Was verdient ein Musikhändler? - Material- und Produktionskosten, Einkaufspreise und Margen

  • Hallo zusammen,


    ich glaube, so ein Thema gibt es hier noch nicht, nachdem ich verschiedene Suchbegriffe ausprobiert habe.


    Ich habe mich die letzten Jahre immer schon gefragt, wie neben dem "Großen t", der "einfachen Musik" und der "produktiven Musik" alle anderen noch überleben können. Nachdem die großen 3 schon alleine die Marktpreise bestimmen, bekommt außerdem der Faktor Bequemlichkeit hinzu. Warum soll ich zu meinem Händler des Vertrauens in die Stadt fahren, wenn DHL et al. mir morgen umsonst liefern und es bei Nichtgefallen auch kostenlos wieder mitnehmen?


    Und in der aktuellen Zeit stelle ich mir diese Frage noch deutlich häufiger. Dazu kommt, dass nach meinem Eindruck immer weniger Menschen (hauptsächlich jüngere) Instrumente lernen bzw. sich mit Musik befassen. Da bin ich mir allerdings nicht sicher, könnte auch sein, dass gerade jetzt mehr Zeit für Unterricht oder Autodidaktik investiert wird. Wie dem auch sei, wundere ich mich, wie mein Händler des Vertrauens über die Runden kommt. Bei einem gefühlten Überangebot an guten Gebrauchtsets (von Privat oder Händler) und ständigen Neuheiten ist doch die Frage: Wer kauft das alles?

    Okay, das ist nochmal eine andere Frage, die wir hier auch gerne diskutieren können.


    Die eigentliche Titelfrage habe ich mir kürzlich am Beispiel eines Beckens gestellt, wenn ich es nicht gebraucht sondern neu kaufe:

    Nehmen wir ein Paiste Becken mit einem durchschnittlichen Preis von 400 Euro.

    Gewicht etwa 2500g.

    Das Kilo Bronze kostet um die 10 Euro, also 30 Euro Materialkosten (Abfall eingerechnet).

    Bleiben 370 Euro.

    Herstellkosten gute Frage! Da wir bei Paiste in der Schweiz sind und die Paiste-Mitarbeiter bestimmt nicht mal schnell in einer Woche eingelernt sind, sondern einiges KnowHow haben, rechnen wir mal mit 20 Euro pro Stune (Lohn und Betriebskosten). Nächste Unbekannte ist der Zeitaufwand für ein Becken. Wenn ich mir die Doku auf YT anschaue, würde ich schon 8 Stunden rechnen vom Gießen und Pressen über Hämmern, Abdrehen bis zur Qualitätskontrolle. 8hx 20 Euro = 160 Euro.

    Bleiben 210 Euro. Irgendwie ist mir das noch zu viel aber ok... rechnet man nicht als Daumenregel mit 1/3 Gewinn für den Produzenten? Das wären 133 Euro von 400 Euro VKP. Blieben knappe 80 Euro für den Händler. Wenn ich nun sehe, dass das große T grundsätzlich etwa 70 Euro unter der UVP liegt, dann wird es schon eng.


    Das war jetzt mal eine grobe Rechnung mit sicherlich einigen Fehlannahmen!

    Lasst uns doch mal diskutieren. Vielleicht sind hier auch Händler unterwegs, die etwas dazu sagen können/wollen. :)

    Es geht mir nicht darum, Händler auszuspielen und Preise zu drücken (das machen die Großen gut genug!), sondern um ein Gefühl dafür zu bekommen.

    Four on the floor sind zwei zu viel.


    SONOR Vintage Series: 20", 22" BD; 14" Snare-Drum; 10", 12" TT; 14", 16" FT

    PAISTE 2002, 2002 Big Beat, 602 Modern Essentials, PstX

    Next Gigs: 16.03. Heimathafen Lörrach und 10.05. Marktplatz Emmendingen mit >> Blackwood Mary

    >> Mein Vorstellungsthread

  • Du kannst mit Deiner Rechnung neu beginnen.


    Ein Fachmann in der Schweiz kostet den Betrieb intern zwischen 80 bis 120 Euro.

    So gesehen erstaunt mich schon lange, dass Paiste auf dem Internationalen Markt mitmischen kann.

  • Ja, selbst der dem Mitarbeiter ausbezahlte Lohn dürfte bei <30 CHF liegen. Mit 20 CHF/h liegst du hier nicht weit über der Armutsgrenze.

    Blaukraut bleibt Blaukraut & Brautkleid breibt Blaubtkreid

  • Wenn ich mir die Doku auf YT anschaue, würde ich schon 8 Stunden rechnen vom Gießen und Pressen über Hämmern, Abdrehen bis zur Qualitätskontrolle. 8hx 20 Euro = 160 Euro.

    Viele Paiste Becken werden aus Blechen gefertigt und nicht gegossen - so z.B. alle Becken aus B8 und auch alle Signature Becken aus B15.

