Rock-Musik im Orchester-Kontext und die Rolle des Drumsets

  • Ich hatte am Wochenende eine Diskussion mit unserem Dirigenten im Akkordeonorchester: Er meinte, ich neige öfter dazu, zu laut zu werden, und dass man lernen könne, leise zu spielen - Jazzer würden das lernen. Eine sinngemäß so oft gehörte Aussage und er hat auch nicht Unrecht, doch wie immer gibt es ein dickes Aber.


    Der Fall am Wochenende war auch der Situation geschuldet, dass wir in einem mittelgroßen Raum gespielt haben, in dem es akustisch bedingt war, dass die Akkordeons viel lauter wirkten als sonst. Ich hinten an der Bühnenwand kam mir plötzlich vor wie im 50 Mann Blasorchester, wo du denkst, dein Schlagzeug säuft dir ab. Dementsprechend langst du etwas zu - wohl bedacht, dass das immer noch zu laut sein könnte. Dennoch haben wir das Thema auch in anderen Locations - im Freien eher nicht.


    Ein Akkordeonorchester ist nun mal kein Blasorchester bei gleicher Zahl Musiker. Dennoch bin ich allmählich der Meinung, dass es im Orchesterkontext eine andere Definition von Rock-Drums zu geben scheint, was ich bis in den professionellen Bereich beobachte, wenn es nicht gerade ein voll verstärktes Rock-Symphonic-Orchester ist: Wird ein Rock-Stück gespielt, dann sind die Drumbeats flach und ohne innere Dynamik, weil sie alle jedes Teil am Set auf der untersten Dynamikstufe spielen. Da kann doch gar kein Rock-Drive mit Bumm-Tschaaak entstehen.

    Und ich bin mir hier einfach nicht sicher, ob ich mir das zu schön rede, oder ob das die Vorstellung von Rock bei musikalischen Leitern ist, die Jazzer oder Klassiker sind.


    Ich will keine Legitimation zum Reindreschen, das tue ich ganz sicher nicht. Aber ich kann eben keinen Rockbeat aus den Unterarmen spielen, nur weil ein lockerer Schlag aus dem Handgelenk unter Nutzung des Rebound schon "zu laut" ist. Wie steht ihr dazu?

    Four on the floor sind zwei zu viel.

    SONOR Vintage Series: 20", 22" BD; 14" Snare-Drum; 10", 12", 13" TT; 14", 16" FT

    PAISTE 2002, 2002 Big Beat, 602 Modern Essentials, PstX

    Next Gigs: 11.10.25 Post Emmendingen, 22.11.25 St. Peter im Schwarzwald, 29.11.25 Heimathafen Lörrach, 28.03.26 Mehlsack Emmendingen mit >> Blackwood Mary

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  • Und ich bin mir hier einfach nicht sicher, ob ich mir das zu schön rede, oder ob das die Vorstellung von Rock bei musikalischen Leitern ist, die Jazzer oder Klassiker sind.

    Ich muss ja diesen Spagat auch häufig machen, und was erfahrungsgemäß als erstes geopfert werden muss, ist ein authentisches Rockfeeling. Hilft nix, nen "Rockerblues" zu schieben, iswiesis. Toms nehme ich für solche Jobs schon gar nicht mehr mit, solange es nicht explizit gewünscht ist. Toms klingen leise gespielt halt gar nicht spannend im Rock ||

    Wenn ich sie brauche, dann aber jedenfalls mit Studiorings drauf.


    Mit einem Dirigenten musste ich sogar diskutieren, ob ich nicht besser auf seinem E-Drumset spiele. Danach hat er mir aber doch recht gegeben, und beim nächsten Mal ist die Diskussion sicher nicht mehr nötig.

  • Ich sehe das auch ganz pragmatisch. Die Band / das Orchester soll am Ende gut klingen. In der Regel macht ein zu lautes Schlagzeug deutlich mehr kaputt als man durch das bessere Spielgefühl des Schlagzeugers, den höheren Dynamikbereich oder die besser klingenden Trommeln und Becken wieder rausholen könnte.

