Übungen zur Musikalität?

  • Liebe Freunde und Kollegen,
    in letzter Zeit las ich öfter, dass ein Mangel an Workshops und Masterclasses zum Thema "Musikalisch am Drumset spielen" herrscht.
    Für meine Masterclass Tour im Winter und Frühjahr 2016 konzipiere ich deshalb jetzt auch einen Workshop zur Musikalität. Nun würde ich gerne von euch zwei Dinge wissen:
    1. Was für Übungen haben sich bei euch oder auch euren Schülern bewährt, um musikalischer zu spielen. Am Drumset, aber auch außerhalb davon.
    2. Was genau würde euch interessieren, wenn ihr einen Workshop mit diesem Thema (be)sucht? (Groove, Mikrotiming, Fill-Ins, Melodien, Songwriting etc.?)
    Ich bin sehr gespannt auf euer Feedback!

  • 1. die beste übung war für mich einfach nur ein playalong eines möglichst unbekannten titels zu bekommen und sich selbst einen groove und sämtliche ausschmückungen (wie fills) auszudenken. die vorgabe dabei war, sich mehrere grooves zu überlegen. daran hab ich schnell gemerkt, welcher groove mit den anderen instrumenten zusammenarbeitet, also songdienlich ist, und welcher nicht.
    am meisten spaß hats gemacht, wenn ich 2 oder 3 grooves gefunden habe, die an sich unterschiedlicher nicht sein könnten, und dann dennoch zur musik gepasst haben... wenn man zum beispiel in verschiedenen zählzeiten spielt bzw. einfach anders unterteilt.


    2. mich würde interessieren, wie verschiedene leute zu ein und demselben (unbekannten) playalong spielen würden. sagen wir man gibt den leuten ein paar minuten zeit sich in eine kurze passage einzuhören und dann die aufgabe, einen groove (oder fills oder...) zu spielen. wenn man das dann noch aufnehmen und demjenigen zeigen / vielleicht mit einem original oder anderen leuten vergleichen würde, könnte man für sich selbst schlüsse ziehen (habe ich zu viel gespielt? war das songdienlich? habe ich richtig auf die melodie / anderen instrumente gehört?)


    wäre meiner meinung nach das interessanteste, das man machen könnte. :) ich denke viele hören bei musik nicht mehr richtig hin bzw. haben sich und ihr können (oder den willen, dieses zu präsentieren) im sinn und vergessen dabei, dass man in einer gruppe zusammen etwas rüberbringen möchte.

    Einmal editiert, zuletzt von Xeemy ()

  • Ich würde den Aufbau von musikalischen Strukturen vermitteln, die verstehe ich als Grundlage von musikalischem Trommeln.
    Mal Takte zählen, Songs auf einem Zeitstrahl grafisch darstellen, Tonart-, Stimmungs- und sonstige Wechsel erkennen/antizipieren und an den "richtigen" Stellen mitwechseln, variieren, akzentuieren oder sich in Zurückhaltung üben, zum Beispiel.


    Das ist zwar eher für trainees als für masters, aber den Ausdruck nehm' ich mal nicht so ernst, oder?

    -
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  • Von Benny Greb hab ich den Tipp Songs mehrmals zu hören und jedes mal auf ein anderes Instrument zu hören. Und auch mal zu hören ob es was gibt was einem bislang gar nicht aufgefallen ist. Nicht direkt eine Trommelübung, aber es hilft einem zu begreifen wie Musik so funktioniert.

    (19:45:39) _kaotical_: ich wollte schon immermal in irgendwessen signatur
    (01:13:44) seppel: unglücklich sein hat eine ganz besondere qualität. hält länger an als glücklich sein. das muss man auch mal positiv sehen.
    (21:32:33) Drummingguitaris: gube, hast du brüste? wenn ja, hoffe ich dass du ein mann bist

  • Da ich von der Musikttheorie eher nicht so den Plan habe, gehe ich da den Weg:


    Ich bin 1. eh der Meinung, dass es keine objektive Meinung gibt, was gut klingt, und was nicht... (Nicht falsch verstehen, es gibt natürlich Sachen, die einfach nicht passen und die dann auch keiner gut findet...)


    2. ist natürlich ganz klar, dass man natürlich viel Musik hören sollte... was man ja vermutlich eh tut, wenn man ein Instrument erlernt und spielt...


    3. Denke ich, wird es so sein... wenn man 2. intensiv auslebt, sich Gedanken macht, was da passiert... Sich rauspickt, was einem gefällt, dann entwickelt man vermutlich aus all diesen Zutaten, die man sich eben von anderen raushört, das Bild der eigenen Musikalität...


    ICH würde zusammenfassend sagen:


    - Betrachte die Trommlerei nicht als Sport und verstehe, dass ein Song nicht besser wird, je schwärzer das Notenblatt wird...


