Professionelle Laufbahn ohne Studium?

  • Moin m_tree :)

    Erst mal großen Respekt vor deiner Offenheit. Hier wurde im Grunde das meiste Wichtige schon erwähnt.

    Ich kann dir gerne ein bisschen aus meiner bisher knapp achtjährigen beruflichen Laufbahn als "Berufsmusiker" berichten.

    Ähnlich wie du war ich recht spät dran (und ich würde ganz ehrlich auch sagen, dass ich spielerisch nicht so weit bin wie andere, die weitaus früher auf eine Profikarriere hingearbeitet haben) und habe erst mit 28 meinen Abschluss (als Berufsmusiker und Instrumentalpädagoge) gemacht. Spät studieren muss also erstmal kein Hinderungsgrund sein.

    Ich habe während des Studiums (bzw. kurz davor) schon angefangen, mir einen Schülerstamm aufzubauen und Covergigs zu spielen, damit ich nach dem Abschluss nicht leer und komplett am Anfang stehe.

    Dazu gleich die Anmerkung: In der Regel wirst du ohne Unterricht nicht überleben. Ich habe viele Freundinnen und Freunde, die jetzt die letzten zwei Jahre über richtig einstecken mussten, weil sie vorher rein auf Konzerte und Studio gebaut haben, da sie sich mit Unterrichten nie anfreunden konnten.Mir hat genau das jetzt aber den Arsch gerettet. Ich hatte ursprünglich vor, nach dem Studium auf 50/50 live/Unterricht zu gehen - aktuell ist es halt eher 5/95, wobei es zumindest über den Sommer wieder ausgeglichener werden wird und auch langsam wieder Jobs reinflattern.

    Wenn du grundsätzlich aber, wie du ja auch schon schreibst, kein Problem mit Unterrichten hast und auch mit Kindern gut klarkommst, sollte das ja kein Problem sein.

    Wenn du also vorhast, dich selbstständig zu machen, ist ein vorweisbarer Abschluss schon mal von Vorteil. Ich habe einige Kollegen, die natürlich auch ohne Studium geile Drummer sind und ebenfalls unterrichten, und das auch ohne Probleme. Es geht also auch ohne.

    Da du ja gefragt hattest: In der Regel möchte eine seriöse Musikschule aber schon ein Studium oder zumindest eine pädagogische Ausbildung sehen, die irgendwie nachweist, dass du passende Kompetenzen besitzt. Staatliche Schulen - also vor allem die, die bestenfalls auch eine Festanstellung bieten - müssen das meines Wissens nach sogar fordern. Musikschulen, die kein Studium voraussetzen, zahlen leider auch unfassbar schlecht. Auch das sollte man auf dem Schirm haben.

    Unterm Strich ist Privatunterricht aber allemal lukrativer (gerade mit einem Studium in der Hinterhand habe ich das Gefühl, sind die Leute auch eher bereit, noch mal etwas mehr zu zahlen), allerdings erfordert die Aquise und Buchhaltung auch mehr Arbeit. Ich habe mir jetzt über die letzten Jahre einen Privatschülerstamm aufgebaut, der es mir erlaubt hat, meine Musikschuljobs zu kündigen und mit aktuell drei Tagen alle Unkosten zu decken. Donnerstag bis Sonntag habe ich "frei" (also Zeit für Gigs und zum Üben).
    Apropo Buchhaltung: Das ist ein pain in the ass. Gerade, wenn du nicht mehr unter die Kleinunternehmerregelung fällst und Ust.pflichtig wirst, ist das echt ein Geraffel ohne Ende. Auf der anderen Seite lohnt sich ein Steuerberater halt fast nicht. Insofern: Sich in Steuerfragen mal eingearbeitet zu haben, ist nicht von Nachteil, auch wenn du mal Rechnungen stellen oder eine GbR aufbauen willst.

    Nächstes Thema, das ich noch erwähnen will: Familie.
    Wir haben vergangenes Jahr Nachwuchs bekommen. Wundervolle Sache, aber grade wenn du selbstständig bist durchaus eine Herausforderung.
    Elternzeit nehmen wäre für mich theoretisch möglich, aber dämlich gewesen - denn wenn du deinen Schüler*innen sagst, dass du mal ein Jahr pausierst, sind die weg und du fängst hinterher von vorne an.
    Mit Gigs gestaltet es sich ähnlich. Der organisatorische Mehraufwand aktuell ist enorm. Mittlerweile geht meine Frau wieder drei Tage arbeiten, wir haben aber noch keinen Krippenplatz und Gigs unter der Woche, bei denen ich auswärts schlafe - geschweige denn mehrtägige Touren - fordern uns echt viel ab.
    Auf der anderen Seite ist es schön, dass ich Vormittags in der Regel daheim bin und auf unsere Kleine aufpassen kann. Dafür komme ich Abends oft erst heim, wenn sie schon schläft. Es gibt also Vor- und Nachteile.