    Klang des Schlagzeugs und des Grooves ist leider nicht die Metrik, sondern nur der Klang der Summe. Aus Sicht von Publikum und Dirigent.

    Deshalb packe ich in solchen Fällen gerne auch mal ein Küchenhandtuch auf die Snare. Dann kann ich wenigstens noch in Wohlfühlstärke draufhauen ohne zu laut zu sein.

    "Just beat the devil out of it." - Bob Ross

  • … bei einer klassisch ausgebildeten Dirigentin mit Angst um ihre Ohren spiele ich in einer Kapelle ausschließlich mit Rods oder Besen, die Sticks bleiben zu Hause.

    Das elektronische Akkordeon ist immer zu laut, selbst wenn es auf „0“ gedreht ist, die Drums eher nicht.

    Jede Bewegung muss ich aber dem entstehenden Sound unterordnen und ein „Rock-Feeling“ wie z.B. bei einer Nummer wie „Golden Eyes“ bleibt trotz einer Menge Dynamik immer dem Gesamtsound untergeordnet.

    Für mich ist das ein super Dynamik-Training, auch wenn ich einen Orchestermarsch auf der Snare mit Stöcken begleite - ähnlich wie beim Bolero.

    Die Unterscheidung Jazz/Rock/Klassik finde ich da weniger dienlich, da es um Sound und die Ausgewogenheit zu den anderen geht.

  • Ich hatte am Wochenende eine Diskussion mit unserem Dirigenten im Akkordeonorchester (...)

    Ich hinten an der Bühnenwand kam mir plötzlich vor wie im 50 Mann Blasorchester, wo du denkst, dein Schlagzeug säuft dir ab. Dementsprechend langst du etwas zu - wohl bedacht, dass das immer noch zu laut sein könnte.

    (...)

    Wie steht ihr dazu?

    Deshalb hast du deinen Dirigenten:

    Er steht vorne und hört in echt, wie laut das Orchester und die einzelnen Instrumente tatsächlich spielen, und in welcher Balance zueinander.

    Er hilft dir, in richtiger Lautstärke zu spielen.

    Er sagt dir an, ob du zu laut oder zu leise spielst und gibt dir Zeichen, oder diskutiert mit dir darüber und macht dir klare Ansagen.


    Deshalb hast du im "professionellen" Rockbereich ("professionell", also in großen Hallen, wo selbst das Schlagzeug verstärkt werden muss) den Mixer am Mischpult, der dein Schlagzeug runter dreht, wenn du zu laut spielst.


    Im Orchester spielen bedeutet, deinem Dirigenten vertrauen und tun, was er sagt und dir mit Zeichen angibt.
    Der Dirigent steht vor dem Orchester, damit er hört, wie der Sound hinaus ins Publikum ist.

    Du sitzt hinten an der Bühnenwand und hörst nicht die Balance der Instrumente.
    Gerade deswegen hast du deinen Dirigenten, der dein Ohr für Klangbalance ist.


    "Innere Dynamik" bekommst du hin, indem du lernst, leise zu spielen anstatt zu schlagen, zu dreschen, und deine Trommeln so stimmst, dass sie leise gut klingen.
    Leise zu spielen und dynamisch, mit Drive und rockig-heiß zu klingen ist die Kunst des Drummers.
    Laut kann ja jeder.

    Grüße

    "Es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen." - Walter Lübcke, 22. 8. 53 - 2.6.19, ermordet.

  • Das ist das Akkordeonorchester, wo ihr euch immer selbst mischen müsst, oder?


    Das ist meiner Meinung nach sowieso 'ne schlechte Diskussionsgrundlage für sowas. Denn du kannst hinten am Schlagzeug halt nicht hören wie es vorn klingt. Und weil jede Location anders ist, ist dieses Feedback dann manchmal einfach nötig.


    Natürlich sollte man ernst nehmen, wenn man gesagt kriegt, dass man zu laut ist oder zumindest bestimmte Elemente zu laut sind (z.B. ein China). Auch ein Mischer kann dich ja nicht leiser machen, nur lauter.