    - Wiederum nur von mir ausgehend kann ich sagen, wenn ich Songs gut genug kenne, dann merkt man an manchen Stellen mit der Zeit, "Das könnte vielleicht was anderes vertragen" oder: "Gänsehaut... DAS muss genau DORT hin..." In beiden Fällen einfach dem Gefühl folgen und eben was anderes probieren bzw. das, was sich perfekt anfühlt einfach so zu lassen...



    Von Michelchen angesprochen, Stichwort "Benny Greb"... Ich habe seine jüngste DVD zuletzt mal gekuckt... Ich denke, die paßt thematisch recht gut hier in den Thread... Da geht´s um Musikalität und auch diverse "Werkzeuge", um Musikalität zu kreieren werden da behandelt...



    Zur Frage, wie das nem Schüler vermitteln... Puh... ich glaub so nach nem "Rezept" lässt sich das kaum erklären...


    1. Spiel, was Du zum Song passend findest.. (incl. dem Hinweis, schon drauf zu achten, was der Rest der Band macht)


    2. Welchen Charakter willste dem Song geben? (Laid back, on top, in front... dynamisch oder gewollt straff uswusf)


    Wiederhole 1. und 2. solange, bis der Song "paßt"...


    Mal, so lax ausgedrückt...

    Wer beim Üben gut klingt, wird nicht besser. - Sinngemäß nach Jojo Mayer



    Meine Spielsachen

  • Hi Andi,
    mir hat Porcaro mal mit einer kurzen Sequenz die Augen für musikalisches Drumming geöffnet: Nämlich mit der Frage, wieviel Trommelspiel überhaupt für einen Song nötig ist? Manchmal ist die musikalisches Antwort des Drummers nämlich: gar keines. Ich stelle mir also Übungen spannend vor, die ermuntern, viel wegzulassen. Mal auszuprobieren, ob der Song wirklich eine Bass Drum braucht etc.


    Viel Erfolg bei der Masterclass Tour wünscht
    Hajo K

  • Bin da bei pbu und xeemy.
    Mir hat es sehr viel gebracht, zu wisen, wann ein Wechsel kommt. An welcher Stelle muss/sollte ich was verändern, wo eher nicht.


    Ich finde diese "Groove-dvds" von Tommy Igoe gut. Es wird von ihm der "Grund-Groove" vorgeschlagen dann Variationen davon. Dadurch wird das Lied immer anders. Auch diese Idee, dass alle Playalongs ohne Metronom sind ist interessant. Weil man "fühlen" soll, wo es groovt... oder so.


    Klar, das sind Grundlagen, aber es wurde ja nach Lerneffekten bei Schülern gefragt ;)

    Es gibt so viel gute Musik auf der Welt.. ..da muss ich doch nicht Musik hören, die "gar nicht so schlecht" ist. - Hennes M. aus C


    Ich

  • Da ist ja vieles Gutes bereits genannt worden. Ich finde es auch immer ganz hilfreich, die verschiedenen Instrumente einer Band sich mal genau anzuhören, notfalls mal ausgekoppelt, und dann herauszufinden, warum etwas so und nicht anders von z.B. dem Gitarristen gespielt wurde. Was will er ausdrücken? Sich in die Rolle der anderen Musiker zu versetzen, hilft manchmal enorm, um neue Blickwinkel zu gewinnen. Wenn ich die einzelnen Instrumente besser studiert/verstanden habe, kann ich zum Gesamtkonstrukt mit meinem Spiel auch eher zuträglich spielen.


    Aber: Auch der Hintergrund eines Songs ist wichtig, um ihn zu verstehen und passend umzusetzen. Mal ein konkretes Beispiel. Wenn Otis Redding sein "Respect" singt, dann in einem bestimmten historischen Kontext mit einer klaren Rollenverteilung: Der Schwarze Mann wünscht sich Respekt und Anerkennung von seiner Frau, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, aus einer harten Arbeiterwelt, wenn er für das Überleben der Familie alles gegeben hat. Wir schreiben 1965. Da ist innere Zerissenheit, Leiden, Sehnsucht das Thema. Das muss im Drumming mit getragen werden.


    Spulen wir zwei Jahre vor: 1967 singt Aretha Franklin den Song. Eine Frau, die "Respect" verlangt? Das ganze bekommt eine ganz andere Botschaft, eine andere Stimmung, es wird zum Protestsong einer Schwarzen Frau gegenüber Rassismus und Macho-Gehabe. So etwas muss ganz anders auf Drums gespielt werden, um die Botschaft prägnant rüberzubringen.