    Für 20 € bekommst Du mit Nebenkosten gerade mal eine ungelernte Hilfskraft in Deutschland, aber ganz sicher keine hochspezialisierte Fachkraft und erst recht nicht in der Schweiz.

    Das war jetzt mal eine grobe Rechnung mit sicherlich einigen Fehlannahmen!

    Diese Rechnung ist so voll von unbekannten Variablen und damit zwangsläufig Fehlannahmen, dass ihre Aussagekraft gegen Null geht! Frag doch lieber konkret nach Händlermargen in Musikinstrumentenbereich… Vielleicht hat jemand ja Einblick in diesen Bereich und haut eine Zahl raus.


    Ich kann aus einem anderen Bereich der Musikindustrie das Beispiel geben, dass Dinge für etwa die Hälfte des Straßenpreises an eigene Mitarbeiter abgegeben werden. Bei diesem Satz macht der Hersteller keinen Verlust, aber auch keinen großen Gewinn mehr.

  • Alle anderen können überleben, weil wir bei Ihnen kaufen!


    Und bei denen lässt man sich nicht Sachen dauernd hin und her schicken - man zahlt bei Nichtgefallen zumindest mal das Porto/bietet es an - selbstverständlich. In diesen Zeiten sowieso.

    "Kaffee, schwarz?"

  • Wenn Du wissen willst, was ein Musikalienhändler verdient, ist es völlig egal, wieviel es kostet, ein Becken herzustellen. Entscheidend ist, wieviel er dafür im Einkauf bezahlt. Ausserdem musst Du in Betracht ziehen, welche Kosten er (u.A.) an Personal, Lagerung, Logistik, Werbung, etc. hat.

    In diesem Sinne ist der Thread nicht nur sinnlos und und Zahlenwerte spekulativ, sondern hat auch den völlig falschen Ansatz.

  • Laut Verdi betrug die durchschnittliche Umsatzrendite

    im Einzelhandel in Deutschland ~3,5 %. Das schwankt

    von Sortiment zu Sortiment sehr stark. Im Lebensmittel-

    einzelhandel hört man von einer Umsatzrendite von

    knapp zwei Prozent. Der Bekleidungseinzelhandel erreicht

    zwischen 1,6 und 4,7 % (Statista, 2015). Über alle Branchen

    hinweg (ohne Finanzsektor) errechnete die Bundesbank für

    2018 eine Rendite von 4,2 %.


    Irgendwie bringt einen das nicht weiter. Man könnte

    mal einen Verband fragen, aber so richtig rückt da

    keiner raus, vermute ich.


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Lasst uns doch mal diskutieren.

    Ok, war wohl ne blöde Idee. 😅

    In diesem Sinne ist der Thread nicht nur sinnlos und und Zahlenwerte spekulativ, sondern hat auch den völlig falschen Ansatz.

    Wäre mein Ansatz gleich richtig gewesen, bräuchte es ja auch keine Diskussion. Die Titelfrage sollte nicht auf eine genaue Zahl abzielen, sondern war eher stellvertretend für die ganze Thematik gedacht. Dass wir die Händler unterstützen müssen, ist mir klar. Dass der Händler offensichtlich 50% des VKP als eigenen Umsatz haben soll, finde ich allerdings schon spannend, wenn der Schweizer Facharbeiter um die 100 Euro kostet.

    Aber egal, dann halt nicht.

    Four on the floor sind zwei zu viel.


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    >> Mein Vorstellungsthread

  • Dass der Händler offensichtlich 50% des VKP als eigenen Umsatz haben soll, finde ich allerdings schon spannend,

    Falls Du das auf mein Beispiel beziehst, ist Deine Interpretation falsch. Zuerst schlägt der Hersteller natürlich erstmal noch seine Gewinnmarge drauf und dann bleiben für den Händler noch ein paar Prozent über.

  • Hallo

    Interessantes Thema. Hätte da mal ein gutes Beispiel. Zwar aus einem anderen Bereich, aber da sieht man wieviel in einem Verkaufspreis so drin ist.

    Material-Kosten für die Produktion sind im 2 Quartal um 30% gestiegen. Der Verkaufspreis im Verkauf ist jedoch bis ende des Jahres fix. Machen aber immer noch Umsatz und Gewinn.

  • Nicht repräsentativ, aber aus meinen bisherigen Erfahrungen denk ich mal, die theoretische Spanne ist so bei 20 bis 30%. Natürlich bezogen auf die Nettowerte!

    Wenn man das Knie sieht, ist die Bassdrum zu klein!

  • Zwar aus einem anderen Bereich, aber da sieht man wieviel in einem Verkaufspreis so drin ist.

    Bei abgepacktem Leitungswasser und Druckertinte ist das wahrscheinlich am deutlichsten, da liegt der Endpreis einige zehntausend Prozent über dem Nettowarenwert.

    don´t panic

  • Zur Eingangsfrage in der Überschrift, die allerdings nur bedingt mit dem Fragentext verknüpft ist, aber auch fleißig diskutiert wurde:


    Man kann so etwas ja nachlesen, aber bei der Interpretation ist große Vorsicht geboten. (Daher bitte auch das Folgende nur als ganz grobe Info ansehen.)