    In diesem Kontext halte ich die Diskussion aber wirklich für müßig. Das Akkordeonorchester scheint ja Hauptgegenstand der Band zu sein - also kein Support für eine "richtige" Rockband. Da seid ihr von einem Rocksound sowieso weit entfernt und es wird kaum jemanden interessieren, wie das Schlagzeug klingt.


    Da würde ich auch ganz schnell die Rods auspacken und um eine Info bitten, falls du mal zu leise bist (dann wieder die Sticks nehmen).

    Als Vorteil von Rods hab ich übrigens immer die verhältnismäßig lautere Bassdrum wahrgenommen. Die kommt dann u.U. ganz ohne Verstärkung aus.


    Die Argumentation, dass man leise Spielen erlernen kann und das Jazzdrummer ja auch können, ist übrigens auch ganz einfach nur gedreht, wie er es braucht.

    Jazz spielt man auch anders, hat ein anderes Feel als Rocksongs. Die Leute denken immer, dass die "Betriebstemperatur" am Schlagzeug regelbar wie die Masterlautstärke eines Gitarrenverstärkers wäre. Aber das ist halt auch direkt an den musikalischen Ausdruck gekoppelt.


    Ich kann auch sehr leise spielen, wenn ich will. Das kann ich sogar ziemlich gut. Passt aber halt oft einfach nicht.

  • Guten Morgen,


    ich kenne das Problem.


    Dazu Folgendes: was sind Hundert Akkordeons am Meeresgrund?


    Inzwischen habe ich ja auch schon Blasorchester zum Vergleich. Dort gibt es deutlich mehr Dynamik.

    Bei reinen und meist eher kleinen Akkordeonorchestern ist oftmals die Dynamik beschränkt. Dazu kommen allzu oft noch Dirigenten, die meinen, wie in manchen Chören möglichst leise schön klingen zu wollen und solche, die meinen, dass die Begleitung gerne dezent sein darf.

    Rockmusik ist das genaue Gegenteil: eher laut, prägnant, durchsetzungsstark und mit Bums voll auf die Glocke.

    Wie man das zusammenbringen will, ist mir auch ein Rätsel. Ich meine, es geht nicht.


    Und inzwischen kann ich das Gejammer auch nicht mehr hören.

    Natürlich kann man auch AC/DC als Jazz spielen, aber dann muss man es eben auch tun, meistens swingen Akkordeonorchester so elegant wie die Armee beim Marschieren.


    Ich kann inzwischen recht dynamisch spielen.

    Aber Dynamik hat etwas mit Musik zu tun. Und wenn man meint, dass man bestimmte Dynamikstufen aus irgendeinem Prinzip nicht bedienen will, dann sollte man sich schon mal fragen, was der Sinn eines Orchesters ist. Meiner Meinung nach bietet ein solcher Klangkörper ohne Beschallungsanlage die größte musikalische Vielfalt und dies auch in der Dynamik.

    Das Problem bei Orchestern ist oftmals auch der wahnwitzige musikalische Mix.

    Wenn man von Marschmusik über Polka, Tango, Walzer, Filmmusik, Musical, Rock bis hin zum Metal gehen will, dann ist das in einem Konzert lautstärkemäßig schwer vereinbar oder man ist mutig.

    In der Praxis ist Metal dann halt Metallica (nix anderes zählt) und der zarte Tango klingt wie ein Rollkommando von verstimmten Dudelsäcken.


    Aktuell werde ich meinen ehemaligen Orchestern wohl etwas verkünden müssen.

    Zuletzt war ich da sowieso nur noch als Perkussionsassistent tätig.

    Andererseits angele ich gerade bei einem Akkordeon-Ensemble, wo am Drum-Set ein Jazzer kommen soll. Nun ja, es geht aber tatsächlich um das Weihnachtskonzert. Da soll es ja eher lieblich klingen. Es lebe das Triangel.


    Grüße

    Jürgen

  • Die Band / das Orchester soll am Ende gut klingen.