    Thema Altersvorsorge: Da musst du einfach selber früh genug den Finger drauf haben und schauen, wie du neben der normalen Rentenversicherung, die dann in der Regel über die Künstlersozialkasse läuft, noch eine Rücklage für den Ruhestand aufbaust. Ansonsten wird das vermutlich eine knappe Kiste.
    Ganz grundsätzlich solltest du dir bewusst sein, dass du mit dem Job in der Regel nicht sonderlich reich wirst und ab einem gewissen Grad auch nicht mehr wirklich Sprünge im Gehalt machst.
    Für mich ist das aktuell okay, da ich im Gegenzug eben (aktuell, perspektivisch wieder etwas mehr) bei knapp 30 Schüler*innen an drei Tagen im Soll bin und alles weitere entweder für die Urlaubskasse oder zur eigenen Selbstverwirklichung mache. Und ich kann (konnte...bis das Kind kam) ausschlafen. Klingt albern, aber für mich viel wert :D

    Ansonsten wurde glaube ich vieles schon gesagt. Ich denke, das allerwichtigste ist, dass du dich nicht benimmst wie der letzte Arsch, dass du zuverlässig bist (pünktlich sein, den Kram können, Noten lesen können(!) etc.) und dass du variabel bist. Ich hatte jetzt in den letzten Jahren Metalcore-Shows mit eigenen Bands (eigentlich mein "Zuhause"), Coverjobs mit fünf Stunden Programm ohne vorangegangene Probe, eine spontane Tour als Aushilfe mit vier Tagen Vorlaufzeit, Fernsehgarten, Schauspiel, Bigband und Jazztrio dabei. Einerseits cool, weil man einfach unglaublich viel mitnimmt, auf der anderen Seite hast du fast keine Zeit, um dich auf ein Genre so richtig gut vorzubereiten und einzuarbeiten. Alternativ kannst du dich natürlich auf einen bestimmten Bereich spezialisieren und dort schauen, ob es genug Jobs gibt. Mir persönlich wäre das glaube ich einerseits zu langweilig und zum anderen zu unsicher, was die Auftragslage angeht.
    Aber das ist natürlich Geschmackssache.

    Über Networking wurde hier schon mehrmals gesprochen und auch hier schließe ich mich an: Das ist essentiell! Du musst in der Lage sein, deinen Namen unter die Leute zu bringen, Kontakte zu knüpfen und auch mal ins kalte Wasser zu springen um einen Job anzunehmen, auf den du ggf. mal nicht gut vorbereitet bist oder Bock hast - nur so schaffst du es über die Zeit an neue Jobs zu kommen. Wenn ich Anrufe bekomme, dann sind das beim Unterricht, seit ich eine Website habe knapp zu gleichen Teilen Leute, die mich im Netz gefunden haben und Leute, die über Mundpropaganda von mir mitbekommen haben; bei Gigs allerdings sind es ausnahmslos Anfragen von Leuten, die ich über zwei Ecken und oft nicht persönlich kenne. Je mehr Leute du kennst, umso wahrscheinlicher ist es natürlich, dass irgendwann mal jemand auf dich zurückkommt. Hier ist wiederum eine aktive Präsenz auf gängigen Social Media hilfreich, auf der man auch erkennt, was du in etwa trommeln kannst (sollte ja aber kein Ding sein, du hast ja z.B. schon einen Youtube-Channel). In der Verbindung ist es immer praktisch, wenn man grundlegende Skills in Recording, Mixing und Bildbearbeitung hat.

    Ich glaube, das war für den Moment alles, was mir dazu einfällt. Falls du noch Fragen hast, sag Bescheid :)

  • Also da wurde eh schon viel gesagt jetzt. Trotzdem hier noch meine Meinung und Erfahrung als Berufsmusiker seit etwa 7 Jahren (die Studienzeit, während der ich mit Musik dazuverdiente, zähle ich hier nicht dazu).


    Zu Allererst würde ich sagen, es ist grundsätzlich für das Ausüben des Berufes nicht wichtig, ob man ein abgeschlossenes Studium hat oder nicht. Das Unterrichten mal ausgenommen, interessiert das eigentlich niemanden. Man muss verlässlich, gut und nett sein. Das sind meiner Erfahrung nach die Dinge die zählen.
    Der größste Vorteil am Studieren ist meiner Meinung nach das daraus entstehende Netzwerk und das ist nicht zu unterschätzen in dem Beruf. Man könnte fast sogar sage, das ist eines der wichtigsten Dinge. Man braucht einfach Leute um sich, die einen als Musiker kennen und schätzen und die auch selber im Musikgeschäft tätig sind (mehr als nur im Hobby-/Amateurbereich). So bekommt man Jobs.