    Und dabei stellt sich natürlich die Frage: Wieviel Schlagzeug (Gitarre/Bass/Ukulele/Maultrommel/...) braucht ein Lied dafür, wieviel ist Ballast, bzw. dem Stück abträglich? Wann und wodurch wird die Harmonie/das Gleichgewicht der Instrumente in einem Lied zerstört?


    Nur mal so als Denkansätze.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Mich irritiert die Frage irgendwie. Wenn ich dieses Thema auf einer Masterclass breittreten will,
    dann sollte ich meinen eigenen Weg bereits gefunden haben, und der ist unabhängig von dem, was
    andere empfinden, Erfahrungen gemacht haben oder wie auch immer. Du willst doch DEINE Vorstellungen davon unter die
    Trommler bringen und nicht unsere...
    Denk mal drüber nach.


    Lieben Gruß
    Drummerl

  • Da Musik wahrscheinlich die sinnlichste Sache ist, wo gibt, sollte man sich eine Person( alias Begleiter, oder gar Band) suchen, die man auch anschreien darf.
    Metronome, Playalongs, oder Meisterklassen können einfach nicht mit den Augen sprechen...

    Ich bin nicht intolerant, ich hasse jeden!

  • Hallo Andi,


    ich denke neben der reinen Spieltechnik muss man Musik auch fühlen können, also ein Gespür dafür haben, was als nächstes kommt, und wie alles zusammenpasst (gerade vorher, jetzt, gleich). Spielt man nicht nur Solo, kommt es auf die Musik als Ganzes an, d.h. unpassende Dominanz stört da eher, und fehlende Dominanz kann's ganz schön flau machen.


    Als Beispiel: als ich ca. 3 Monate Edrums-for-fun spielte, brachte mein Sohn ein Stück mit: Gitarre, Gesang, Cajon. Sehr erfahrene Musiker, alles geradeaus, mit viel Dynamik und Gefühl im Stück. Hab's 'mal zum Spaß begleitet und später aufgenommen. Auch jetzt, längere Zeit danach, finde ich, dass ich es kaum besser hätte begleiten können (wann sich zurückhalten, wann etwas aufnehmen, wie instrumentieren, wann "führen", wann wieder schweigen, wann "den Vorhang lupfen" usw.) ... Spieltechnik kann man daneben natürlich immer noch weiter verbessern ; -)


    Wäre ich Teil dieser Mini-Band gewesen, wären weitere Dinge dazugekommen: wie aufeinander hören und eingehen, wie sich ergänzen, wie welche Wirkung erzielen, wann welche Stimmungen hervorrufen, wie mit Noten den Text unterstreichen oder kontrastieren usw.


    Zu Deinen Fragen:
    1. Vielleicht könntest Du ähnliche Übungen daraus formulieren?
    2. Mir macht diese Art zu Spielen Spaß .... auf einem Workshop spräche mich das natürlich an ; -)


    Austauschrunden dazu würden für mich die Sache abrunden: dabei könnte es um bekannte Stücke gehen, um Versuche auf dem Workshop usw. Wer machete wann was, warum, wie wirkte das, was bewirken und wie verändern Alternativen, wie spielt man dasselbe Stück langweilig, aufpeitschend, herzzerreißend usw.


    Grüße, Michael

    "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Wird Kurt Lewin zugeschrieben) // Was schlechte Theorien unbrauchbar macht ... //

  • Die beste Übung ist in meinen Augen immer noch das Spiel in der Gruppe (egal welcher Stil und welche Besetzung).
    Da lernt man am Besten was geht und was nicht. Es kommt nämlich auch auf das Zwischenmenschliche an. Das fließt auch sehr stark in das Spiel ein.


    Ich möchte meine Zeit in der Blaskapelle nicht missen und finde, dass man da nicht nur musikalisches lernt, sondern auch menschlich weiter kommt.


    Für dich, Andi:
    Playalongs der Live-Begleitung mit viel Gestaltungsspielraum halte ich für sinnvoll.
    Ganz wichtig: Danach ein konstruktives Gespräch in der Gruppe (Betonung auf "konstruktiv"). So ist der "aha-" oder lerneffekt am Besten.
    Viele Wege führen zum Ziel, das schwierigste dabei ist möglichst viele Wege zu finden.


    -----------------------------


    Nachtrag:
    Als Übung für "außerhalb" ... Bodypercussion


    Die Gruppe spielt (leise) einen einheitlichen Rhythmus, und reihum hat jeder 2 Takte oder so Zeit für einen Fill. Jeder kommt dran,
    jeder darf probieren, keiner wird ausgelacht. Beispiel: 8 Takte Rhythmus, zum reinkommen. Der Erste fängt an mit 2 Takten fill, dann wieder
    2 Takte nur Rhythmus. Dann der Zweite mit Fill, anschließend Rhythmus und so weiter, bis alle dran waren.

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