    Genau. Und weil die meisten Orchester auf diese Weise "gut" klingen, höre ich mir auch ungern Orchester aus der Publikumsperspektive an. Vorletztes Wochenende war ich auf dem Herbstfest in der Nachbargemeinde, wo mittags ein Musikverein gespielt hat, der gar nicht so schlecht war. Aber im Schlagwerk-Register war es wie so oft: Natürlich durften die obligatorischen Rock-Stücke im bunt gemixten Repertoire nicht fehlen, dieses Mal war es u. a. ein Robbie Williams Medley. Der Trommler an der "Schießbude", also der mit den vielen Trommeln (sprich der "lauteste"), spielte seinen Beat mit "klassischer Spielweise" der HiHat an der untersten Streichelgrenze (so nennt das unser Dirigent, wenn man optisch gleich notierte Achtelnoten völlig homogen ohne innere Dynamik spielt, also ohne Betonung des Downbeat). Dafür war die Schellenkranz-Spielerin dominant, auch was spontane Polyrhythmik über die "Rock"-4/4 angeht.

    Deshalb hast du deinen Dirigenten:

    Er steht vorne und hört in echt, wie laut das Orchester und die einzelnen Instrumente tatsächlich spielen, und in welcher Balance zueinander.

    Er hilft dir, in richtiger Lautstärke zu spielen.

    Das ist richtig und gut so. Nur wie oben beschrieben, scheint die Schießbude je nach Ausbildung und Hintergrund der musikalisch leitenden Musik einen entsprechenden Stellenwert zu haben. Denn:

    Das Akkordeonorchester scheint ja Hauptgegenstand der Band zu sein - also kein Support für eine "richtige" Rockband. Da seid ihr von einem Rocksound sowieso weit entfernt und es wird kaum jemanden interessieren, wie das Schlagzeug klingt.

    Das ist auch häufig mein Verdacht. Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, dass das Schlagzeug in Nicht-Schlagzeug-Studienfächern nur ungenügend behandelt wird und daher nur als Beiwerk oder gar leises Metronom gehandelt wird.

    Denn genau das:

    Die Argumentation, dass man leise Spielen erlernen kann und das Jazzdrummer ja auch können, ist übrigens auch ganz einfach nur gedreht, wie er es braucht.

    Jazz spielt man auch anders, hat ein anderes Feel als Rocksongs. Die Leute denken immer, dass die "Betriebstemperatur" am Schlagzeug regelbar wie die Masterlautstärke eines Gitarrenverstärkers wäre. Aber das ist halt auch direkt an den musikalischen Ausdruck gekoppelt.

    ...ist mein Punkt. Ein Rock-Stück braucht einen prägnanten Bumm-Tschak, und die Becken dafür leise - das ist auch meine Baustelle. Alles andere klingt nach Fahrstuhl-Musik. Bei einem Tango oder Swing spiele ich auch anders. Da haben wir eigentlich kein Thema. Es ist nur eben bei den dedizierten "Rock" Stücken, wo ich dem Bumm-Tschak etwas Gewicht gebe. Und deshalb ganz bewusst der Thread-Titel. Immer den Gesamtklang im Sinn und bei einem Rocker brauchts meiner Meinung nach dominanteres Schlagzeug. In der populären Rockmusik ist das ja auch so. Nur im "Orchester-Rock" wohl nicht. Ich lese das aus euren Beiträgen auch ein bisschen so raus. Ändern lässt sich das natürlich nicht so leicht bis gar nicht. Vielleicht muss man sich damit abfinden.

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  • Ich konnte das auch schon oft bei diversen Blasorchestern beobachten, oft wird das Drumset zur Belanglosigkeit kastriert. Ich bin froh das unser Dirigent ein Gespür für die musikalischen Stilistiken hat. Da heißts durchaus öfter mal "Mehr Bassdrum oder mehr Snare".

    Ich glaube bei vielen kommt die Aversion aber aus dem klassischen Polka/Walzer/Marsch Bereich, in einem kleinen Raum wie ein Gasthaus gespielt, der Schlagwerker schon etwas angesäuselt und meint die Snare ist bei einer Polka das stimmführende Instrument.