    Ein sehr großes Standbein von vielen hauptberuflichen Musikern, die ich kenne, ist das Unterrichten. Das möchtest du ja auch machen und das ist auf jeden Fall schon mal sehr gut und wichtig, wie ich finde.

    Hier kommt dann leider das Studium ins Spiel. Für öffentliche Schulen brauchst du, sofern kein Lehrermangel besteht, nen Studiumabschluss. Um auf eigene Faust zu unterrichten oder an privaten Schulen ist das meist nicht nötig. An Privatschulen passiert das oft auf Freelancebasis.

    Auch in dem Bereich können Kontakte recht wichtig sein. Ich hab z.B. während meiner Zeit in Berlin jeweils zwei Tage an privaten Musikschulen unterrichtet. Oft habe ich Kollegen ausgeholfen und dadurch einen fünften Tag unterrichtet. Das war meistens an anderen privaten Musikschulen, in denen aber jeder Lehrer gewissermaßen für seine Unterrichtsorganisation selber verantwortlich war. Sprich: Wenn er nicht unterrichten konnte, kümmerte er sich selber um das Nachholen der Unterrichtsstunden oder eben um einen Ersatzlehrer. Ich hatte da drei bis vier Kollegen, für die ich regelmäßig eingesprungen bin. Gekannt hab ich die alle durch mein einjähriges Schlagzeugstudium (ohne staatliche Anerkennung).


    Ich würde mal ganz grob so sagen:

    Einfach zu sagen "Jetzt probier ich es mal als Berufsmusiker" finde ich nicht sehr klug, ausgenommen man hat z.B. durch Unterrichten schon im Voraus genug Engagements, dass mindestens Miete und Verpflegung abgedeckt ist. Dann kann man das, wenn man will, probieren.

    Dann sollte man sich aber ordentlich ins Zeug legen, dass mehr Einnahmen (durch Gigs oder was auch immer) dazukommen. Man sollte sich immer etwas auf die Seite legen können für Durststrecken und vielleicht möchte man ja auch mal ne Schoki kaufen oder ins Kino gehen ;)


    Ansonsten würde ich, wenn man eine Berufsmusikerkarriere anstrebt, neben dem bisherigen Job anfangen zu Unterrichten und zu Giggen. Wenn es mit den Musikeinnahmen bergauf geht, kann man vielleicht mit der ursprünglichen Arbeit zurückgehen und wenn's mit der Musik gut läuft seinen "Dayjob" ganz aufgeben.


    Noch eine Anmerkung zum Schluss:

    Ich kenne dich nicht, aber aus diesem Thread schließe ich, dass du das ggf. schon korrekt angehen willst, daher sollte das Folgende keineswegs eine Unterstellung sein! Meine Empfehlung: Alles offiziell machen. Schwarzarbeit ist in der Branche leider tlw. weit verbreitet (besonders was kleine Gigs in Bars betrifft). Trotzdem immer auf das Stellen der Rechnung bestehen, ansonsten schaut man früher oder später durch die Finger.

    Und auch sollte man realistische Vorstellungen von der Bezahlung haben; aber man sollte auch aufpassen, dass man sich nicht abzocken lässt, nur weil man einen vermeintlich spaßigen Beruf hat. Für Gratisbier zu spielen war in der Jugend vielleicht ganz nett, nützt einem aber irgendwann auch nicht mehr viel. Vor Allem wenn man nicht mehr so viel Bier aushält wie in der Jugend :D

  • Hallo

    Ich weiß jetzt nicht, ob es schon angesprochen wurde.

    Ich denke mal, dass der Unterricht auch mit Kindern und Jugendlichen stattfinden soll. Da wäre es vielleicht angebracht sich auch über rechtliche Dinge Gedanken zu mach. Es geht dabei um die Aufsichtspflicht. Sobald ein Kind den Raum betritt und es ist kein Erziehungsberechtigter dabei, ist man in der Verantwortung.

    Allein schon die Tatsache wie das Kind kommt und geht ist schon etwas was genau geklärt werden muss.

    z.B. das Kind wird normalerweise mit dem Auto gebracht und kommt jetzt mit dem Fahrrad. Eigentlich darf man das Kind nicht gehen lassen und erst klären, ob dies in Ordnung geht. Sind Kleinigkeiten, die aber böse für einen selbst enden können.