    Thomann bleibt bei einem Verkaufserlös von 119 EUR (vertretend für den Gesamtumsatz, Annahme dt. MwSt) mittlerweile ein "Gewinn" von 5-6 Euro, das war vor Jahren auch schon weniger und dürfte herausragend gut sein. Just Music, Musik Produktiv etc. liegen deutlich darunter, die Null ist da nicht weit weg oder sogar von der falschen Seite anzuschauen. Kleinere Geschäfte sind schwierig zu fassen.


    Ich mag das eigentlich gar nicht so breittreten, aber es grassieren doch immer noch falsche Vorstellungen. So ein winziger Markenhersteller wie Sonor kommt in guten Jahren auf bis zu 4 EUR, größere wie GEWA auf ein wenig mehr.


    Was heißt das für die Kalkulation des einzelnen Produkts: Dürfte für uns kaum zu greifen sein. Wir sollten davon ausgehen, dass sich alle bemühen, zurecht zu kommen. Dafür sorgt der Wettbewerb. Die Anteile am Kuchenschwanken sicherlich je nach Produkt, Verhandlungsposition...

  • Im übrigen sind diese Zahlen nicht so geheim, wie immer formuliert. Sämtliche betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der einzelnen Firmen sind öffentlich einsehbar. Sie alle sind zumeist juristische Personen, die entsprechende Bilanzen veröffentlichen müssen. Bei Paiste weiß ich im Moment derzeit die Unternehmen-Strukturen nicht, die haben ja auch ein Werk hier in Deutschland und müssen auch hier entsprechende Zahlen veröffentlichen.


    Wer in diese Bilanzen mal rein sieht, wird erkennen, dass viele Firmen, insbesondere aber solche, die ausschließlich produzieren, und nicht hauptsächlich handeln, Derzeit im Musik Business bereits seit Jahrzehnten einen relativ schweren Stand haben.


    Um bei Paiste mal beispielhaft in Sachen Personalkosten zu bleiben: der durchschnittliche Schweizer Arbeitnehmer verdient ungefähr 80.000 € Franken brutto. Wenn wir das mal als Grundlage nehmen, was natürlich im Detail bloße Zufallswahrscheinlichkeit ist (ein langjähriger Fachdengler und Ride-Becken-Veredeler wird mit Sicherheit mehr verdienen, als eine Sekretärin in der Verwaltung), verdient ein Mitarbeiter dort rund 6600 Franken im Monat und in der Stunde 42 Franken brutto. Da auch in der Schweiz der Arbeitgeber den ArbeitgeberAnteil für die Sozialversicherungen noch oben drauf packen müssen (die Lohnsteuer beziehungsweise Einkommensteuer wird in der Schweiz vom Arbeitnehmer selber abgeführt) rechnen wir einfach noch mal 600 Franken monatlich drauf, so dass es für den Arbeitgeber 7200 Franken im Monat sind, die er berappen muss. Würde dann einen schlussendlichen Bruttolohn von 45 Franken ausmachen (7200 Franken : 160 Stunden).


    Da sind natürlich im Bereich des Musikalienhandels, also beispielsweise bei Thomann, die ihren Schwerpunkt im Verkauf und nicht in der Produktion haben, ganz anders. Die dortigen Mitarbeiter im Callcenter werden mit Sicherheit nicht diese Löhne verdienen, wie die genannten Schweizer Durchschnitts-Arbeitnehmer (einmal ganz abgesehen davon, dass Thomann gerade mit ihrem mehrsprachigen und international besetzten Callcenter exakt die Marktlücke ausgefüllt haben, die ein online-Musikalienhändler besetzen muss).


    Denn in klassische Weise gesprochen müssen an einem Becken aus Nottwill ja eben unheimlich viele Leute verdienen: Paiste als Produzent, der Arbeitnehmer von Paiste, der Zulieferer von Paiste, der Vertrieb von Paiste, Der Mitarbeiter des Vertriebes von Paiste, der lokale Musikalienhändler und der Arbeitnehmer beim Musikalienhändler. Und bei jedem Zwischenschritt verdient auch noch das Finanzamt jeweils mit und eventuell Ein Transport- oder Logisticunternehmen - Und deren Mitarbeiter.


    Früher in den siebziger, achtziger und auch noch neunziger Jahren war die Möbelbranche führend darin, Nettogewinne von bis zu 70 % einzustreichen. Solche Gewinnmargen waren aber selbst früher bereits Hollywood und werden heute selbst von Luxus Uhrenherstellern nicht mehr eingestrichen, diese belaufen sich derzeit maximal auf um die 20 %, so berichten jedenfalls Insider.

    "Pommes/currywurst hat einfach seine eigenen Gesetze."
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    vorstellen!" (c) by Lippe / 2006

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