    Das Szenario plus der manchmal recht schwierig Blick über den Tellerrand, weil wenn der Schlagzeuger da zu laut ist, dann wirds wo anders auch sein und das fehlende Gespür für nicht traditionelle Musik dürften das ziemlich gut erklären.


    Da hilft glaube ich auf lange Sicht nur ständige Diskussion und die Kompromissfähigkeit und wenn man die Leid ist, das zurücklegen der Funktion als Musiker und was anderes suchen. Entweder gibts einen Kompromiss oder halt nicht und das schöne am Hobby ist, ich muss ja nix wenn ich nicht mag.


    lg

  • Alles andere klingt nach Fahrstuhl-Musik

    Damit bringst du es auf den Punkt. Solche Orchester wollen keinen Rock spielen, sondern Fahrstuhlmusik "nach Art des Rock". Und das trifft ebenso auf andere verwurstelte Stile zu, "nach Art eines Latin", "auf funky Art", die Aufzählung ließe sich ne Weile fortsetzen.

    Muss man imho hinnehmen. Und ja, für viele Musiker ist das Drumset ein notwendiges Übel, hat aber nicht den gleichen Stellenwert wie "richtige" Instrumente.


    Akkordeonorchester und vergleichbare Ensembles haben glaube ich eher den Zweck, Menschen mit Behinderung Instrument, die nicht bandtauglich sind, musikalischen Anschluss zu ermöglichen. Die Kunst ist da manchmal Nebensache ;)

  • Hallo,


    es heißt "Akkordeonorchester" und nicht "Schlagzeug-Selbstverwirklichungs-Ego-Darsteller mit Akkordeonbegleitung", hallo!

    Als Schlagzeuger bist du da eben nur ein kleines Lichtlein unter vielen und wirst dich den vielen unterordnen müssen, und dem Akkordeon-Orchester-Sound dienlich sein müssen. Sei froh, dass du da mitspielen darfst um Anschluss an Leute zu bekommen. ;)


    Was hilft's dir, wenn du hier über deine Mitmusiker im Akkordeon-Ensemble schimpfst, wie "behindert" die alle seien und deine Genialität am Schlagzeug gar nicht zu würdigen wissen?


    Niemand zwingt dich doch!

    Gründe doch einfach dein eigenes "Ensemble" und mach einen auf Neil Peart. ;)


    In Big-Band oder Orchester ist der Bandleader oder Dirigent derjenige, der sich selbstverwirklicht, den Sound bestimmt und sagt wo's langgeht. Punkt.


    Grüße

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  • Er meinte, ich neige öfter dazu, zu laut zu werden, und dass man lernen könne, leise zu spielen - Jazzer würden das lernen.

    Mal abgesehen davon, dass ich diese Art der Ansprache eher fragwürdig finde...

    Und ich bin mir hier einfach nicht sicher, ob ich mir das zu schön rede, oder ob das die Vorstellung von Rock bei musikalischen Leitern ist, die Jazzer oder Klassiker sind.

    Ensemble-Leiter sind ja gerne mal klassisch "studiert" (also nicht an einer Rock/Pop/Jazz-Akademie). Als Sohn und Schwiegersohn von Musikhochschulangehörigen ist mir die akademische Herangehensweise an die vermeintliche "U-Musik" nicht fremd. Das muss man ja nicht lernen oder üben, das ist ja nicht schwer. Gegen diese Ansichten kann man leider auch nicht viel gegen tun. Wenn man mit Spielgefühl u.ä. argumentiert, wird man gerne belächelt... ("die lieben Kleinen...", "der Daniel lernt ja grade Jääääzz").

    Ich habe vor (mittlerweile doch tatsächlich fast 20) Jahren auch in Akkordeon-, Blas- und Sinfonieorchestern gespielt. Beim AO ausschließlich Drumset, bei BO immerhin teilweise und bei SO manchmal (wenn eben diese besagte U-Musik auf dem Programm stand). Meine Taktik um mich selbst nicht zu sehr umstellen zu müssen: dünne Sticks, kleine dünne Becken (damals 14" Fast Crash; ja, das wird hier oft anders propagiert), die Bassdrum und Toms annähernd tot gedämpft.