    Hat man eine Ausbildung-dabei geht es nicht um die Fachliche, sondern um, die die einen befähigt Kinder zu "betreuen".

    Es muss dir einer beweisen, dass du etwas falsch gemacht hast. Ohne entsprechende Ausbildung ist man oft selbst in der Beweispflicht.


    Pickt sich ein Kind mit dem Stick ins Auge und jemand stellt die "richtigen" Fragen.

    z.B. nach einer Ausbildung.( nicht die Fachliche)dann geht der Bumms nach hinten los.


    Ich musste mal 2 Std. auf die Eltern warten, weil die ihr Kind "vergessen" hatten. War nur ein Kommunikation-Problem zw. den Eltern. Handy war natürlich auch aus. Nach Absprache mit dem Vorstand haben wir ein 2 Stündiges Einzeltraining gemacht.

    Irgendwann kamen die Eltern(beide) dann aufgeregt ins Trainingsgelände gefahren.

    Kurze Standpauke gehalten. Egal das Kind (12Jahre) war glücklich und alles war gut.

    Auf die Frage, warum ich den Kleinen nicht selbst gefahren habe, konnte ich nur dies erwiedern. ">Ich darf es nicht". Da bin ich konsequent. Naja macht ja auch Spaß und ich bekomme noch nicht mal Geld dafür. Obwohl es mir rein rechtlich erlaubt wäre, weil ich einen Trainerschein habe. Ohne dürfte ich es nicht.

    Ich kann nur empfehlen sich diesbezüglich abzusichern. Wir gesagt es geht hier bei nur um die Aufsichtspflicht und nicht um die Fachliche Ausbildung.

    Ich weiß jetzt nicht wie streng man dies beim Musikunterricht nehmen muss.

    Wir haben beispielsweise eine ausgebildete Sportlehrerin. Sie musste zusätzlich aber noch einen Jugentrainerschein im Bereich Motorrsport machen.

    Rein aus rechtlichen Gründen.

    Ihre Aussage:"Die haben mir nichts Neues erzählt-war alles Teil des Studiums.

    Es ging auch nie um sportliche Relevanten Dinge. Nur darum wie ich einem Kind etwas beibringen kann. Naja, gut das ich da war. Konnte bei schwierigen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stehen."

  • Da sieht man es wieder, Rock'n'Roll ist was für Senioren. Die Jugend macht nur noch vom Reißbrett.

    Hallöle,


    also ich stolpere ganz kräftig über den Begriff "Laufbahn".

    Aus meiner veralteten Sicht kommt der aus dem Beamtenrecht.


    Selbständigkeit und Sicherheit schließen sich gegenseitig weitgehend aus.

    "Studium" klingt immer so seriös, aber heutzutage heißt das ja nicht mehr, dass man Diplom-Dingens wird, sondern nur noch, dass man irgendwo für viel Geld sich einen Zettel geholt hat, um etwas für den goldenen Rahmen an der Wand zu haben.


    Fakt ist, dass viele Rock'n'Roller ganz biedere day jobs haben und die wahren Künstler schon vor Corona mit der Urkunde vom Hartz gekrönt waren.


    Ohne in die Küchenpsychologie zu weit abdriften zu wollen, aber: das Musikantenleben ist nichts für Angeschlagene. Wenn man sowieso schon weiß, dass man nicht zu den Stahlgehärteten gehört, sollte man sich genau überlegen, ob man in den Krieg will.

    Vom Vollzeitmusikantentum würde ich hier abraten.


    Meine Idee wäre es, eine sichere Basis mit dem unsicheren Künstlertum zu verknüpfen, wenn die Fee danach fragen würde, also morgens seriös, nachmittags Rock'n'Roll.


    Grüße

    Jürgen

  • Danke für die weiteren Antworten! Ich werde mir das, wie gesagt, alles noch mal (und noch mal) durchlesen und mir Notizen machen. Der Input hier ist wirklich Gold wert. :thumbup:


    Probieren werde ich es auf jeden Fall. Muss ich wohl ... es spricht gerade alles dafür.

    Ob voll professionell oder nicht - das wird für mich das Unterrichten entscheiden.

    Mir ist dabei auch klar, dass das nicht von heute auf morgen geht. Klar ist für mich jetzt: Unterricht nehmen, Unterricht beobachten, erstmal Testschüler unterrichten und mich intensiv mit Noten beschäftigen. Und dann halt gucken, wie ich's hinkriege.

  • Hallo m_tree , ich bin im Gegensatz zu dir zwar erst am Punkt „gute Ausbildung“, aber würde dir raten, Bereiche wie Musik und/oder Studio mit dem Unterrichten zu verknüpfen, zu Unterrichten ist dabei finanziell das A und O.


