Mal was Grundsätzliches.
In
größeren zeitlichen Abständen verirre ich mich aus
unterschiedlichen Gründen in diese Foren und bin regelmäßig über
die verschiedensten Beiträge entsetzt. Aber ich schüttele oft nur
den Kopf und entferne mich dann wieder. Heute möchte ich mich aber
dennoch mal äußern. Und es wird sicher auch bei diesem einem Mal
bleiben. Vielleicht rückt es aber einige etwas – wie soll ich
sagen – komische Ansichten hier mal zurecht.
In
der Regel kommt es mir so vor, als ob die meisten der hier
selbsternannten Experten noch nie eine Bühne von oben gesehen haben.
Geschweige denn in einer Band Musik machen.
Ich
trommle seit meinem 6ten Lebensjahr. Heute bin ich 56 Jahre alt. In
meinem langen Musikerleben (auch mit anderen Instrumenten) habe ich
fast alles durch. Open-Air, Club-Gigs, Jazz-Clubs, Konzerthallen,
Kirchen, usw. bis etwa 3500 Zuhörer. Hin und wieder werde ich auch
als „Ersatz“-Drummer angefordert und es bleiben oft nur wenige
Tage um sich einzuarbeiten. Vielleicht sieht man aber dann einige
Dinge einfach anders.
Zu
meinem Equipment gehört ein Rock-Set (Tama), ein Jazz-Set (Gretsch)
und seit 2013!! – ACHTUNG – ein Roland TD-15 (ergänzt um ein
zusätzliches Tom, ein Crash und eine Drum-Tec Snare und Kick-Drum).
Congas, Bongos und die üblichen Kleinigkeiten. ALLES wird LIVE
eingesetzt. Und das war beim TD-15 noch nicht einmal geplant.
Womit
wir auch beim Thema (TD-25) dieses Forums wären. Einige werden bzgl.
LIVE jetzt fürchterlich die Nase rümpfen. Aber denen kann man nur
sagen: Ihr habt wahrscheinlich wenig Ahnung vom LIVE-LEBEN. Und seid
sicher, fast kein Zuhörer wird den Unterschied hören. Im Gegenteil.
Aber dazu später. Sehen wird er den Unterschied schon, wenn's
interessiert. Meistens ist aber auch das egal, wenn gute Musik und
ein guter Sound dabei raus kommt.
Je
nach Einsatz nehme ich das passende Set. Das E-Drum mittlerweile
insbesondere sehr gerne bei schwierigen akustischen Verhältnissen. Kirchen,
kleinere Hallen etc. und z.B. Musicals bei denen immer die
unterschiedlichsten Musikrichtungen bedient werden müssen. Wie schön
ist es, per Knopfdruck den Beckensatz zu ändern, ein Jazz-Set zu
haben, oder afrikanische Percussion abzurufen, oder schnell einen
knalligen Elektro-Sound zu spielen. (Bei der Musik zu Lion-King wurde
übrigens schon in den frühen 90ern ein Roland E-Drum eingesetzt.
Aber das haben sicher alle "Experten" längst rausgehört.)
Warum
aber das TD-15 und nicht wenigstens das TD-30? Kann ich beantworten.
Grund
1: Platz und Zeit.
Das
Set muss vernünftig in einen Kombi oder großen PKW passen, trotzdem
aber professionell verstaut und gut zu tragen sein. Roadies sind in
diesem Segment eher selten. Für Aufbau und den Soundcheck kann
ebenfalls nicht sooo viel Zeit eingeplant werden. (Hallenmiete ist
teuer.) Also hilft das Multicore des TD-15 schon viel. Es muss nicht
in Hektik noch alles (richtig) verkabelt werden. (Ein weiterer Grund
für das neue TD-25. Danke Roland.) Ein Notebook für VST dazu noch
einzubinden mit der ewigen Gefahr, dass es doch mal abstürzt? (Und
mit IT kenne ich mich wirklich aus.) Nein Danke! Drummer sehe ich
gerne auch als „Dienstleister“ und dann muss alles einfach
funktionieren. Die Sounds des TD-15 gefielen mir nicht wesentlich
schlechter, als die des TD-30. Und die Hi-Hat (VH12 oder 13) war mir
vom Grundgeräusch her zu laut. Gut, Positional-Sensing wäre toll,
wird aber im normalen Live-Betrieb - wenn überhaupt - nur von
wirklichen Experten wahrgenommen. (Im TD-25 jetzt umgesetzt. Danke
Roland.) Wenn es so sensibel wird, nutze ich eh mein Gretsch
Jazz-Set. Ein schlecht gestimmtes akustisches Set mit grottigem
Beckensatz ist mit Sicherheit schlimmer. Die Mitmusiker sind manchmal
vom E-Drum nicht so begeistert, weil Ihnen etwas das Feedback auf der
Bühne fehlt. Aber nur, wenn das Monitoring nicht stimmt.