  • Meine Taktik um mich selbst nicht zu sehr umstellen zu müssen: dünne Sticks, kleine dünne Becken (damals 14" Fast Crash; ja, das wird hier oft anders propagiert), die Bassdrum und Toms annähernd tot gedämpft

    Wie du schreibst, mit einem Unterschied. Ich stimme das BD-Reso auf (nen tiefen) Ton und lasse die BD klingen, sie hat dann auch bei leisem Antritt noch ordentlich Bauch. Kicking your butt with a pillow, hab ich mal irgendwo gelesen :D

    Und inzwischen lasse ich sogar das Crash oft ganz weg und spiele nur ein 20er Crashride für die 5 Chrash-Schläge des Abends.

  • Tja, die Orchester. Bei uns am Ort ist ja so ein Blasorchester ansässig, die hauptsächlich typische Blasmusiksachen spielen (Dicke-Backen-Musik ;) ). Die machen aber auch manchmal je nach Veranstaltungen so ein Rock-Potpourri oder Schlagerklassiker. Und da graust es mich jedesmal. Weil die ganzen Rock- und auch Schlagersachen eben nicht dafür geschrieben worden sind, dass ihre Melodie- oder Gesangslinien von 4 Posaunen, 2 Trompeten und einer Obö intoniert werden. Und wenn es dann mit der Dynamik des ganzen Orchesters an den entsprechenden Stellen hapert, dann wird gern die Trommelabteilung beschuldigt, zu laut zu sein, einfach weil sie die entsprechenden Akzente spielt, über die die anderen Instrumente mangels Passung oder Können weggehudelt haben. Das kann man schön bei dem letzten Orchesterpost von Jürgen in der Hörzone beobachten. Wenn der Trommler (nicht Jürgen bei diesem Auftritt, richtig?) bei dem ABBA-Medley die Akzente da hingespielt hätte, wo sie hingehören (You are the DANcing Queen, YOUNG and sweet, only seventeen) wäre das total aufgefallen. Aber da muss man dann als Trommler einen Beutel Kreide futtern und sich dem anpassen, was das Orchester zu spielen willens und in der Lage ist. Ich habe für mich eben die Entscheidung getroffen, dass so was nix für mich ist.

    Lieber einen sitzen haben und nicht mehr stehen können als einen stehen haben und nicht mehr sitzen können ;)

  • Weil die ganzen Rock- und auch Schlagersachen eben nicht dafür geschrieben worden sind, dass ihre Melodie- oder Gesangslinien von 4 Posaunen, 2 Trompeten und einer Obö intoniert werden. Und wenn es dann mit der Dynamik des ganzen Orchesters an den entsprechenden Stellen hapert, dann wird gern die Trommelabteilung beschuldigt, zu laut zu sein, einfach weil sie die entsprechenden Akzente spielt, über die die anderen Instrumente mangels Passung oder Können weggehudelt haben.

    Das stimmt natürlich.

    Es sind eben Laien-Musiker.

    Soundmäßig besser wäre es, die Gesangs- oder Melodie-Linien würden von z.B. einer Solo-Trompete gespielt werden.

    Aber wer hat die Nerven und Lampenfieber, um Solo zu spielen? Besonders mit einem Bierchen und einem Kurzen intus?

    Und wenn der eine einzige Soloist patzt, ist alles im Eimer.

    Deswegen zur Sicherheit spielen halt viele zusammen die Melodielinien und passen bei den "schnellen" Sachen nie zusammen. (Außerdem wird gerne schneller gespielt oder dirigiert als die Musiker es können.)

    Als Trommler, wie als jeder Musiker im Orchester, ist es deine Aufgabe, das Ensemble gut klingen zu lassen, anstatt als einziger die Akzente richtig zu setzen, damit das ganze Orchester dumm und blamiert da steht und es jeder hört.