    Ob man für eine Anstellung an einer Musikschule studiert haben muss?


    Nicht unbedingt.

    Wenn man z.B in BW, Bayern oder Berlin lebt, kann man an den grösseren, bekannteren privaten Musikschulen/Schlagzeugschulen eine Lehrerausbildung machen und damit dann an besagten Schulen, die zumeist auch händeringend Verstärkung im Kollegium suchen arbeiten, bei einer Schule hätte ich direkt anfangen können, wenn ich denn schon genügend Können mitgebracht hätte - ohne Studium.


    Mein erster (guter) Lehrer hatte z.B solch eine Lehrerausbildung gemacht und arbeitet nun an besagter Privatschule und gibt Privatunterricht.


    Mein jetziger Lehrer hat studiert.



    An staatlichen Musikschulen wird man (in Baden-Württemberg) jedoch nur mit Studium am Konservatorium aufgenommen, der Lehrer in meiner Heimatstadt ist z.B studierter Orchesterschlagwerker.


    Mein Rat:

    Mach es, bevor du dich in 20 Jahren ärgerst weil du es schon immer wolltest und es nicht getan hast.

  • Ich merke beim Lesen dieses wirklich guten Threads, dass ich auf die Thematik "Bringt das Studium etwas? Braucht man das?" gar nicht so wirklich eingegangen bin.


    Nach meiner Wahrnehmung gibt es mittlerweile zahlreiche handwerkliche gute Musiker mit irgendeinem Abschluss. Ob das nun vom PIT/LAMA/LACM, der Popakademie in Mannheim, der Future Music School in Aschaffenburg oder einer vielen Universitäten ist, lasse ich mal offen. Da (insbesondere öffentliche) Arbeitgeber gerne Möglichkeiten nutzen, weniger Geld zu überweisen, weil formale Qualifikationen auf dem Papier fehlen, bringen solche Abschlüsse für das Unterrichten in vielen Fällen sicherlich etwas. Ob es allerdings wirtschaftlich sinnvoll ist, dafür 4 Jahre an einer Uni oder 1 Jahr in LA zu studieren, um dann pro Unterrichtsstunde 5 EUR brutto mehr zu bekommen? Mir bekannte Musiker die beim Unterrichten gute Stundensätze haben, haben (fast) alle irgendeinen Abschluss in Tasche bzw. gerahmt auf der Gästetoilette hängen.


    Wichtiger an diesen (Hoch)Schulen ist aus meiner Sicht auch wieder das Netzwerk. Man kommt einfach mit so vielen Leuten in Kontakt und wenn man "Pech" hat, kommen dann Dinge von alleine ins Laufen. Ich hatte während und nach dem Abi mal eine Zeit, wo ich mit einigen Jungs gejammt habe und ich die Chance hatte bzw. gefragt wurde in einer Band einzusteigen, die später mal wirklich national bekannt wurde. Nicht weil ich besonders gut gewesen wäre. Aber ich war zur richtigen Stelle am richtigen Ort und da kam der Gedanke irgendwie (auch) auf mich. Und der richtige Ort ist vermutlich eher die Popakademie als eine mitteldeutsche Kleinstadt. Auf der anderen Seite ist dort die Konkurrenz dann auch ungleich größer. --> Wenn es den einen besten Weg geben würde, wären alle auf diesem unterwegs.

  • Ich kann zu den ganzen fachlichen Dingen nichts sagen. Aber mit einer Sache kenne ich mich aus: mit bescheidenen Arbeitszeiten.


    Wenn ein Standbein das Unterrichten sein soll, muss man bedenken, dass man arbeitet wenn die Schüler frei haben. Heißt natürlich am Nachmittag bis in den Abend hinein. Ein bisschen Flexibilität wird vom Lehrer erwartet, so dass man an verschiedenen Tagen der Woche Angebote machen muss. Gerade Kinder und Jugendliche haben heutzutage volle Terminkalender.

    Für dich heißt das dann gleichzeitig, dass du arbeitest wenn andere frei haben, und frei hast wenn andere arbeiten. Wenn Familie und Kinder dazu kommen, wird es irgendwann sparsam, denn die Kleinen gehen schon nach gefühlt kürzester Zeit zur Schule.

    Das Familienleben beginnt am Nachmittag wenn du nicht zu Hause bist.


    Rückblickend, meine Tochter ist jetzt 24 Jahre alt, trauert man um viel verpasste Zeit.

    Ich bin noch immer glücklich darüber, dass ich damals gerade zufällig meinen Mann am Telefon hatte, als sich unsere Tochter das erste Mal in ihrem Leben lauthals kaputt gelacht hat. Er hat es live mitbekommen, und das war einer der schönsten Momente.