Grund
2:
Tontechniker
(ja auch welche mit Tonstudioerfahrung) lieben das E-Drum sehr.
Insbesondere bei schwierigen akustischen Verhältnissen. Hat man
einmal die verschiedenen Pads von der Lautstärke her gut und
grundsätzlich aufeinander abgestimmt, heißt es 2 Kabel in das
Soundmodul und vom Mixer nur noch die Gesamtlautstärke, Hall und
Klang (Höhen-Mitten-Bässe) regeln. Soundcheck ruckzuck erledigt. In
Zukunft höre ich mir das mit dem TD-25 sogar selber an. Ich spiele
mein Soundcheck-File einmal auf und rufe es an Ort und Stelle ab,
stelle mich in den Raum und lausche. Evtl. sogar mit der
Bandbegleitung. Das ging bedingt auch schon mit dem TD-15. Leider
konnte man es nicht einfach abspeichern. (TD-25 jetzt möglich. Danke
Roland.) Ich hoffe, die „Experten“ hier wissen, wie aufwendig
und teuer die Mikrofonierung eines akustischen Sets ist. Es gibt
Bücher darüber. Wie ist es oft in der Praxis? Ein Mikro an die
Snare und eins an die Kick-Drum, Overhead-Mikros für die Becken und
„den Rest“. Fertig. Oder eben nicht. Die Toms hören sich für
den Drummer super an. Kunststück er sitzt davor. Aber 10m oder 20m
weiter kommt kein Sound mehr an. Die Overheads schaffen das natürlich
nicht in der gewünschten Klangfülle. Da kannst Du „positional
sensen“ wie Du willst.
Über
die grundsätzliche Debatte E-Drum vs. akustisches Set kann ich auch
nur lächeln. Trotz meines Alters finde ich das E-Set auch einfach
zum üben genial. Egal um welche Uhrzeit. Wenn mir danach ist, mir
eine Idee oder ein Lied unterkommt oder die Absprachen der letzten
Proben noch zu Papier müssen, ich setzt mich hin und los geht’s.
Toll. Mir macht es immer mehr Spaß. Aber natürlich auch - nach wie
vor - die anderen Sets. Es kommt halt drauf an.
Kein
Mensch käme auf die Idee eine akustische Violine mit einer
elektronischen zu vergleichen. Oder einen E-Bass mit einem
Kontrabass, oder eine nylonbesaitete Konzertgitarre mit einer
E-Gitarre. Was wäre die heutige Musik ohne E-Piano, Keybord,
Syntesizer oder Fender Rhodes. Alle können die akustischen
Originale bis zu einem gewissen Grad abbilden. Sicher aber nie
komplett. (Wir mussten früher mangels leichter E-Pianos, Klaviere
zum Gig schleppen.) So what. Ihr seid Musiker. Nutzt das, was da ist
möglichst optimal und habt Spass daran. Das ist das Wichtigste.
Wohlgemerkt
ich spreche von Live-Auftritten im amateur- und/oder
semiprofessionellen Bereich. Im Studio oder bei großen
Konzerttourneen kann man einen ganz anderen Aufwand betreiben.
Wobei,
ich erinnere mich noch an ein Studio-Erlebnis in den frühen 80er
Jahren. Es ging um eine LP-Produktion. Ich war mit dem Produzenten
dort aber der Schlagzeuger war nicht absolut „in-time“. Da wurde
kurzerhand ein Experte für Drum-Synthesizer „eingeflogen“,
der den ganzen Tag die meisten Drumsspuren dann mit seinem Computer
generiert hat. (Nein, war keine Neue-Deutsche-Welle-Produktion
sondern Rock, Pop und Balladen.) Ich bin sicher nur wenige der Käufer
haben das mitbekommen oder sich daran gestört. Wir als Schlagzeuger
sind da natürlich etwas geübter.
Noch
ein Wort zu den Anfängern. Das ausschließliche Lernen und üben auf
einem E-Drum halte ich NICHT für optimal. Der spätere Umstieg wird
Euch - glaube ich- das Fürchten lehren. Denn dann habt Ihr die
Soundgestaltung buchstäblich in der Hand. Und wie man ein Becken
oder eine Trommel richtig zum Klingen bringt, das lernt man nur auf
dem akustischen Set. (Am besten sogar mindestens ein halbes bis ein
Jahr nur mit der Snare Drum.)
Nicht,
das jetzt einige denken, ich wäre ein besonderer Roland-Fan. Nein
mitnichten. Aber ich brauche ein Produkt das langlebig und besonders
zuverlässig ist. Die Preispolitik kann man kritisieren aber dafür
sind auch gebrauchte Sets oder Komponenten noch gut zu verkaufen.
Dieser
Beitrag spiegelt meine Meinung wider. Nicht mehr und nicht weniger.
Und vielleicht habe ich ja auch gar keine Ahnung von alledem.
Keep
on drumming
Greet with
Sammy-Three