    So sind eben diese Laien-Orchester, und da bist du als Schlagzeuger eben nur eine Art Metronom, aber nicht der große Akzentuator. Und wenn du "zu laut" die "richtigen Akzente" setzt, bringst du nur alle anderen Mitmusiker wieder raus aus ihrem Gemähre und Gehuddele.


    Und natürlich spielt Akkordeon-Orchester Rocktitel nach Laien-Akkordeon-Orchester-Art - es ist ja schließlich keine Akkordeon-Rock-Band.

    Entweder akzeptierst du die Gegebenheiten und Realitäten dieser Laien-Orchester und spielst halt nur so mit, wie es halt dort so geht.

    Oder du willst große Kunst machen, und dann bist du nicht in so einem Laien-Orchester.


    Grüße

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  • Ich sehe das auch ganz pragmatisch. Die Band / das Orchester soll am Ende gut klingen. In der Regel macht ein zu lautes Schlagzeug deutlich mehr kaputt als man durch das bessere Spielgefühl des Schlagzeugers, den höheren Dynamikbereich oder die besser klingenden Trommeln und Becken wieder rausholen könnte.

    Klang des Schlagzeugs und des Grooves ist leider nicht die Metrik, sondern nur der Klang der Summe. Aus Sicht von Publikum und Dirigent.

    Deshalb packe ich in solchen Fällen gerne auch mal ein Küchenhandtuch auf die Snare. Dann kann ich wenigstens noch in Wohlfühlstärke draufhauen ohne zu laut zu sein.

    Ist teilweise aber auch eine Abwägungssache. Bei einem Rock-Song darf meines Erachtens das Drumset auch lauter sein, als bei böhmisch-mährischer oder symphonischer Musik beispielsweise. Wäre schade, wenn der Dirigent da komplett ausbremst.

  • Ich sehe das auch ganz pragmatisch. Die Band / das Orchester soll am Ende gut klingen. In der Regel macht ein zu lautes Schlagzeug deutlich mehr kaputt als man durch das bessere Spielgefühl des Schlagzeugers, den höheren Dynamikbereich oder die besser klingenden Trommeln und Becken wieder rausholen könnte.

    Klang des Schlagzeugs und des Grooves ist leider nicht die Metrik, sondern nur der Klang der Summe. Aus Sicht von Publikum und Dirigent.

    Deshalb packe ich in solchen Fällen gerne auch mal ein Küchenhandtuch auf die Snare. Dann kann ich wenigstens noch in Wohlfühlstärke draufhauen ohne zu laut zu sein.

    Ist teilweise aber auch eine Abwägungssache. Bei einem Rock-Song darf meines Erachtens das Drumset auch lauter sein, als bei böhmisch-mährischer oder symphonischer Musik beispielsweise. Wäre schade, wenn der Dirigent da komplett ausbremst.

    Genau das ist mein Punkt.

    Ein Rock-Stück soll im "Klang der Summe" nach Rock klingen und nicht Fahrstuhl. Ein Rock-Backbeat ist was anderes als ein böhmischer Nachschlag, auch technisch.

    Mein Eindruck ist eben, dass es keine Sache des imaginären "Master-Lautstärkereglers" ist, sondern das Bewusstsein, wie das Schlagzeug im Rock klingt und gespielt wird. Und dann wird einem immer wieder einzubläuen versucht, dass Rock-Drummer keinen Jazz könnten - Jazztrommler aber Rock? Letzteres ist gar nicht mal abwegig, das sagt z. B. auch Todd Sucherman in "Methods and Mechanics". Aber er hat auch ne klare Meinung, worauf es beim Rock dann ankommt.

    Four on the floor sind zwei zu viel.

    SONOR Vintage Series: 20", 22" BD; 14" Snare-Drum; 10", 12", 13" TT; 14", 16" FT

    PAISTE 2002, 2002 Big Beat, 602 Modern Essentials, PstX

    Next Gigs: 11.10.25 Post Emmendingen, 22.11.25 St. Peter im Schwarzwald, 29.11.25 Heimathafen Lörrach, 28.03.26 Mehlsack Emmendingen mit >> Blackwood Mary

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  • Die Argumentation, dass man leise Spielen erlernen kann und das Jazzdrummer ja auch können, ist übrigens auch ganz einfach nur gedreht, wie er es braucht.