    Man muss, glaube ich, auch bedenken, dass man schneller alt wird, als man zunächst annimmt. Mit 30 kalkuliert man das vielleicht noch nicht so ein. Mit zunehmendem Alter steigt auch das Risiko zu erkranken. Es muss ja nicht gleich lebensverkürzend sein, aber so eine blöde Arthrose in den Ellbogen- oder Kniegelenken reicht schon, einen gehörig auszubremsen.


    Mein Gefühl sagt das gleiche wie einige der anderen User hier:

    Ein "vernünftiger" Job, der dir genug Zeit lässt, dich hinreichend mit deiner Musik zu beschäftigen, aber gleichzeitig dafür sorgt, dass du stets einen warmen Hintern hast, stärkt dir den Rücken, lässt dich besser schlafen und nimmt dir Sorgen in schwierigeren Zeiten.

    Mein Schlagzeuglehrer hatte jetzt in der Pandemie viele Ausfälle. Und so mancher Schüler ist dann gar nicht mehr aufgetaucht und die Kündigung flatterte irgendwann herein. Junge Leute orientieren sich ja oft zig mal um, vor allem während der Unterbrechungen, wie Ferien oder auch aktuell eine Quarantäne.


    Ich habe einige Jahre lang Kindern und Jugendlichen das Tennis spielen beigebracht. Die wenigsten bleiben über Jahre ein und demselben Hobby treu. Spätestens nach dem Abi ist es in Kombi mit dem obligatorischen Auslandsjahr aus.

    Vielleicht fangen sie irgendwann wieder an, wenn die eigenen Kinder aus dem Gröbsten raus sind. Die Freizeitangebote heutzutage sind wunderbar vielfältig, aber leider auch verwirrend vielfältig. Es muss ja alles mal ausprobiert werden, damit die Kids das richtige finden.

    Am Ende haben sie alles getestet und völlig verpasst, sich mal intensiv mit irgendetwas zu beschäftigen, und auch Durchhaltevermögen zu entwickeln und Durststrecken zu überwinden.


    Kinder bei Laune zu halten, wenn die erste Begeisterung verflogen ist, ist mMn furchtbar anstrengend.

    "Ambition is a dream with a V8 engine" - Elvis Presley

  • Ich hatte zu Beginn dieses sehr interessanten Themas gedacht, dass ich wenig dazu beitragen werde können, da ich kein Profi Musiker bin, sondern lediglich nach einer 20-jährigen Pause wieder zum Schlagzeug spielen gefunden habe und regelmäßig Themen hier im Forum verfolge.


    Ich kann dir von der musikalischen Seite daher wenig Tipps geben.

    Aber trotzdem kurz dazu: bevor du 3-4 Tage in der Woche, Schülern Unterricht gibst - was ja nun auch nicht wirklich die Offenbarung für einen Profi Musiker ist - nur um eine gewisse Grundsicherung zu erhalten, würde ich wirklich dazu raten einen sicheren, gut bezahlten Job mit steuerbaren Arbeitszeiten zu finden. Musikschüler sind unbeständig und nicht Krisensicher und: wenn du krank bist, dann gibts kein Geld von den Schülern.

    Als Angestellter sieht die Sache ganz anders aus und du zahlst auch in eine Rentenkasse ein. Die restliche Zeit machst du deine Projekte und schaust, ob’s klappt oder nicht.


    Und nun ein Aspekt, den ich auch als 40 jähriger Nicht-Musiker gut beurteilen kann: das Leben ändert sich! Ich habe als Student von 10 Euro am Tag gelebt und war glücklich und sorgenfrei. Dieses „glücklich sein“ , würde mir heute nicht mehr ausreichen. Ich habe andere Ansprüche und Bedürfnisse und vor allem meine drei Mitbewohner (meine Frau und meine beiden Kinder) haben ebenfalls gewisse Wünsche und Vorlieben, welche bezahlt werden müssen. Die drei hätten auch kein Verständnis ihre Bedürfnisse hinter meinem Wunsch nach Freiheit anzustellen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Aspekt: Partner brauchen eine gewisse Sicherheit und Zuverlässigkeit- vor allem wenn es um die eigenen Kinder geht. Auch wenn es zu Beginn für beide Partner in Ordnung war, dass du als Künstler von der Hand in den Mund lebst; das wird sich ändern. Wenn Kinder da sind, gibt es kein Verständnis für die Lebenstraumerfüllung des Partners mehr.

