, die sich über so etwas Gedanken machen und nicht einfach dumpf vor sich hin wegetieren. :thumbup:

    Wer leichter glaubt, wird schwerer klug!

  • Auch die ständige Gleichstellung links- und rechtsradikaler Vorgänge Möchtegern-Mittiger ist mir zuwider.


    Sich mit neoliberaler Fun-Verdummung argumentativ herumzuschlagen, ist anstrengend genug. Beharrlichen Nazi-Ideen-Verfechtern versage ich dagegen meinen Umgang restriktiv.


    Die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels sind weder eine Geheimwissenschaft noch ein Aufruf zu hemmungsloser Gewalt gegenüber Andersdenkenen, wie sie von z.B. Stalin ausgeübt wurde.
    Ja, es steht dort sinngemäß, dass sich der Kapitalismus die eigenen Totengräber schafft.


    Das Buch "Mein Kampf" dagegen hetzte schon lange vor der Machtübertragung gegen gewisse Bevölkerungsschichten wie Juden, Linke, Homosexuelle, Christen, ...


    Mit beiden Büchern und Ideen wird sich doch (schon lange) nicht (mehr) in der Schule kritisch auseinander gesetzt. Analyse, Diskussion und konstruktive Kritik (wenn möglich), werden allenfalls in bestimmten Fächern rudimentär und unter Lernzielvorgabe geführt.
    Viele haben die Fakten der russischen Revolution oder des Holocaust mehr oder weniger parat, auswendig reingeschaufelt. Die Systematik dahinter bleibt Ihnen verborgen. Und dann stehen sie plötzlich Fassungslos vor den Gewalttaten des NSU, erdreisten sich, diese mit den Verbrechen der RAF zu vergleichen
    Mit solchen Leuten besteht dann auch keine Basis für ein Gespräch, falls beiderseits überhaupt gewünscht. Da kann man sich nur noch von (verbrecherischen) Handlungen, Äußerungen und letztlich der Person distanzieren.


    Einer Idee/Sache an die Wurzel zu gehen, ist in unserer marktkonformen Demokratie schon radikal.


    Max Horkheimer: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“,


    Ich mache in meinem Umfeld von meinem Klassenstandpunkt keinen Hehl, binde es aber keinem missionarisch auf die Nase. Ich kann mit guten Freunden diskutieren, dann nehmen wir uns die Zeit, und können auch mit unterschiedlichen Standpunkten klarkommen.
    Eine Arbeitskollegin wollte mir was von Frei.Wild zum anhören geben, ich konnte das ohne allzu tief zu gehen, ablehnen. Wir arbeiten nach wie vor gut zusammen. Bei faschistoiden, rassistischen Äusserungen, .. Ihrerseits, wäre das etwas anderes

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