    Jazz spielt man auch anders, hat ein anderes Feel als Rocksongs. Die Leute denken immer, dass die "Betriebstemperatur" am Schlagzeug regelbar wie die Masterlautstärke eines Gitarrenverstärkers wäre. Aber das ist halt auch direkt an den musikalischen Ausdruck gekoppelt.

    Man kann ja die Lautstärke auch reduzieren, indem man die Physik nutzt. Kleinere Trommeln, leichtere Sticks und - das kann ich aus Erfahrung sagen - man kann wirklich lernen, leise(r) zu trommeln und trotzdem dynamisch. Der Knackpunkt ist, dass die leiseste Stufe, die man spielen kann, SEHR VIEL LEISER werden muss, als man zunächst denkt und dabei muss man lernen, trotzdem den stiltypischen Ausdruck beizubehalten. Dann hat man auch wieder Platz nach oben für Dynamik. Wenn ich so leise spiele, wie ich kann, kannst du direkt neben meinem Schlagzeug eine geflüsterte Unterhaltung führen.


    Lautstarke ist nicht Sound

    Lautstärke ist nicht Ausdruck

    Lautstärke ist nicht Dynamik


    Das beste Beispiel ist für mich David Garibaldi. Der groovt fett in der Pocket und ich denke, wir können uns darauf einigen, dass er einen ordentlichen Ausdruck und das passende Feeling für seine Musik hat. Dabei ist er ein Streichler, er spielt ziemlich sanft und leise.

  • ....bis auf die Aussage zur Nutzung von kleineren Trommeln würde ich dem Vorpost #18 von nils da zustimmen.

    ich höre immer du musst, du brauchst.....ist "modern", "out", "in", "trendy" und so....
    ich mach`s wie`s mir passt, schei.. auf die Säue, die laufend sinnbefreit durch
    die Dörfer getrieben werden.



  • nils

    Ich nutze mittlerweile auch schon leichtere Sticks als früher und achte bei meiner Beckenauswahl auf die Lautstärke. Und ich knüppel auch nicht mehr so wie früher.


    Die Lautstärke hat aber schon was mit dem musikalischen Ausdruck zu tun. Wer was anderes behauptet, leugnet physikalische Zusammenhänge. Es klingt einfach anders, wenn man streichelt oder richtig drauf haut. Völlig anderer Klangcharakter, ganz andere Energie. Wenn du auf einer Snare Ghostnotes im Wechsel mit Rimshots spielst, das aufnimmst und anschließend die Dynamik komplett rauskomprimierst, werden die Ghostnotes immer noch ganz anders als die Rimshots klingen.


    Es gibt Rock- und Metalschlagzeuger, die dafür bekannt sind, richtig heftig reinzuhauen und das auch durchaus zu ihrem Sound gehört. Zum Beispiel Dave Grohl und Danny Carey. Erzähl denen mal, sie sollen leise spielen üben ... ;)


    Und wie schon weiter vorn von anderen Leuten angemerkt, sind solche Ansätze wie in dem eingangs erwähnten Beispiel durchaus fragwürdig, besonders mit der Argumentation des Jazzdrummings. Also entweder spielt man Jazz oder man covert Rocksongs ganz gezielt jazzig nach oder eben nicht. Oder man spielt Rocksongs mit Streichelsound nach, das geht natürlich auch. Dann sollte man das aber auch konkret so benennen.


    Als Schlagzeuger bist du da eben nur ein kleines Lichtlein unter vielen und wirst dich den vielen unterordnen müssen, und dem Akkordeon-Orchester-Sound dienlich sein müssen. Sei froh, dass du da mitspielen darfst um Anschluss an Leute zu bekommen. ;)

    Schließ doch nicht von dir auf andere. Moritz spielt meines Wissens noch in mindestens einer anderen Band, wo seine Grundlautstärke gut reinpasst.

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