    Das Leben kostet sehr viel Geld: es gibt immer wieder unberechenbare Kosten (Gesundheit, Medikamente, Reparaturen der Waschmaschine oder des Autos, Wohnung, Wechsel der Wohnung in eine größere in einer Kinderfreundlichen Gegend, Urlaube für die GANZE Familie, und selbst der Musikunterricht für deine Kinder kostet Geld). Geld ist nicht alles, aber es löst sehr viele Probleme - auch wenn man als 30 jähriger diese Probleme noch nicht erlebt hat: die gibt es. Und spätestens im Alter kommt es darauf an Rücklagen oder eine Rente zu haben, um diese Probleme bewältigen zu können.


    Ich denke die Überlegung ein Profi-Musiker zu werden, steht erst dann an, wenn du durch dein Schlagzeug-Hobby mehr Geld verdienst, als durch deinen Beruf für den du täglich morgens um 07:00 h von Montag bis Freitag aufstehst. Und selbst dann würde ich mir das zweimal überlegen, wie beständig dieser Erfolg sein könnte.

    Ich will kein Spielverderber sein, es ist nur das was ich meinen Kindern raten werde.

  • Hallo,

    es ist wirklich ein sehr interessantes Thema, da sich sicher jede Person schon Mal gefragt hat, wie es ist das Hobby (nicht Mal unbedingt nur Musik) zum Beruf zu haben. Und anfänglich dachte ich auch, dass ich hier nichts beitragen könnte. Ich möchte dennoch etwas dazu sagen.


    Zunächst finde ich es super für dich, wenn du aus deinem Loch rauskommst und die Musik dir dabei hilft.


    Ich denke, zum Spielerischen braucht man nichts erwähnen, du hast hier mehrmals gezeigt, was du kannst. Und Selbstständigkeit vs. Sicherheit würde hier mehrmals treffend analysiert. Selbständiger zu sein war für mich (wegen der Sicherheit auch) nie ein Thema, ich hatte ein prägendes Beispiel zu Hause. Mein Vater hat sehr gut verdient, aber sehr viel gearbeitet. Dieser Aspekt, dass von nichts nichts kommt, ist dir aber sicher bewusst.

    Gleichzeitig ist es ein innerer Drang von dir, das habe ich auch schon mehrmals hier mitbekommen und da möchte ich dir raten, mache es.


    Zu der Lehrtätigkeit:

    Was mir hier im Kopf schwirrt ist dieses: "Der größte Experte ist nicht immer der beste Lehrer". Ich kenne dich nicht persönlich und kann deine didaktischen Fähigkeiten nicht beurteilen.

    Ich glaube von mir selbst sagen zu können, dass ich Recht gut rechnen kann, ein gutes technisches Verständnis habe und das auch gut erklären kann - solange der Zuhörer mitmacht. Mir ist es nämlich gleichzeitig ein völliges Rätsel, wie man (und ich habe in den letzten Jahren viele getroffen) so gar kein Verständnis für Zusammenhänge haben kann und da stoße ich an meine Grenzen etwas erklären zu können und verliere die Geduld.

    Bezug zur Lehrtätigkeit: mein Lehrer hatte (genauso wie mein Meister in der Berufsausbildung) da viel Geduld und Kreativität. Bei vielen Übungen hab ich mich sicherlich saublöd angestellt und er fand immer eine Möglichkeit die Übung so anzupassen, dass ich es doch geschafft habe. Diese Fähigkeit habe ich nicht.

    Will sagen: Hast du die Muse die nächsten 30-35 Jahre Schülern etwas beizubringen, also wirklich denen, die sich schwer tun?


    Ich kenne einige Lehrkräfte, die frustriert sind (oh, die Kinder sind so dumm), weil sie sich aus fachlicher Sicht für den Beruf entschieden haben. Aufhören ist keine Option, so eine Vergütung im höheren Dienst beruhigt einfach.


    Zusätzlich zur Sicherheit als Familie kann ich noch ergänzen:

    Meine Frau fiel Anfang des Jahres Mal aus gleichzeitig Kinder in Quarantäne. Ich war dann eben einige Zeit zu Hause. Geld über die Krankenkasse rückerstattet, kein Problem. Wie das bei Selbständigkeit aussieht, weiß ich nicht. (Zusätzlich habe ich jetzt nochmal mehr Respekt vor Alleinerziehenden).



    Gibt viele Sachen zu Bedenken. Aber ich sehe, du machst dir die Entscheidung nicht leicht und ich glaube, deswegen triffst du die richtige.

    Es gibt so viel gute Musik auf der Welt.. ..da muss ich doch nicht Musik hören, die "gar nicht so schlecht" ist. - Hennes M. aus C


    Ich

    Einmal editiert, zuletzt von Unbek.Pferd ()

  • Hier wurde mittlerweile eigentlich alles angesprochen… Ich kann dir nur aus eigener Erfahrung als Profi-Musiker mit Studium (lassen wir das mal dahingestellt sein, ob man dies wirklich braucht…) sagen, dass die Konkurrenz mittlerweile viel größer ist als noch vor 20 Jahren, die Jungs Anfang 20 sind heute gerade in den Großstädten wie Berlin so saugut, dass man da kaum noch mitkommt… und, ohne dass man sich gut verkaufen kann, psychisch absolut stabil ist und im richtigen Moment Eier zeigt, hat man da heute überhaupt keine Chance mehr, vielleicht noch irgendwo auf dem Land…

    Das mit dem Unterrichten ist grundsätzlich eine gute Idee, aber glaub mir, wenn du 40 Schüler hast von denen max. 5 wirklich Talent haben und die anderen zwischen 1000 anderen Hobbys auch dich einmal in der Woche heimsuchen, wünschst du dich schneller auf die einsame Insel, als dir lieb ist 8o

    Einmal editiert, zuletzt von Ash Sohn ()

  • In jedem Fall würde ich, wenn Unterricht der Schwerpunkt der Einnahmequelle sein soll, das Pferd rechnerisch auch mal von hinten aufzäumen:


    Also ausgehend vom zu erreichenden MindestEinkommen mit einem realistischen Stundenlohn durchspielen, wie viele Unterrichtsstunden und Schüler ich dann brauche, um annähernd auf den Salär zu kommen, der meinen Lebensunterhalt zzgl. sämtliche Betriebskosten und Steuern/Sozialabgaben trägt.

    "Pommes/currywurst hat einfach seine eigenen Gesetze."
    (c) by frint / 2008


    "Es macht so viel Spaß, ein Mann zu sein, das können sich Frauen gar nicht
    vorstellen!" (c) by Lippe / 2006

  • Noch 'ne Info oben drauf:

    Ich nehm' keine Medikamente. Hab die Therapie nüchtern durchgezogen. Trinke zwar (im Durchschnitt) zu viel und rauche Tabak ... aber versuche halt klar im Kopf zu bleiben.


    Bin wirklich sehr dankbar für das Feedback hier. Muss mich als Autodidakt halt jetzt mal dem Unterrichten stellen. Die wichtigste Info dafür für mich: "brauchst nicht unbedingt einen Abschluss dafür."


    So far ...

  • Noch eine Sache, da du ja auch „spielend“ dein Geld generieren möchtest und dies in den meisten Fällen durch Cover-Gigs oder Mainstream-Jazz stattfindet… Schaff dir ein entsprechendes Repertoire drauf, leiste Vorarbeit, sonst ufert die Vorbereitung auf solche „Produktionen“ enorm aus, da du im Profi-Bereich max. eine Probe, i.d.R. aber gar keine hast.

    Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg :)

  • Schon längst geschehen .

    Das ist sehr gut. Vermutlich hast du neben der Finanzanalyse auch eine Risikobewertung gemacht oder zumindest mal verschiedene Optionen, mögliche Verläufe und Probleme durchgespielt.

    Muss mich als Autodidakt halt jetzt mal dem Unterrichten stellen.

    Hier würde ich das Risiko auch nicht unterschätzen. Als reiner Autodidakt fehlen dir da natürlich die Erfahrungen, hast nie anderen Lehrern über die Schulter geschaut. Was für dich und deinen Lernerfolg gut funktioniert hat, muss ja nicht automatisch für den Großteil der Schüler auch funktionieren. Da wäre es vielleicht eine Überlegung wert, dich in der Richtung irgendwo weiterzubilden und Methoden an die Hand zu kriegen. Das muss nicht nötig sein, könnte aber deine eigene Lernkurve deutlich steiler machen.

    Man sollte gerade am Anfang auch den Vorbereitungsaufwand für Unterrichtsstunden nicht unterschätzen. Schullehrer bekommen dafür quasi die Hälfte der Arbeitszeit angerechnet. Wenn man da ein System hat, das man individuell an den Schüler anpassen kann, kommt man sicher deutlich effektiver durch den Tag.

    Der sichere Umgang mit Schlagzeugnoten wäre da für mich eigentlich auch wichtig. Bei meinem ersten Lehrer habe ich auch noch Tonleitern, Quintenzirkel usw. gelernt. Die ersten Minuten waren immer Theorie. Fand / find ich gut.


    Aber viele Wege führen nach Rom. Beim Unterrichten würde ich erstmal Praxiserfahrung sammeln. Und dann kann man entscheiden, was damit geht.

    "Just beat the devil out of it." - Bob Ross

    Einmal editiert, zuletzt von Korki ()

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